Endlich bei dir in Virgin River (German Edition)
die Erinnerungen zurück. Es hatte immer schlecht gerochen. Wann jemals ordentlich geputzt worden war, wusste sie nicht. Ihre Mutter hatte am Tag zwei Schachteln Zigaretten geraucht, also hing immer abgestandener Rauch in der Luft. Die Türen und Fenster waren alle undicht gewesen, sodass es im Winter immer gezogen hatte und kalt gewesen war – egal, wie viel sie heizten. Sie hatte sich an das kaputte Linoleum gewöhnt, an die fehlenden Kacheln im Bad, an die Küchenschränke ohne Türen, an die Nikotinflecken auf Fenstern und Wänden.
Doch dieses Haus war vollkommen anders. Rein und frisch, mit glänzenden Holzböden, bunten Tapeten an den Wänden, neuen Lampen. Als sie die kleine Küche betrat, wurde sie fast geblendet von einem wahren Meisterwerk aus Holz, Glas, Granit und rostfreiem Edelstahl.
Die einzigen Möbel, die es im Haus gab, waren ein paar Barstühle, die Dan an den neu gebauten Küchentisch gestellt hatte, das Mobiliar im Schlafzimmer und ein gemütlicher, verstellbarer Sessel – sein Lesesessel. Manchmal schlief er auch darin.
„Unglaublich“, flüsterte Cheryl beeindruckt. „Wunderbar. Du bist wirklich begabt. Ich kann es kaum erwarten, was du aus
unserem
Haus machst!“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe ja nicht alles alleine gemacht. Doch ich muss zugeben, es hat Spaß gemacht – ich bin eben der geborene Handwerker.“
Sie öffnete die Tür zum Badezimmer – und erkannte es nicht wieder. Weg waren die große, schmuddelige Dusche, das alte Waschbecken und die Toilette mit Spülkette. Stattdessen gab es jetzt eine Badewanne mit Hydromassagesystem, eine Dusche mit schicker Glaskabine, Marmorkacheln, Waschbecken mit Ablage. Für die Zeit, in der er das Bad renoviert hatte, war Dan in eine von Luke Riordans Hütten gezogen. Paul hatte ihm mit der Elektrik geholfen, Jack mit den Klempnerarbeiten und Preacher hatte mit ihm die Ausstattung für das Badezimmer besorgt und die Sanitäranlagen auch angeschlossen. Zu viert hatten sie dann innerhalb von einem Tag die restlichen Arbeiten im Bad erledigt.
Das war überhaupt das Beste an diesem Projekt gewesen – Dan wusste jetzt, dass er Freunde hatte, auf die er sich verlassen konnte. Das war vor einem Jahr noch anders gewesen.
Und auch Cheryls Besuche bei den Anonymen Alkoholikern hatten Erfolg gezeigt. Zuerst hatte sie sechs Monate als Kellnerin gejobbt, inzwischen war sie in der Cafeteria des Community Colleges angestellt. Außerdem hatte sie dort zwei Kurse belegt, in der Hoffnung, ihren Abschluss nachholen zu können. Vor ein paar Monaten war sie aus ihrer betreuten Wohngruppe ausgezogen und lebte zurzeit in einem kleinen Apartment in einer alten viktorianischen Villa, in der sich drei Wohnungen befanden. Ihre neu gewonnene Unabhängigkeit verlieh ihr ein bisher ungekanntes Selbstvertrauen.
Sie drehte sich einmal um sich selbst und begutachtete das beeindruckende Gesamtwerk. Während sie hier noch mit ihren Eltern gewohnt hatte, war ihr Zimmer nicht viel mehr als ein Schuppen gewesen, den man an das Haus angebaut hatte. Dan hatte das Fundament ausgebessert und das Zimmer vollkommen neu gestaltet, große Fenster inklusive. Früher hatten Waschmaschine und Trockner der Familie draußen auf der hinteren Veranda gestanden. Jetzt war diese Veranda zu einem Wintergarten umgebaut, an dessen hinterem Ende sich ein kleiner separater Raum für die Waschmaschine befand. Die scheußliche, heruntergekommene Dreckbude von damals hatte sich in ein wunderschönes kleines Zuhause verwandelt.
„Das kann ich nie wiedergutmachen. Du hast so viel getan“, sagte sie.
Dan zog sie an sich und küsste sie. Aus dem zuerst zärtlichen Küsschen wurde ein inniger, leidenschaftlicher Kuss. „Freu dich – das musst du gar nicht!“
Sie schlang die Arme um seinen Nacken. „Und was machen wir jetzt?“
„Jetzt fahren wir zum Makler und besorgen uns ein ‚Zu verkaufen‘-Schild. Obwohl wir es wahrscheinlich um diese Jahreszeit nicht sofort loswerden, suche ich mir trotzdem lieber schon mal eine neue Bleibe. Und sobald du bereit bist – falls du bereit bist –, fangen wir an, unser eigenes Haus zu bauen. Das Haus, in dem wir alt werden wollen.“
„Gemeinsam“, sagte sie. „Ich werde bereit sein, wenn die Zeit reif ist.“
Manchmal verbrachte Dan die Nacht bei Cheryl, wenn sie ihn dazu einlud, aber fürs Erste hatten sie nicht vor, zusammenzuziehen. Natürlich dachten sie daran, sich irgendwann zu verloben, ein kleines, aber perfektes Häuschen zu
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