Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
Helen seufzt.
»Du hast sowieso kein Sexleben«, sage ich.
»In der Praxis. Theoretisch wäre reichlich Potenzial vorhanden …«
»Denk nur mal an die viele Hausarbeit.« Maeve schaudert und steckt sich endlich das Stück Käse in den Mund.
»Personal«, sage ich. »Nach allem, was ich bisher gesehen habe, hat die Dame des Hauses sich hauptsächlich damit beschäftigt, Zierdeckchen zu häkeln und Sinnsprüche zu sticken. Über meinem Bett hängt auch einer.«
Ereka streckt die Hand nach der Platte mit Käse und Austern aus. »In gewissen Kreisen gelten Häkeln und Sticken als Kunst«, sagt sie beinahe verärgert.
»Da hast du völlig recht. Wie hätten die Frauen früher, als sie kaum Zugang zu Bildung hatten, auch sonst ihre Kreativität ausleben können? Wie hätten sie die Fesseln von Ehe und Kindererziehung ertragen sollen, außer, indem sie ihre Depression mit Nadel und Faden betäubten?«, erklärt Maeve.
Ereka steht auf, streckt sich, geht dann zu dem leeren Vogelkäfig und streicht mit den Händen darüber.
»Sie hatte bestimmt ein Pärchen Unzertrennliche, die ihr Hoffnung geschenkt haben«, sagt sie zu niemand im Besonderen. »Ich hatte als kleines Mädchen zwei Pfirsichköpfchen.« Erekas Stimme klingt sehnsüchtig. In ihren Bemerkungen liegt eine Einsamkeit, als markiere sie damit die vielen Eigenarten, durch die nur sie die Welt sieht. »Hühner hatten wir auch«, fährt sie fort. »In engen Käfigen auf der vorderen Veranda zusammengepfercht. Himmel, haben die einen Krach gemacht. Und sie haben furchtbar gestunken.«
»Lass das bloß Cameron nicht hören«, sagt Helen. »Seit letztes Jahr ein Experte für Wildtiere in seiner Schule einen Vortrag gehalten hat, wettert er ständig gegen Zoos und Tiere in Gefangenschaft. Als bräuchte ich mehrmals täglich ein Referat über Eier aus Freilandhaltung und die Lebensbedingungen in der industriellen Landwirtschaft. Jetzt ist er auch noch zum Vegetarier geworden. Meint ihr, ich sollte die Schule wegen Gehirnwäsche verklagen? Zahlen die vielleicht seine Eisenpräparate? Ich sage ihm immer wieder, dass ein heranwachsender Junge Fleisch braucht.«
»Ich finde, du solltest stolz auf ihn sein«, sage ich. »Das beweist, dass er sehr gründlich nachdenkt.«
»Von mir aus kann er zum Sojamilch trinkenden Hare Krishna werden, sobald er aus meinem Haus auszieht. Ich habe keine Zeit für Sonderwünsche, ethische Gründe oder Allergien. Im Gegensatz zu Jo, die Aaron schon als Baby seine Extramahlzeiten gekocht hat.«
»Tja, das habe ich auch allmählich satt«, brumme ich. »Immerhin hat er sein Repertoire ja schon erweitert … ein bisschen.« Sie bringt mich vor Maeve in Verlegenheit.
»Dafür hast du ja auch nur … wie war das noch mal … elf Jahre gebraucht?« Helen klopft sich auf den Oberschenkel und lacht aus voller Kehle. Ist euch auch schon mal aufgefallen, wie leicht es ist, die Kinder anderer Leute zu erziehen?
»Wie geht es Nathan? Hat er inzwischen abgenommen?«, lenke ich das Gespräch wieder auf Helens Kinder und deren Probleme.
»Dem Testosteron sei Dank. Das hat den ganzen Babyspeck in Muskeln verwandelt. Jetzt sind es die Haare in den Achselhöhlen, auf Brust, Beinen und Hoden, die mir einfach nicht in den Kopf gehen.«
»Ich kann nur sagen: Trag es mit Fassung, wenn er irgendwann Mädchen mit nach Hause bringt und du beim Aufräumen benutzte Kondome findest.« Maeve grinst. »Ich sollte wohl dankbar dafür sein, dass er wenigstens keine Jungen mit nach Hause bringt …«
Ich weiß, dass Maeve so wenig homophob ist, als wäre sie selbst lesbisch. Daher ist diese Bemerkung irgendwie unter ihrer Würde. Ich werfe Helen einen Blick zu, doch die hat sich die Finger in die Ohren gesteckt und summt »Lalalala«, wie ein Kind, das nicht hören will, wie köstlich der Brokkoli schmeckt.
Schlimm genug, dass unsere Kinder uns körperlich einholen und mit jedem Zentimeter, den sie wachsen, unsere Macht über sie vermindern. In unserem Haus trennt nur noch die Körbchengröße das Mädchen von der Frau. Neulich ist Frank beim Wäschesortieren ins Schwitzen geraten. »Deine oder Jamies?«, fragte er und hielt ein Unterhöschen hoch. Und dann: »Ich falte keine Slips mehr. Das finde ich bei meiner Tochter nicht richtig.«
»Ich würde gern mal da unten spazieren gehen«, sagt Maeve und deutet auf den Damm. »Vielleicht täusche ich mich, aber diese Rosenbüsche scheinen ganz bewusst so angelegt worden zu sein. Würdet ihr sagen, dass das wie
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