Endlich Endzeit - ein Baden-Württemberg-Krimi
der Mund stand halb offen und tief aus dem Rachen dröhnte ein imposantes Schnarchen. Seine Freundin hatte sich bis auf ihre neuen schwarzen Dessous ausgezogen, und wie sich ihr Oberkörper im Rhythmus ihres Atems hob und senkte, bereute es Ernst sehr, dass er die vergangene Stunde mit dem Kollegen im Wald verbracht hatte.
Der Raum war hoffnungslos überheizt, und Ernst sah zu, dass er so schnell wie möglich aus seinen Kleidern schlüpfte. Dann näherte er sich vorsichtig dem Sofa, streichelte behutsam Sabines Schultern und Wangen, mit dem Zeigefinger strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
Langsam beugte er sich vor, und fast hatte er ihren Mund erreicht, als sich ein gewaltiger Rülpser Bahn brach und Ernst in einer intensiven Wolke aus Glühweinaroma hockte. Sabine schnarchte weiter, und Ernst hob sie, als er sich vom ersten Schrecken erholt hatte, auf seinen Armen empor, trug sie hinüber ins Schlafzimmer und deckte sie mit leichtem Bedauern bis zum Kinn zu.
Samstag, 8. Dezember 2012
Gleich morgens traf sich die Soko Lagerfeuer wieder, und alle brachten sich gegenseitig auf den neuesten Stand der Ermittlungen. Mit Arnie Weißknecht hatte bisher noch niemand reden können: Einige Streifenwagen waren schon zu den unterschiedlichsten Zeiten zu seinem Haus gefahren, bisher wurde er nicht daheim angetroffen.
»Als ich heute früh«, meldete sich Reezer zu Wort, »die Kollegen nach Weißknechts Adresse fragte, um ebenfalls mal nach ihm zu sehen, fiel mir auf, dass er direkt neben dem Ehepaar Röhm wohnt. Ich habe daraufhin den Streifenwagen auf dem Gschwender Marktplatz abgestellt und bin die letzten Meter zu Weißknechts Haus zu Fuß gegangen – ich wollte Frau Röhm nicht beunruhigen.«
»Das wird sich nicht mehr lange aufschieben lassen«, gab Schneider zu bedenken.
»Stimmt, leider«, pflichtete ihm Reezer bei und wirkte bedrückt. »Inzwischen sieht es immer mehr danach aus, als sei der Tote tatsächlich Röhm. Er ist bisher nicht wieder aufgetaucht – und außer dem VW-Bus vom Waldparkplatz fehlte gestern Abend nach Feierabend in der Druckerei kein Fahrzeug mehr. Röhms Privatwagen steht vor seinem Wohnhaus. Ich habe meinem Bekannten Willy Übele – Sie erinnern sich? Er ist in der Druckerei der Mann für alles und schaut auch nach dem Fuhrpark – aufgetragen, Frau Röhm gegenüber vorerst dichtzuhalten, und habe angedeutet, dass sein Chef wohl einfach mal eine Auszeit gebraucht hat und dass er bis Sonntag sicher wieder da ist.«
»Verrennen Sie sich lieber nicht in irgendwelche Geschichten«, mahnte ihn Schneider noch, aber eigentlich fand er es gar nicht schlecht, wie der Leiter des Welzheimer Polizeipostens die Sache bisher regelte. »Wann haben wir denn das Ergebnis aus dem Labor?«
»Der DNA-Vergleich soll bis morgen vorliegen.«
»Tja, dann stimmt Ihre Behauptung mit Sonntag ja sogar, im weitesten Sinne.«
Reezer nickte und legte ein trauriges Lächeln auf.
Ansonsten gab es im Moment nur das Übliche zu berichten: Die Kollegen hatten sich die Teilnehmerliste des Endzeit-Treffens vorgenommen und zu jedem angemeldeten Maya-Fan Informationen gesammelt. Routinemäßig waren auch alle Teilnehmernamen durchs System gelaufen, aber wie erwartet gab es im Polizeicomputer zu keinem der Gäste eine kriminelle Vorgeschichte. Die meisten waren gutsituierte Herrschaften mittleren und fortgeschrittenen Alters, und die Teilnehmer kamen aus dem gesamten Bundesgebiet hierher an den Ebnisee.
Auch zu Wolfram Spitzer waren keine Informationen im System gespeichert. Arnie Weißknechts Eintrag war kurz und lag schon lange zurück: Als Fünfzehnjährigen hatte ihn eine Polizeistreife mit einem frisierten Mofa erwischt. Manfred Meier wiederum war vor einigen Jahren durch eine Schlägerei aktenkundig geworden: Nach reichlich Bier in einem Gasthaus in Alfdorf hatte er sich beim Hinausgehen mit anderen Gästen gestritten, und wenig später flogen draußen vor der Wirtshaustür die Fäuste – allerdings zog Meier, der Zeugenaussagen zufolge zuerst zugeschlagen hatte, damals den Kürzeren. Eine Woche später wurden einem seiner Kontrahenten zwei Reifen am Auto zerstochen, und der Mann zeigte Meier an, aber Meier konnte nichts nachgewiesen werden.
Etwas mehr gab Meiers Schufa-Akte her: Immer wieder war er in den vergangenen Jahren Darlehensraten schuldig geblieben, eine Internetdruckerei hatte fünfzehntausend Euro angemahnt und eine Inkassogesellschaft beauftragt – danach waren die Schulden wohl beglichen
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