Endless: Roman (German Edition)
nur eines bedeuten.« Plötzlich schien ihr einzufallen, dass Abraham ja nicht nur Alarics Boss, sondern auch sein Freund war, und sie fügte hinzu: »Tut mir leid, Alaric.«
»Der Satellit irrt sich«, erwiderte Alaric, wobei er sich bemühte, ruhig zu bleiben. Es nützte ja nichts, wenn er seinen Frust an Johanna abließ. Sie konnte schließlich nichts dafür. »Holtzman hat mich vor einer Minute auf dem Handy angerufen. Die Verbindung war schrecklich, aber er sagte, er sei noch in New Jersey …«
»Was?« Auf einmal wirkte Johanna sehr viel wacher. Und alarmierter. »Aber das ist nicht möglich. Die Daten, die ich vom Satelliten bekomme, sagen mir, dass es nirgendwo ein Zeichen von …«
»Mir ist egal, was für Daten Sie vom Satelliten bekommen«, unterbrach Alaric sie. »Ich habe gerade einen Anruf
von Abraham bekommen. Finden Sie also heraus, woher er kam, bestimmen Sie den Aufenthaltsort von Holtzman und dem übrigen Team, und benachrichtigen Sie die Suchmannschaft in New Jersey, damit sie sie herausholen können. Haben Sie mich verstanden?«
Er hörte Johanna tippen. »Absolut. Es dauert vielleicht ein paar Minuten, aber …«
»Das ist egal. Und rufen Sie mich sofort an, wenn Sie irgendwelche Informationen haben.«
»Natürlich«, sagte Johanna. »Alaric?«
»Ja?«
»Was geht denn da draußen tatsächlich vor?«, flüsterte sie. »Ist es … Sie wissen schon. Er? Der Fürst der Finsternis?«
»Ich bin nicht sicher«, antwortete er. »Aber sobald ich es herausgefunden habe, sage ich Ihnen Bescheid.«
Alaric legte auf.
Was hatte Holtzman gemeint, als er gesagt hatte, sie hätten die Leichen gefunden? Und warum war es schrecklicher, als Alaric es sich vorstellen konnte?
Er konnte sich eine Menge vorstellen.
Was er sich jedoch nicht vorstellen konnte, war, dass die Organisation, für die er arbeitete, ihre Prioritäten dermaßen missachtete, dass sie alle Führungskräfte auf eine Cocktailparty schickte, während andere offensichtlich noch am Leben waren und sich draußen in Gefahr befanden …
Und dann saß noch nicht einmal jemand am Schreibtisch, während die Suchmannschaften unterwegs waren.
Wütend ging er zurück auf die Ausstellung, um Ausschau
nach jemandem zu halten, der in der Geheimen Garde etwas zu sagen hatte.
Aber stattdessen steuerte Bruder Henrique mit Genevieve Fox auf ihn zu. Ein Fotograf folgte den beiden.
»Kommen Sie«, sagte Bruder Henrique gerade. »Miss Genevieve, ich möchte Ihnen meinen alten Freund Alaric Wulf vorstellen. Er kennt mich aus meiner Zeit in Rio. Und nun lebt er in New York City.«
Du liebe Güte, dachte Alaric. Jetzt doch nicht. Aber er sah keine Möglichkeit zu entkommen , ohne unhöflich zu werden. Außerdem war sowieso niemand im Saal, den er kannte, vom Erzbischof abgesehen.
»Nun, Alaric Wulf«, schnurrte Genevieve und streckte ihm ihre manikürte Hand entgegen. An ihrem Handgelenk klimperten goldene Armreifen, und sie roch nach teurem Parfüm. »Wie kommt es, dass wir uns noch nie begegnet sind?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Alaric. Ihre Finger fühlten sich an wie winzige Ästchen. Nur dass sie lebendig waren.
»Und was machen Sie?«, fragte Genevieve.
»Personenschutz«, antwortete Alaric. Er blickte über ihre knochigen nackten Schultern und sah Schwester Gertrude aus der Damentoilette kommen. Sie zwinkerte ihm zu und gab ihm zu verstehen, dass Meena noch darin war. Na, das war ja gut. Er würde ihr noch ein paar Minuten Zeit lassen, sich zu beruhigen. In der Damentoilette würde sie ja wohl kaum von Lucien Antonescu belästigt werden.
Und außerdem war Schwester Gertrude schwer bewaffnet, wie immer.
»Personenschutz«, schnurrte Genevieve. »Ich könnte ein wenig Personenschutz gut gebrauchen.«
»Ja«, sagte Alaric und musterte sie anerkennend, »das glaube ich Ihnen gerne.«
Genevieve warf den Kopf zurück und lachte. »Sie sind ja ein ganz Schlimmer!«
»Nein«, entgegnete Alaric. »Heute Abend nicht.« Dazu hatte er weiß Gott keine Lust. Er war ärgerlich, frustriert, vielleicht sogar rachsüchtig.
Aber kein ganz Schlimmer.
Genevieve hörte auf zu lachen.
»Ach«, sagte sie, »ein Spielverderber.«
»Ich dachte, Sie seien eine ernsthafte Reporterin«, konterte er. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Fernsehjournalistin. Vermisste. »Kein Partygirl.«
»Das werden Sie wohl nie erfahren.« Genevieve zwinkerte ihm zu. Sie schaute zu ihrem Fotografen. »Na los, Manny, lass uns weitermachen.«
Sie trat zwischen Alaric und
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