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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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ihn frei. Er steuerte auf den Arzt zu und ließ sich neben ihm auf ein Knie nieder.
    »Was ist geschehen?«, fragte er den Doktor.
    Mühsam presste der Verwundete ein Wort hervor. »Explodiert.«
    In mir zog sich alles zusammen.
    »Als Sie ihn berührten?«
    »Ich hatte ihn freigelegt …« Er biss die Zähne zusammen. »Ich hatte etwa dreißig Prozent freigelegt … und dann machte ich einen Schnitt und …« Er schüttelte den Kopf.
    Seine Züge verzerrten sich vor Schmerzen. Dann rollten seine Augen nach hinten, und er verlor das Bewusstsein.
    »Bringt ihn weg!«
    »Ist er …?«, fragte ein Wachtposten.
    »Nein.« Dawson wirkte genervt. »Nur ohnmächtig.«
    Zwei Enders rollten eine Krankentrage herein. Sie hoben ihn auf die Liegefläche, deckten ihn bis an die Schultern zu und schoben ihn zur Tür. Als er an uns vorbeikam, sahen wir, dass sich in Höhe seines Arms ein dunkler Blutfleck auf dem Laken ausbreitete.
    Dawson starrte Emmas Silhouette unter dem weißen Tuch an. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Er war ein grausamer Mann, der vermutlich keine Trauer oder Reue empfinden konnte. Eher Enttäuschung wie ein Trainer, dessen Mannschaft soeben ihr Spiel verloren hatte.
    Er blickte nach unten und schüttelte den Kopf. Diese Geste hatte etwas Endgültiges.
    Emma war tot.
    Ich wusste so wenig über sie. Wir hatten nicht die Zeit gefunden, uns näher kennenzulernen. Ich hatte geglaubt, das könnten wir nachholen, wenn sie zu uns in die Villa ihrer Großmutter zog.
    Michael umarmte mich. Ich klammerte mich an ihn, vergrub mein Gesicht in seiner Schulter. Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich, dass Hyden uns ganz nahe gekommen war, näher als je zuvor.
    Und er strich vorsichtig über meinen Ärmel.
    Die Geste kostete ihn sicher eine ungeheure Überwindung. Und sie bedeutete sehr viel für mich.
    »Geht wieder in eure Zimmer!« Dawson scheuchte mit einer Armbewegung die Enders aus dem Operationssaal. Dann deutete er auf uns. »Bis auf dich. Und dich und dich.«
    Ich schluckte mühsam. Irgendwie schien dieser schreckliche Ausgang unsere Schuld zu sein. Oder zumindest sollten wir dafür bestraft werden.
    Der Raum leerte sich. Nur drei Wachtposten blieben und nahmen hinter uns Aufstellung. Wir wechselten nervöse Blicke. Schließlich waren wir allein mit Dawson und den Wachen.
    Und mit der armen Emma.
    Dawson packte Hyden hart am Arm. Seine Schmerzen waren unverkennbar. Alles, was uns schlicht wehgetan hätte, bedeutete für ihn ungeheure Qualen.
    »Lassen Sie mich los«, sagte Hyden.
    »Warum hast du mich nicht gewarnt?«, fuhr Dawson ihn an.
    »Ich habe Sie gewarnt. Aber Sie wollten nicht auf mich hören«, entgegnete Hyden.
    »Lassen Sie ihn los!«, sagte ich.
    Hyden deutete auf Emmas Leichnam. » Sie wollte auch nicht auf mich hören.«
    Michael wandte sich an Dawson. »Nun lassen Sie ihn endlich los!«
    Dawson starrte uns der Reihe nach an.
    »Sie haben Emma ihr Vorhaben nicht ausgeredet«, hakte ich nach. »Das alles ist Ihre und nicht seine Schuld. Sie erteilen hier die Befehle oder nicht?«
    Dawson ließ Hydens Arm los und kam auf mich zu. Dicht vor mir blieb er stehen. Ich wich keinen Schritt zurück und hielt seinem Blick so fest wie möglich stand.
    »Glaubst du im Ernst, dass ich ihr Leben aufs Spiel setzen wollte?«, fragte Dawson. »Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Metallos. Und die meisten davon hält ein Mann gefangen. Sein Vater.« Er deutete auf Hyden.
    Der starrte mit ausdrucksloser Miene vor sich hin.
    Dawson stürmte aus dem Raum. Wir folgten ihm den Korridor entlang. Einer der Wachtposten begleitete uns. Die anderen beiden blieben bei Emmas Leichnam.
    »Uns könnt ihr nichts vormachen«, fuhr Dawson fort. »Wir wissen alles.«
    Ich schwieg aus Angst, die falschen Dinge zu sagen. Es war klar, dass er versuchte, Fakten aus uns herauszupressen. Aber wie viel wusste er tatsächlich?
    Er deutete auf mich. »Wir wissen auch über deinen Vater Bescheid.«
    »Über meinen Vater?« Mein Herz schlug schneller. Was meinte er damit?
    Dawson hielt an. »Dein Vater hat auch auf dem Sektor der Neurochip-Technologie gearbeitet.«
    Ich blieb ebenfalls stehen und starrte ihn entgeistert an. Die anderen ließen ihre Blicke erstaunt zwischen uns hin- und herwandern.
    »Mein Vater hat die Handleuchte erfunden«, sagte ich.
    »Die Handleuchte? Wie wegweisend. Und danach?«, erkundigte sich Dawson. »Was machte er danach?«
    »Er redete kaum über seine Arbeit. Ich weiß nur, dass er Wissenschaftler

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