Endless: Roman (German Edition)
Anblick draußen sie die Tränen nicht hatte zurückhalten können. Er hatte unsicher gewirkt, hatte aber trotzdem die Arme um sie geschlungen und fest und unerschütterlich wie ein Baum dagestanden.
Er hatte frisch und kühl und irgendwie nach Blättern gerochen. O Gott. Warum hatte sie überhaupt die Geheime Garde angerufen? Sie wusste es nicht.
Allerdings hätten sie es ja sowieso herausgefunden.
Als Meena ihren Bericht beendet hatte, blickte sie nervös auf Detective Rogersons Notizblock. Sie saß so, dass sie genau erkennen konnte, was darauf stand.
Zu ihrer Überraschung entdeckte sie, dass die Polizeibeamtin ein äußerst detailliertes Porträt eines Marienkäfers gezeichnet hatte. Der Marienkäfer trug einen Zylinder und einen Frack.
»Als Sie David zum letzten Mal gesehen haben«, sagte Detective Rogerson gelangweilt, »war er also leicht angetrunken und ging zur Houston Street, um von dort ein Taxi zur Penn Station zu nehmen?«
»Ja«, erwiderte Meena. Sie bemühte sich, besorgt, aber nicht zu besorgt zu klingen. »Ich muss allerdings sagen, dass ich mir ein wenig Sorgen um Brianna mache. Meine beste Freundin Leisha hat vor einem halben Jahr ein Baby bekommen, und sie würde niemals eine Nacht von zu Hause wegbleiben, jedenfalls nicht, ohne anzurufen. Ich muss zugeben, ich kenne Brianna nicht besonders gut, aber ich finde es wirklich seltsam …«
Detective Rogerson begann bereits einen zweiten Marienkäfer zu zeichnen.
»Und Sie wissen nichts darüber, dass sein Auto beschädigt worden ist?«
»Beschädigt?« Mr Delmonico klang empört. »Der Polizeibeamte sagte am Telefon, die Fahrertür sei buchstäblich aus den Angeln gerissen und auf den Bürgersteig geworfen worden und die Windschutzscheibe sei zerschmettert. Das kann man wohl kaum als beschädigt bezeichnen. Es war ein brandneuer Volvo V50. Da handelt es sich wohl eher um Körperverletzung.«
Detective Rogerson warf ihm einen Blick zu. »Ja«, sagte sie, »aber die Stereoanlage, die Wagenpapiere und sogar der Babysitz waren noch im Auto. Laut unseren Informationen von der New Yorker Polizei scheint nichts zu fehlen.«
»Außer dem Eigentümer«, schrie Mrs Delmonico. Ihr Mann beugte sich zu ihr und drückte ihr die Hand. »Und seine Frau. Sie wird auch vermisst.« Sie hielt eins der Fotos hoch. »Was ist mit ihr? Kümmert sich um sie gar keiner?«
»Doch, wir, Mrs Delmonico«, sagte Detective Rogerson. Meena sah, dass sie dem zweiten Marienkäfer einen Brautschleier gezeichnet hatte. »Deshalb sind wir ja alle hier. In der Zwischenzeit bleiben Sie am besten in der Nähe des Telefons.«
»An ihrem eigenen Telefon«, warf Meena ein.
Detective Rogerson sah sie an. »Wie bitte?«
»Nun«, sagte Meena, »sie haben doch am Telefon ihres Sohnes gesessen, in seinem Haus.«
»Genau«, ergänzte Abraham. »Es ist unwahrscheinlich, dass David sich selbst anruft, oder? Also sollten Mr und Mrs Delmonico nach Hause fahren und auf ihr Telefon aufpassen.«
Detective Rogers blickte von Meena zu Abraham und wieder zurück. Auch Alaric schaute von seinem Handy auf und starrte sie an. Wusste er Bescheid? Wahrscheinlich.
Detective Rogerson zuckte mit den Schultern und widmete sich wieder ihrer Marienkäfer-Hochzeitsszene. »Nun«, sagte sie gelangweilt, »Sie haben absolut recht. Keine vermisste Person ruft bei sich selbst an.«
Mrs Delmonico wirkte empört. »Aber alle Sachen von David junior sind bei ihm zu Hause!«
»Wir gehen gerne mit Ihnen jetzt zu Davids Haus, um die Babysachen zu Ihrem Haus zu bringen«, erklärte Meena.
Die Delmonicos schauten sie verblüfft an. Und auch Alaric wandte seinen Blick nicht von ihr.
»Äh«, sagte Mr Delmonico. »Das ist nicht nötig. Wir kommen schon allein zurecht …«
»Nein, nein«, beharrte Abraham. »Wir machen es gerne.«
»Nun«, erwiderte Mr Delmonico beeindruckt, »Ihre Kanzlei scheint ja wirklich vollen Service zu bieten.«
»Ach, begreifst du nicht, was sie da tun?«, fuhr Mrs Delmonico ihn an. »Sie versuchen, uns von der Tatsache abzulenken, dass Meena unseren Sohn betrunken und hilflos mitten in New York alleingelassen hat, als leichte Beute für Schurken!«
Mr Delmonico warf Meena einen erschreckten Blick zu.
»Nein, das würde ich nicht so sehen«, murmelte Meena. »Wir wollen doch bloß helfen …«
»Er liegt wahrscheinlich irgendwo in einer finsteren Gasse«, weinte Mrs Delmonico, »und verblutet, weil sie ihn betrunken gemacht und zurückgelassen hat, damit er von Dieben
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