Endlich Single: schon verliebt
“Wahrscheinlich hatte er Sex mit seiner Schreibtischschublade, wenn ich nicht greifbar war. Letzten Endes musste ich mir einen neuen Job suchen, damit ich endlich wieder Schlaf bekam.”
“Der kommerzielle Erfolg dürfte uns jedenfalls sicher sein”, versprach sie Jessica. “Dieses Buch wird ein echter Bestseller!”
“Um den schnöden Mammon geht es uns nicht bei Howard Press.” Trotz der spröden Worte sah Nina Hoffnung in Jessicas Blick aufflackern. Ihre Chefin brauchte dringend diese kleine Finanzspritze. Und sie auch, wenn sie ihren Job behalten wollte.
“Vergessen wir nicht den emanzipatorischen Ansatz”, beruhigte sie die Herausgeberin. “Dieses Buch wird Frauen überall auf der Welt zu einer Bestandsaufnahme ihres Liebeslebens animieren.”
Wofür sie ein Paradebeispiel abgab. Mit was für Problemen Charitys Erstlingswerk auch kämpfen mochte, die Sexszenen waren pures Dynamit. Schon beim zweiten Kapitel erschien Nina ihr Jahr der Enthaltsamkeit wie ein ganzes Jahrzehnt. Alex war auch keine große Hilfe. Inzwischen träumte sie sogar von ihm; wundervolle, erotische Träume von seinen Händen, seinem sinnlichen Mund, dem athletischen Körper. Vergangene Nacht hatte sie diesen Körper in Aktion erlebt. Nach der Arbeit überredete Alex sie und Fred zu einer Runde Jogging – wobei es sie zunehmend nach sportlicher Ertüchtigung ganz anderer Art gelüstet hatte. Seine geschmeidigen Bewegungen beschworen unweigerlich dermaßen aufregende Bilder in Nina herauf, dass sie sehnsüchtig an die Tage ihrer Matthew Perry-Schwärmerei zurückdachte. Alex war nur eine Treppe tiefer, entschieden zu nah, entschieden zu jung.
Sich aus der Singles-Szene auszuklinken funktionierte nicht. Sie musste etwas unternehmen.
Zwei Wochen später, nach einem Dutzend weiterer frustrierender Abende mit Alex und Ted Turners Videobibliothek und mindestens ebenso vielen frustrierenden Joggingrunden im Park, unternahm sie etwas.
“Ich muss wieder unter Menschen. Genauer gesagt unter Männer.” In Charitys Boutique lehnte sie sich an eine Vitrine voller Silberketten und ließ kopfschüttelnd den Blick über die aufreizende Ansammlung von rotem Wildleder, violetten Hüfthaltern und schwarzer Spitze gleiten. “Ich bin an Alex interessiert. Wirklich interessiert. Diese unselige Schwäche kommt nur daher, weil er der einzig akzeptable Mann in meinem näheren Umfeld ist.” Charity wollte zu einem Widerspruch ansetzen. “Übrigens ist Alex nicht mein einziges Problem. Guy ruft wieder an. Er will Lunch und Dinner und Sex.”
“Er lädt dich telefonisch zum Sex ein?” fragte Charity amüsiert.
“Glaub mir, ich kenne ihn. Da ich dankend ablehnte, besaß er doch die Dreistigkeit, mir meine männerlose Existenz unter die Nase zu reiben. Ich muss unbedingt mehr ausgehen und mein Image aufpolieren! Bitte hilf mir!”
“Ich soll eine Verabredung für dich arrangieren?”
“Nein.” Deprimiert sank Nina auf einen der kleinen schwarzen Lackstühle, die überall in Charitys Domäne verstreut waren. “Ich habe eine Verabredung.”
“Du scherzt.”
Gereizt funkelte Nina die Freundin an. “Ist das so abwegig?”
“Ja. Eine Weile dachte ich sogar, du endest als Nonne. Wer ist dieser Typ?”
“Michael Thackery. Ich bearbeite seine Memoiren – eine literarische Strafe für die Menschheit. Heute kam er ins Büro wegen der Korrekturfahnen und lud mich zum Dinner ein. Es ist immerhin ein Anfang …”
“Einen Augenblick mal.” Charity klimperte unschuldig mit den Wimpern. “Das ist dieser Eliteschultrottel, über den wir hier reden, richtig?”
“Charity, das ist nicht komisch! Ich brauche wirklich Hilfe!”
“Sicher.” Die Freundin sprang auf. “Zuallererst musst du dir diese Frustfarben abgewöhnen. Grau und Schwarz stehen dir nicht.” In Windeseile hatte sie ein ganzes Sortiment von roter Spitze und noch roterem Kaschmir eingesammelt. Hochbeladen kehrte sie zurück. “Hier, geh und probier die Sachen an.”
Wenigstens war keine Federboa dabei! “Was ist denn das?” Nina fischte einen knallroten Spitzen-BH aus dem Kleiderwust.
“Der Incredibra?” Der BH baumelte von Charitys pinklackiertem Finger, rund und formschön selbst ohne Inhalt. “Zieh ihn über, und lass dich überraschen. Er drückt alles zusammen und schiebt es nach oben. Vorausgesetzt, man besitzt die richtige Figur.” Sie zog ihre hübsche Nase kraus. “Bei meiner Oberweite ging der Effekt eher in Richtung überdimensionales Doppelkinn. Aber
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