Endless: Roman (German Edition)
überfallen werden kann. Es ist alles nur ihre Schuld.«
»Sie sollten besser erst überlegen, bevor Sie solche Anschuldigungen vorbringen, Madam«, sagte Abraham sachlich. »Schließlich ist Ihr Sohn betrunken zu dem Termin mit Miss Harper erschienen. Und dann hat er sich auch noch unerwünschte sexuelle Übergriffe erlaubt.«
Mr und Mrs Delmonico fuhren aufgebracht auf. Detective Rogerson hielt im Zeichnen inne, und Alaric zog
die Augenbrauen hoch. Abraham Holtzman blickte unschuldig zur Decke.
Meena wäre am liebsten im Boden versunken, aber leider ging das nicht. Diese Information hatte sie Abraham vertraulich weitergegeben. Sie hatte nicht erwartet, dass er sie vor Davids Eltern ausplaudern würde.
Doch als ihr »Anwalt« hatte er wahrscheinlich keine andere Wahl.
»Das … das ist ungeheuerlich!«, schrie Mrs Delmonico. »Mein Sohn würde niemals im Leben eine solche …«
»Meena«, unterbrach Abraham sie, »ich weiß, dass Sie vor seinen Eltern nichts Negatives über David sagen wollen, um sie nicht aufzuregen. Aber es ist wichtig, dass Sie die Wahrheit sagen, damit Detective Rogerson sich ein Bild verschaffen kann.«
»Ich habe die Wahrheit gesagt«, erwiderte Meena rasch. Sie warf Abraham einen eisigen Blick zu.
»Ist zwischen Ihnen und David etwas vorgefallen, das Sie uns nicht erzählt haben, Miss Harper?«, fragte die Polizeibeamtin neugierig.
»Nein«, sagte Meena. »Es gibt nichts zu erzählen.«
»Na ja, etwas muss es schon geben«, entgegnete die Polizistin. »Sie werden ja ganz rot.«
Sie hatte Detective Rogerson unterschätzt, das wurde Meena jetzt klar. Zwar hatte sie diese Käfer gezeichnet, aber das bedeutete nicht, dass sie sich nicht auf die Vernehmung konzentriert hatte.
Sie hatte offensichtlich gezeichnet, weil sie sich dann besser konzentrieren konnte.
»Nun, ich würde es nicht als etwas bezeichnen.« Meena
betrachtete das fröhliche, lächelnde Gesicht Briannas auf einem der Fotos, die auf dem Tisch lagen. »David war ein wenig betrunken, wie ich bereits sagte, und ja, es stimmt, er versuchte, mich zu küssen, aber … es kann ganz schön anstrengend sein, sich auf das neue Leben mit einem Baby einzustellen«, fügte sie rasch hinzu. »Meine Freundin Leisha, die ich bereits erwähnt habe und die auch ein Baby hat, sagt, dass zwischen ihr und ihrem Mann nichts mehr so ist wie früher. Sie sagt, seit Jeanie, ihre kleine Tochter, da ist, war sie nicht ein einziges Mal mit Adam, ihrem Mann, essen …«
Sie brach ab, als sie merkte, dass alle sie anstarrten. Erneut wurde sie rot.
»Natürlich hat David so etwas über Brianna nicht gesagt«, ergänzte sie.
»Also wollen Sie keine Anzeige gegen David Delmonico wegen sexueller Belästigung erstatten?«, fragte Detective Rogerson.
»Oh mein Gott.« Mrs Delmonico schlug sich die Hand vor den Mund. Ihr Mann legte tröstend den Arm um sie und zog sie an sich.
In den Lokalnachrichten hieß es zurzeit ständig, wie ungewöhnlich warm es für die Jahreszeit sei, doch die Klimaanlage in der Polizeiwache von Freewell schien abgestellt zu sein. Allen stand der Schweiß auf der Stirn.
Nur Meena fröstelte, obwohl sie die Strickjacke über ihrem ärmellosen Kleid zusammenzog.
»N-nein«, stammelte sie. »Natürlich nicht. Und es tut mir schrecklich leid, aber mehr als das, was ich bereits gesagt habe, weiß ich leider auch nicht.«
»Natürlich nicht«, sagte Abraham in seiner strengen Anwaltsstimme. Er hatte tatsächlich ein juristisches Examen abgelegt. »Es handelt sich offensichtlich um eine persönliche Angelegenheit zwischen dem Sohn der Delmonicos und seiner Frau. Ich bin sicher, dass sie nach Hause kommen werden, sobald sie ihren Streit beigelegt haben. In der Zwischenzeit helfen wir Ihnen gerne, die Sachen des Babys …«
»Nein!«, schrie Mrs Delmonico. »Sie haben schon genug getan.«
Ihr Mann warf in ruhigerem Tonfall ein: »Danke. Meine Frau will sagen, dass wir hier genug Verwandte haben, die uns helfen können.«
»Gut«, sagte Abraham. »Nun, Detective Rogerson, wenn meine Mandantin Ihnen bei den Ermittlungen noch irgendwie behilflich sein kann, dann rufen Sie mich an, und sie wird gerne …«
Er brach ab, als Davids Mutter sich an Meena wandte. Ihre blauen Augen blitzten.
»Wenn Sie wissen, was mit meinem Sohn passiert ist, Meena Harper«, zischte sie, »dann müssen Sie es uns sagen. Ich weiß, dass Sie Dinge wissen. Nachdem sein Hirntumor entfernt worden war, hat David mir erzählt, dass Sie davon wussten,
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