Endlich Endzeit - ein Baden-Württemberg-Krimi
ist, denn die Stange wurde von hinten auf ihn geworfen oder gestoßen, da hätte ihn der Schwung eigentlich nach vorne stürzen lassen müssen. Aber da finden wir sicher noch ein paar Antworten – und Frau Dr. Wilde kann euch nach der Obduktion alles ganz genau erzählen.«
Ernst zuckte zusammen, als er den Namen hörte. Die attraktive Rechtsmedizinerin hatte er zuletzt vor mehr als einem Jahr gesehen, ausgerechnet hier am Ebnisee. Sie hatten sich zufällig getroffen, zumindest glaubte Ernst das, und Zora hatte ihm an einem ihrer früheren Treffpunkte das ziemlich eindeutige Angebot gemacht, ihre heftige Affäre fortzusetzen. Aber inzwischen fand Ernst sein Leben mit Sabine hinreichend prickelnd, obendrein auch schön bequem – und so hatte er erst gar nicht versucht, wieder mit der wilden Zora Kontakt aufzunehmen. Auch sie hatte sich nicht mehr gemeldet, beruflich hatte sich seither auch keine Überschneidung mehr ergeben, und Ernst war ganz froh, dass die Geschichte auf diese Art anscheinend eine Zeit lang vor sich hinschlief.
Da hatte er sich wohl zu früh gefreut: Es sah ganz danach aus, als würde ihn der aktuelle Mordfall dazu zwingen, sich doch noch mit seinen Gefühlen Zora gegenüber auseinanderzusetzen.
»Ein bisschen dauert’s schon noch, die Herren«, sagte Zora und drängte sich an den drei Männern vorbei. Sie trug einen Koffer, setzte ihn neben der Feuerstelle im trassierten Bereich auf dem Boden ab und kramte etwas daraus hervor.
Ernst sah ein wenig ängstlich zu ihr hin. Beziehungsstress konnte er im Moment nicht brauchen, und so früh am Morgen ohnehin nicht. Sabine wollte unbedingt schwanger werden, Ernst half ihr gerne dabei – aber wie er Zora so vor sich neben der Leiche kauern sah, gingen ihm die alten Bilder wieder durch den Kopf. Er rieb sich über die Stirn und versuchte, sich ganz auf den Toten zu konzentrieren.
Wer war der Mann? Was hatte er bei dieser Kälte mit heruntergelassenen Hosen hier draußen zu suchen? Und warum standen hier mitten im Winter Zelte?
»Wissen Sie denn schon ungefähr, wann der Mann starb?«
Schneider hatte Zora Wilde bei der Arbeit zugesehen und ein wenig abgewartet, aber die Rechtsmedizinerin beachtete die Kripobeamten nicht weiter.
»Heute Nacht, vermutlich ziemlich spät am Abend.«
Das hatte sie gesagt, ohne sich zu Schneider umzudrehen. Nun wandte sie sich an Rau.
»Herr Rau, haben Ihre Leute schon die Temperatur der Glut gemessen?«
»Natürlich. Gleich vorhin, als wir kamen, und vor ein paar Minuten wieder – damit sollten wir nachher eine ganz gute Schätzung darüber hinbekommen, wann zuletzt nachgeschürt wurde. Wobei es hilfreich wäre, wenn wir wüssten, wie viel Holz für das Feuer aufgeschichtet war. So, glaube ich, werden wir nicht viel mit unserem Temperaturverlauf bestimmen können.«
»Sollen wir die Leute vom CSI rufen?«
Sie grinste, Rau verzog kurz das Gesicht.
»Nein, war nur Spaß, Herr Rau. Ich lach mich immer scheckig, wenn ich diese Fernsehfritzen draufloshantieren sehe, herrlich! Mein Kollege Börne aus dem Münsteraner Tatort ist ja wenigstens noch schön arrogant, und der Kölner Tatort-Rechtsmediziner ist vom Fach – aber sonst …«
Sie kicherte, nickte Rau schließlich zu: »Sehr gut, Herr Rau, danke.«
Damit beugte sie sich wieder über die Leiche. Wortlos besah sie die Einstichstelle des Metallpfahls, dann beugte sie sich etwas tiefer über den Mann und musterte den Unterleib des Toten.
Ernst überlegte fieberhaft, wie er Zora gegenüber möglichst unbefangen auftreten konnte, aber es fiel ihm kein passender Spruch ein. Dann war die Gelegenheit auch schon vertan: Zora richtete sich wieder auf, drehte sich zu den drei Männern um, deutete auf das verbrannte Glied, grinste einen nach dem anderen an, sagte schließlich kurz »Autsch!« und widmete sich danach gleich wieder mit finsterem Lächeln ihrer Arbeit.
Rau musste ein Lachen unterdrücken, Schneider sah etwas genervt drein, und Ernst schluckte und wusste gar nicht mehr, wohin mit seinem Blick. Er war überzeugt, dass Zoras Bemerkung auf ihn gemünzt war und dass sie ihn einen Moment länger als die anderen beiden angesehen hatte.
Arnie Weißknecht war noch nie in seinem Leben so lange so schnell gelaufen. Zwischendurch geriet er ins Stolpern, schlug sich die Knie an einem Stein an oder schrammte mit den Händen über den teilweise gefrorenen Boden. Er rappelte sich wieder hoch, rannte und tappte schnaufend weiter, immer weiter in den Wald hinein.
Am
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