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Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
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wichtiger seien als deine«, bemerkt Maeve ruhig.
    »Na ja, das sind sie auch. Ihr wisst nicht, wie das ist … wie das ist … Entschuldigt mich«, sagt Ereka abrupt und steht hastig vom Tisch auf.
    Soll ich ihr nachgehen oder sie in Ruhe lassen? Ich schaue mich ratsuchend um, aber alle weichen meinem Blick aus.
    »Was ist denn nur los mit dir? Warum warst du so hässlich zu ihr?«
    Ich wünschte, ich hätte eine gute Antwort auf Helens Frage.
    »Es tut mir leid«, sage ich. »Das war total daneben.«
    Ich stehe auf, um Ereka zu folgen, als sich plötzlich Virginia zu Wort meldet. »Lass es gut sein, Zuki. Jo hat nur die Wahrheit gesagt. Wenn sie abnehmen will …«
    Ich drehe mich zu Virginia um. Das ist wohl die großzügigste Interpretation dessen, was gerade geschehen ist.
    »Die Wahrheit zu sagen ist nie leicht«, fährt Virginia fort, und ich merke, dass ich zum ersten Mal, seit ich Ereka den Teller weggenommen habe, richtig ausatme. »Niemand will aussprechen müssen, dass der Kaiser keine Kleider trägt – tief drinnen klatschen wir trotzdem alle Beifall, wenn es doch jemand tut.«
    »Aber Ereka hat so viel Schlimmes durchgemacht«, sagt CJ. »Ihr müsst ein bisschen nachsichtig mit ihr sein.«
    Ich nicke. Energisch. Warum war ich nicht nachsichtig mit ihr? Arme Ereka.
    »Ich habe dir doch von ihrer Tochter erzählt«, sagt Helen zu Virginia. »Ereka braucht solche Wahrheiten nicht. Die Frau hat genug kalte, harte Wahrheit fürs ganze Leben erfahren.«
    »Vielleicht würde sie«, bemerkt Maeve, »wenn ich das anmerken darf, mehr Aufrichtigkeit sogar schätzen. Wenn alle sich ständig zurückhalten und nie sagen, was sie denken, könnte sich das herablassend und gönnerhaft anfühlen.«
    »So ist es«, sagt Virginia. »Ich kenne ihre Geschichte ja nicht genauer, aber wenn ihr nicht ehrlich zu ihr sein könnt, was für eine Freundschaft ist das dann?«
    Summer schaut drein, als wüsste sie nicht mehr, wem sie hier die Stange halten soll. Sie dreht nur noch den Kopf von einer zur nächsten, die ihre Meinung äußert. Da sie Ereka heute zum ersten Mal begegnet ist, begreift sie offenbar die Tragweite dessen nicht, was gerade passiert ist.
    »Mensch, wenn ich geahnt hätte, dass meine Pizzas so einen Aufruhr verursachen, hätte ich einen Topf Nudeln gekocht«, sagt Helen.
    »Sie ist unsere Freundin. Wir sollten sie nicht traurig machen«, erklärt CJ. »Das Leben hat ihr übel genug mitgespielt.«
    Ich kann Summers verwirrte Miene nicht länger ertragen, daher spreche ich es aus: »Ihre Tochter Olivia hat einen Hirnschaden.«
    »Oh«, sagt Summer nickend.
    »Du hast es vorhin selbst gehört, Jo – dass sie nicht sterben darf, weil sich dann niemand mehr um Olivia kümmern würde. Stell dir mal diese Belastung vor … und dann musst du ihr vorhalten, wie dick sie ist. Ganz toll gemacht.« Helen gibt mir mit der flachen Hand einen Klaps an den Kopf.
    Ich bin ein Elefant in schicken Sportklamotten. Ich lasse mich auf die Küchenbank sinken und vergrabe das Gesicht in den Händen.
    »Sie ist total zerbrechlich«, sage ich beinahe zu mir selbst. »Mit zerbrechlichen Menschen muss man vorsichtig umgehen.«
    Maeve tritt neben mich und sagt: »Vielleicht ist sie gar nicht so zerbrechlich, wie ihr annehmt. Ein hartes Leben macht stark, nicht schwach.«
    Ich fahre mir mit den Fingern durchs Haar. »Entschuldigt mich, ich muss kurz an die frische Luft«, sage ich.
    Ich gehe durchs Wohnzimmer auf die Terrasse. Ereka ist nicht dort.
    Ich bleibe stehen und schaue in die Nacht hinaus. Der Mond erhellt den Himmel und haucht alles mit einem silbrigen Schimmer an.
    Ich wische mir die feuchten Augen und schniefe laut. Irgendetwas in meiner Brust dehnt sich so aus, dass es mir schmerzhaft gegen die Rippen drückt. Ich mag mich beherrschen können, wenn es um Pizza geht, aber bei wirklich wichtigen Dingen gelingt es mir nicht. Seufzend setze ich mich auf die oberste Treppenstufe. Der Stein unter meinem Hintern ist eiskalt.
    Genau so fühle ich mich, wenn ich meine Kinder mal wieder angeschrien habe. Jamie und Aaron haben beide ihre ganz besondere Art, mich zu reizen, bis ich explodiere. Aber als Erwachsene ist es meine Aufgabe, zu entschärfen. Unsere Kinder sind weder unsere Boxsäcke noch unsere Sündenböcke. Um sich zu schlagen, verschafft einem vielleicht kurzfristig die Illusion von Erleichterung, aber doch nicht um diesen Preis. Ich versinke im Sumpf der Reue. Wie soll ich das Ereka gegenüber nur wiedergutmachen? Die

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