Endlich geborgen
sie zum ersten Mal geschlagen, und sie hatte geschworen, dass er dazu keine weitere Gele genheit haben würde.
Bis Louise gekommen war. Tränenreich hatte Melanies makellos geschminkte und frisierte Schwiegermutter sie angefleht, zu ihrem Sohn zurückzukommen. Ein Junge brauche seinen Vater, hatte sie gesagt. Phillip benähme sich so schrecklich, weil er noch den Verlust seines eige nen Vaters betrauerte. Und Phillip sei auch bereit, eine Therapie zu machen.
Also hatte Melanie erneut nachgegeben und war zurückgekehrt in der Hoffnung, dass eine Therapie ihn ändern würde. Und während des folgenden Jahres schien das auch der Fall zu sein.
Dann fand sie die Briefe von Kathy und sprach Phillip darauf an. Als er sie diesmal schlug, wusste sie, dass sie nicht zurückkehren würde. Sie und Kevin würden es allein schaffen.
Kurze Zeit später reichte sie die Scheidung ein, doch Phillip weigerte sich, die Papiere zu unterzeichnen. Er engagierte teure Beverly-Hills-Anwälte, um sie mürbe zu machen, aber sie hielt durch. Zehn Tage, ehe ihre Scheidung rechtskräftig geworden wäre, kam Phillip bei einem Bootsunglück ums Leben.
Melanie wusste, dass Louise ihr die Schuld an Phillips Tod zuschrieb. Zwar gab sie sich danach liebevoll und besorgt, überredete sie sogar, eine Weile bei ihr einzuziehen, doch die ganze Zeit über wollte sie ihr nur Kevin wegnehmen, die Schwiegertochter bestrafen, und der Enkel sollte den Sohn ersetzen. Das erkannte sie, Melanie, aber erst später.
Der Albtraum hätte mit Phillips Tod ein Ende finden können, tatsächlich begann er erst.
Soll Gabriel Sinclair doch denken, was er will, beschloss Melanie. Nur Kevin allein zählte für sie. Anders konnte es nicht sein.
Bei einem erneuten Blitz zuckte Melanie zusammen, dann zog sie den Bademantel fester über ihren Pyjama und kniff die Augen fest zu, während sie auf den nächsten Donnerschlag wartete. Als er vorbei war, sah sie zu Kevin hinüber. Er hatte sich nicht gerührt. Lächelnd strich sie ihrem Sohn das Haar aus dem Gesicht.
Und fuhr zusammen, als sie die Tür schlagen hörte.
Sie griff nach der Lampe neben dem Bett und zog an der Kette. Nichts geschah. Vor einer Viertelstunde noch hatte sie funktioniert, als sie sie gelöscht hatte. Rasch beugte sie sich zur anderen Seite des Bettes und versuchte es mit der Lampe dort. Auch sie funktionierte nicht.
Der Strom war ausgefallen.
Ihr Herz schlug wie rasend, als sie zur Schlafzimmertür lief und sie einen Spaltbreit öffnete und lauschte. Es war nur der Wind zu hören.
Sie musste es sich eingebildet haben. Die Fantasie spielte ihr einen Streich. Aber hier oben konnte sie nicht bleiben, daher schlich sie den Gang entlang zur Treppe.
Bei dem nächsten Geräusch erstarrte sie. In der Küche quietschte etwas.
Ein lockerer Fensterladen, dachte sie. Vielleicht auch eine Maus. Sie erschauerte bei dem Gedanken, hoffte aber, dass es nichts anderes war. Es durfte nicht sein. Vincent konnte sie hier nicht gefunden haben. Er durfte es nicht sein.
Der Dielenfußboden fühlte sich kalt an unter ihren Sohlen, und ihre Hände zitterten, als sie zur Küche ging. Es war kühl, als sie eintrat, aber sie sah, dass die Hintertür geschlossen war.
Gott sei Dank! Dann erstarrte sie, als sie in eine Wasserlache trat.
Trotz der Dunkelheit sah sie den schimmernden Wasserstreifen, der von der Küchentür über den Fußboden zur offenen Kellertür führte.
Der Sicherungskasten war dort unten.
Sie holte tief Luft und griff nach der schweren gusseisernen Pfanne, die sie am Morgen abgewaschen und auf den Herd gestellt hatte. Mit zitternden Knien schlich sie durch die Küche und wartete.
Als sie Schritte auf der Treppe hörte und einen schwachen Lichtschein bemerkte, hob sie die Pfanne mit beiden Händen.
Die Schritte klangen auf dem Weg nach oben. Sobald der Lichtschein den Boden zu ihren Füßen traf, holte sie aus und traf einen Körper. Sie hörte einen Schmerzenslaut.
Erneut hob sie die Arme. Da erhellte ein Blitz die Küche.
Gabriel!
Sein Gesicht war verzerrt, und er umklammerte den Türknauf. Entsetzt ließ sie die Pfanne fallen und packte ihn, ehe er umsinken konnte.
„O mein Gott, Gabriel, es tut mir so Leid.”
Er sank in ihre Arme, rang nach Atem, und sie führte ihn ins Wohnzimmer. Seine Sachen und sein Haar waren nass, und die Nässe durchdrang ihren Morgenmantel. Sie hielt ihn fest umschlungen und führte ihn zu dem Sofa vor dem Kamin, wo er mit einem leisen Stöhnen in die Pols ter
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