Endlich geborgen
verstummte, dann fühlte sie, wie ihr Herz schneller schlug. „Wie bitte?”
„Vor drei Tagen fiel mir ein grauer Sedan auf, der drei Blocks entfernt parkte. Ein-Mann saß darin. Ich dachte mir zunächst nichts dabei, aber gestern bemerkte ich den Wagen wieder und heute auch. Er wartet immer woanders, doch stets so, dass er sehen kann, wer in meine Wohnung kommt und wer von hier aus geht.”
O nein, dachte Melanie. Wie hatte Louise Raina finden können? Sie trug seit ihrer Heirat in Griechenland einen anderen Nachnamen und hieß nun nicht mehr Raina Williams, sondern Raina Sarbanes. Außerdem war sie sieben Jahre im Ausland gewesen. Vincent, durchfuhr es Melanie. Vincent war überall und wusste alles. „Mel? Bist du noch da? Sag doch was!”
Melanie presste eine Hand an die Schläfe und holte tief Luft. „O Rae, es tut mir so Leid.
Ich dachte nicht, dass sie dich aufstöbern würden, vor allem, weil wir in den vergangenen Jahren gar keinen Kontakt hatten.”
„Dank deines Mannes”, bemerkte Raina bitter. Dann seufzte sie. „War nicht so gemeint, Mel.”
Melanie erinnerte sich an all die Anrufe von Raina, von denen Phillip ihr nie etwas erzählt hatte. Er hatte seine Frau ganz für sich allein haben wollen, und sie hatte überhaupt nichts davon bemerkt. Bis Kevin zur Welt kam. Danach hatte sich alles schlagartig geändert. Und da war es zu spät gewesen.
Sie sah ihren Sohn an, der noch immer mit dem Bild beschäftigt war. Er hatte die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen und malte mit einem grünen Stift. Er glich Phillip sehr. Das blonde Haar, die blauen Augen. Eines Tages würde ihr kleiner Junge ein schöner Mann sein, dem die Frauen in Scharen zu Füßen lagen, genauso, wie es bei seinem Vater gewesen war.
Nein, nicht so, dachte sie entschieden. Kevin hatte nicht diesen grausamen, selbstsüchtigen Zug an sich wie sein Vater. Was die Persönlichkeit anging, so waren Vater und Sohn so verschieden wie Tag und Nacht. Kevin war von Natur aus liebevoll, Phillip hatte seinen Charme nur eingesetzt, um etwas zu erreichen.
„Mel, um Gottes willen, hör mir zu.”
Melanie riss sich zusammen. Sie durfte jetzt nicht an die Vergangenheit denken. Das würde sie nur herunterziehen. Sie musste stark sein und nachdenken.
„Ich bin da.”
„Gut, hör mir jetzt zu”, sagte Raina ziemlich entschlossen. „Ich werde mich um diesen Kerl kümmern, aber damit du dich nicht in Gefahr bringst, kommst du im Moment lieber nicht hierher. Ruf mich einfach in einigen Tagen wieder an, bis dahin habe ich selbstverständlich einen neuen Plan.”
„Nein”, stieß Melanie hervor. „Ich lasse nicht zu, dass du noch tiefer in die Sache hineingezogen wirst. Du weißt, was Paul passierte, als er mir helfen wollte. Ich werde kein Risiko eingehen.”
„Sprich nicht so, hörst du? Ich werde nicht daneben stehen und zulassen …”
„Ich muss jetzt Schluss machen.” Melanie drängte die Tränen zurück.
„Bitte, Mel, leg nicht auf. Lass mich dir helfen.”
„Das kannst du nicht”, erwiderte Melanie ruhig. Niemand kann das. „Kevin und mir geht es gut. Mach dir keine Sorgen.”
„Ich werde nach Kalifornien fliegen und Louise den Hals umdrehen”, sagte Raina wütend.
„Und dann …”
„Ich danke dir”, sagte Melanie und schaltete das Handy ab.
Einen Moment schloss sie die Augen. Sie musste sich etwas einfallen lassen. Bald. Sobald sie sich beruhigt hatte.
Beim Klang einer Autohupe öffnete sie wieder die Augen. Angst stieg in ihr hoch. Sie unterdrückte sie, denn sie begriff, dass Vincent sich nicht so unmissverständlich ankündigen würde. Wer immer es sein mochte, er gehörte hierher. Anders als sie.
Sie holte noch einmal Luft, verließ die Waschküche und zog die Tür hinter sich zu.
Und bemerkte nicht, dass der Raum eine direkte Verbindung zum Badezimmer darüber hatte.
4. KAPITEL
Als Gabriel die Treppe herunterkam, stand Cara an der Tür. Sie war gewöhnlich lässig gekleidet, in Jeans und Pullover oder langen Röcken, aber diesmal trug sie ein Kostüm. Ihre grünen Augen funkelten. Anscheinend kam sie von einer geschäftlichen Besprechung.
Sie hielt eine Kaffeemaschine in der einen und eine Schachtel Donuts in der anderen Hand.
„Du gefällst mir.” Gabriel lächelte und griff nach den Donuts. „Schade, dass du meine Schwester bist.”
Sie zo g die Packung an sich. „Ja, und ich habe auch nicht selten bedauert, deine Schwester zu sein. Halt dich von dieser Schachtel fern, bis der Kaffee
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