Endlich Endzeit - ein Baden-Württemberg-Krimi
der dritte Mann Arnie Weißknecht war. Schon mehrfach waren daraufhin Streifenwagen zu Weißknechts Haus in Gschwend gefahren, doch bisher hatten sie Weißknecht dort nicht angetroffen, zumindest hatte niemand auf ihr Klingeln hin geöffnet. Zusätzlich hatten alle, die zur Soko gehörten oder sich in ihrem Auftrag nach verdächtigen Autos umsahen, Weißknechts Bild bei sich.
In den Zelten hatten die Beamten nicht mehr viel Interessantes gefunden. Die einzige Ausnahme machte ein älteres Familienzelt, das ein paar Meter außerhalb des innersten Zeltkreises aufgebaut war und sich in den Schatten einiger Bäume duckte. Die Zeltöffnung wies zur Seite hin, weg vom Lagerfeuer und lag damit eigentlich etwas unpraktisch – allerdings legte die Ausstattung den Verdacht nahe, dass es vor allem darum ging, das Zelt unbemerkt von am Lagerfeuer sitzenden Gästen betreten zu können.
Über einem massiv zusammengenagelten Fußboden bildeten in der dem Eingang gegenüberliegenden Seite des Zelts mehrere übereinandergelegte dicke Decken einen weichen Boden, auf dem zusätzlich noch eine Reihe bequem aussehender Kissen verstreut waren. In einem Karton lagerten Poster mit nackten Frauen in aufreizenden Posen, ein zweiter Karton enthielt Kondome und einige Gerätschaften für Männer mit etwas spezielleren Vorlieben. An der Zeltseite zum Lagerfeuer hin war eine Schnur an der Plane entlanggespannt, an der mit Draht rote Gläschen aufgehängt waren – groß genug für Teelichte, die das Zelt in ein halbwegs stimmungsvolles Dämmerlicht tauchen konnten. Darunter standen drei Gasflaschen mit aufmontierten Heizstrahlern, die alle auf das Deckenlager ausgerichtet waren. Alles deutete darauf hin, dass Manfred Meier für seine Gäste nicht nur an ausreichend Essen und Trinken gedacht hatte.
»Das könnte der Arbeitsplatz der Person sein, die während des Mordes vor unserem Opfer gekniet hat«, sagte Ernst.
»Umso weniger verstehe ich, warum sich die beiden nicht einfach in dieses Rotlichtzelt zurückgezogen haben«, fügte Schneider hinzu. »Da wäre es doch viel bequemer gewesen, und viel dezenter obendrein.«
»Und schon haben wir eine neue ungeklärte Frage: Warum ging’s ausgerechnet direkt am Lagerfeuer zur Sache?«
Am frühen Morgen hatte es wieder leicht geschneit, und Ferry Hasselmann zog sich unter die äußersten Bäume des Waldstücks zurück, machte immer wieder Fotos vom Zeltlager und wartete auf einen unbeobachteten Moment, um sich unbemerkt ins Lager schleichen zu können.
Zwischendurch checkte er noch einmal die Bilder, die er bereits aufgenommen hatte. Die Holzhütte mit dem grünen Dach, schräg gegenüber des großen Parkplatzes. Das Straßenschild an der Wand der Hütte, mit der Aufschrift »Konrad-Jelden-Platz«. Auf der anderen Seite die große Holzbank mit der geschnitzten Beschriftung »Konrad’s Seeblick Oktober 2010«. Bisher hatte er nichts Spektakuläres eingefangen, aber das würde sich, wie er hoffte, schon noch ändern.
Ein Streifenwagen stand neben den Zelten am Rand des Wanderwegs zur Gallengrotte, die zweiköpfige Besatzung wechselte sich ab: Während der eine auf dem Weg und entlang der Zelte hin und her spazierte, die Mütze tief ins Gesicht gezogen, den Kragen hochgeklappt und die Hände in den Jackentaschen vergraben, hockte der andere im Wagen, hörte Polizeifunk und ließ seinen Blick über die nähere Umgebung schweifen.
Irgendwann sah es so aus, als wäre der Polizist im Wagen eingenickt, und der andere schlug sich zwei, drei Schritte in die Büsche, um zu pinkeln. Hasselmanns Moment war gekommen.
Er huschte, geduckt und den Fotoapparat unter den Arm geklemmt, vor dem Streifenwagen vorüber und gleich danach wieder im Schutz der Bäume bis hin zu den Zelten. Er schoss ein paar Aufnahmen von dem längst erloschenen Lagerfeuer, nahm es aus verschiedenen Perspektiven vor den Sucher und murmelte dabei grinsend die alte Fotografenweisheit »Vordergrund macht Bild gesund«. Schließlich lugte er durch den Eingang eines Zeltes – und stutzte.
Dann schlüpfte er ins Innere, musterte die bequem aussehende Liegefläche und die aufgehängten roten Gläschen. Ihm fielen die beiden Kartons auf, deren Deckel abgenommen worden waren, so dass der Blick auf den recht eindeutigen Inhalt frei wurde. Hasselmann grinste über das ganze Gesicht, machte Foto um Foto, legte ein paar der Aktposter aus, drapierte Kondome, Peitsche und Maulkorb daneben und knipste den Speicher voll.
»Na, Fritz,
Weitere Kostenlose Bücher