Enders Schatten
während wir im Kampfraum waren.«
»Nun«, meinte Ender, »wer ist denn jetzt Kommandant der Kaninchen?« Er klang nicht besonders interessiert. Aber die Frage wurde erwartet, also stellte er sie.
»Ich«, antwortete Bean. Er war verlegen; unweigerlich musste er lächeln.
Ender schaute zur Decke und nickte. »Klar doch. Du bist immerhin nur vier Jahre jünger als die meisten.«
»Das ist nicht komisch«, sagte Bean. »Ich weià nicht, was hier los ist.« AuÃer, dass das System nur noch mit reiner Panik zu funktionieren scheint. »All die Veränderungen beim Spiel. Und jetzt das. Ich bin nicht der Einzige, der versetzt wurde. Sie haben die Hälfte der Kommandanten befördert, und viele von unseren Jungs versetzt, um deren Armeen zu befehligen.«
»Welche Jungs?« Nun schien Ender wirklich interessiert zu sein.
»Sieht so aus, als wären es alle Zugführer und die Stellvertreter.«
»Selbstverständlich. Wenn sie meine Armee schon zerstören wollen, dann machen sie es richtig. Was immer sie tun, sie sind gründlich.«
»Du wirst immer noch siegen, Ender. Das wissen wir alle. Crazy Tom hat gesagt: âºIhr meint, ich soll herausfinden, wie man die Drachenarmee besiegen kann?â¹ Alle wissen, dass du der Beste bist.« Aber seine Worte hörten sich selbst für ihn leer an. Er wollte ermutigend sein, aber ihm war klar, dass Ender es besser wusste. Dennoch schwatzte er weiter. »Sie können dich nicht brechen, ganz gleich, was sie ⦠«
»Sie haben es bereits getan.«
Sie haben Vertrauen gebrochen. Das ist nicht das Gleiche. Du bist nicht gebrochen. Sie sind gebrochen. Aber alles, was aus seinem Mund kam, waren leere Phrasen. »Nein, Ender sie können nicht ⦠«
»Ihr Spiel ist mir egal, Bean«, sagte Ender. »Ich werde es nicht mehr spielen. Keine Ãbungen mehr. Keine Kämpfe mehr. Sie können so viele kleine Papierstreifen unter der Tür durchschieben, wie sie wollen, ich werde nicht gehen. Ich hatte mich schon dazu entschlossen gehabt, bevor ich heute durch das Tor ging. Deshalb habe ich dich vorgeschickt. Ich hatte nicht geglaubt, dass es funktionieren würde, aber es war mir egal. Ich wollte nur stilvoll verlieren.«
Das weià ich, dachte Bean. Glaubst du, ich wüsste das nicht? Aber wenn es um Stil geht, den hast du zweifellos. »Du hättest William Bees Gesicht sehen sollen. Er stand bloà da und konnte sich nicht erklären, dass er verloren hatte, denn immerhin hattest du noch sieben Leute, die mit den Zehen wackeln konnten, und er nur drei, die völlig durch den Wind waren.«
»Warum sollte ich William Bees Gesicht sehen wollen?«, schnaubte Ender. »Warum sollte ich irgendwen schlagen wollen?«
Bean spürte, wie sein Gesicht vor Verlegenheit zu glühen begann. Er hatte das Falsche gesagt. Nur ⦠er wusste nicht, was das Richtige war. Etwas, das bewirkte, dass Ender sich besser fühlte. Etwas, damit er verstand, wie sehr man ihn liebte und achtete.
Nur, dass Liebe und Respekt Teil der Last waren, die Ender trug. Es gab nichts, was Bean sagen konnte, das es für Ender nicht noch schwerer gemacht hätte. Also schwieg er.
Ender drückte die Handwurzeln gegen die Augen. »Ich habe Bonzo heute wirklich wehgetan, Bean. Ich habe ihm wirklich sehr wehgetan.«
Selbstverständlich. All dieser andere Kram ist nichts. Was auf Ender lastet, ist dieser schreckliche Kampf im Waschraum. Der Kampf, den deine Freunde, deine Armee, nicht verhindert haben. Und was dir wehtut, ist nicht die Gefahr, in der du warst, sondern der Schaden, den du angerichtet hast, als du dich schützen wolltest.
»Er hat es verdient«, sagte Bean. Er verzog bei seinen eigenen Worten das Gesicht.
Fiel ihm nichts Besseres ein? Aber was sonst hätte er sagen können? Kein Problem, Ender. Selbstverständlich hat er für mich tot ausgesehen, und ich bin wahrscheinlich das einzige Kind hier in der Schule, das weiÃ, wie der Tod aussieht. Aber ⦠kein Problem! Mach dir keine Gedanken! Er hat es verdient!
»Er stand aufrecht, als ich ihn erwischte«, sagte Ender. »Es war, als wäre er schon tot, als er noch dastand. Und ich habe immer weiter gemacht.«
Also wusste er es. Und dennoch ⦠er wusste es nicht wirklich. Bean würde es ihm nicht sagen. Es gab Zeiten für absolute Ehrlichkeit unter Freunden, aber das hier war nicht der geeignete
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