Endlich Endzeit - ein Baden-Württemberg-Krimi
Zählung dieses Kalenders beginnt im Jahr 622 mit der Reise des Propheten Mohammed nach Medina. Damit haben Sie einen Bezugspunkt und können jedes Datum vom einen in den anderen Kalender umrechnen. Für den Maya-Kalender fehlt uns ein solcher eindeutiger Bezugspunkt, aber als Mainstream gilt heute die Ansicht, dass der Maya-Kalender am elften August 3114 vor Christi Geburt begann, einige nehmen lieber den dreizehnten August im selben Jahr – und von da an gerechnet, fällt das Ende der Langen Zählung auf den einundzwanzigsten oder dreiundzwanzigsten Dezember 2012. Dass der einundzwanzigste Dezember zugleich auch die Wintersonnenwende ist, wird Freunde eines gepflegten Weltuntergangs natürlich noch zusätzlich befeuern.«
Sie passierten den Bauernhof, den Lena Lohrmann und Kai Hummel bewohnten. Die beiden werkelten auf der Wiese vor dem Haus, legten eine kurze Pause ein und sahen den beiden Kommissaren und ihrem Begleiter entgegen. Als die Männer aber nur grüßten und dann ihres Weges gingen, arbeiteten sie weiter, sichtlich erleichtert, nicht schon wieder mit der Polizei zu tun zu haben.
»Dann haben wir jetzt im schlimmsten Fall also nur noch knapp zwei Wochen, um in diesem Leben alles geregelt zu bekommen?«
Schneider hatte mit breitem Grinsen gefragt, doch Haab reagierte nicht weiter auf seinen leicht spöttischen Tonfall und zuckte mit den Schultern.
»Wer weiß das schon«, sagte er schließlich. »Für mich wär’s aber blöd – ich hab im Frühjahr meinen ersten Roman veröffentlicht, und die Tantiemen werden erst im März 2013 ausbezahlt.«
Er sah Schneider an, ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
»Am 22. Dezember wissen wir mehr, Herr Schneider. Die Maya hatten jedenfalls kein größeres Problem mit dem Umstand, dass sich das Datum 13.0.0.0.0 wiederholt – sie hatten noch ein paar Zählgrößen in petto. Die Maya haben nämlich auch Termine berechnet, die weit in unserer Zukunft liegen – das spricht eigentlich dafür, dass sie das Ende der Langen Zählung nicht als das Ende der Zeit oder der Welt ansahen. Außerdem unterscheidet sich der zweite Dreizehner in einer der hinteren Stellen vom ersten, das wird aber in unserer Schreibweise des Datums nicht deutlich.«
»Tut mir leid, allmählich komme ich nicht mehr mit. Haben Sie’s nicht ein bisschen einfacher verständlich?«
»Sie haben recht, das führt nun zu weit. Aber das vielleicht noch: Für runde Jubiläen etwa ihrer wichtigen Herrscher, die sie für Tage in unserer Zukunft errechnet haben, zählen sie nach 13.0.0.0.0 einfach mit 14.0.0.0.0 weiter, dann geht’s bis rauf auf 20.0.0.0.0 – und danach fügen sie den jeweiligen Datumsbezeichnungen weitere, größere Zeiteinheiten hinzu: Pictun, Calabtun, Kinchiltun und Alautun. Bis der Maya-Kalender damit irgendwann durch ist, redet von uns allen hier ohnehin keiner mehr.«
Nun waren die Zelte von Meiers Endzeitmeeting zu sehen. Die drei Männer blieben einen Moment lang stehen. Haab sah Schneider fragend an, der nickte kurz, und sie gingen das letzte Stück bis zu den Zelten.
Raus Leute waren mit ihrer Arbeit am Vortag fertig geworden, und das erloschene Lagerfeuer ließ für einen unbeteiligten Besucher keine besonderen Rückschlüsse mehr auf den hier geschehenen Mord zu.
»Nehmen Sie die hier, bitte?«
Schneider hielt Haab zwei Einweghandschuhe hin.
»Ich möchte Ihnen gerne in einem der Zelte etwas zeigen. Vielleicht können Sie uns dazu Hinweise geben.«
Haab zog sich die Handschuhe umständlich über, und Ernst gab ihm einen Tipp, wie er sie besser überstreifen konnte.
»Kommen Sie?«
Schneider stand im Eingang des Zeltes, in dem das Xumucane-Buch gelegen hatte. Die Essensreste und die Dreckwäsche waren inzwischen mitgenommen worden, und vor Haabs Eintreffen hatten Schneider und Ernst ein paar Fundstücke aus dem Zelt wieder aus der Kriminaltechnik abgeholt und sie so im Zelt platziert, wie sie sie am Morgen nach dem Mord vorgefunden hatten.
An der Zeltwand stand die Bierbank mit den Kopien, jeder der Zettelstapel war wieder mit einem Stein beschwert. Der wacklige Campingtisch stand in der Mitte des Zelts, drum herum die drei Klappstühle, auf dem Tisch der Füller, das Holzkästchen mit Tintenpatronen und Büroklammern, daneben die schwarz eingebundene Kladde mit der Aufschrift »Xumucane k-p’eñal, 2012«.
Haab stand unschlüssig davor und sah sich um.
»Wessen Zelt ist das?«
»Der Mann nennt sich Xumucane, ich hatte Ihnen am Telefon von ihm erzählt. Sie
Weitere Kostenlose Bücher