Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
praktisch unmöglich, das, was ich gerade gesagt habe, nicht als verbale Ohrfeige zu interpretieren.
Ereka schaut fast erschrocken drein. »Ich … ich weiß nicht, wie …«, stammelt sie.
Ich stehe auf, schnappe mir ihren Teller mit dem Rest Pizza, stelle stattdessen meinen Salat vor sie hin und sage: »So.«
Alle starren mich ungläubig an. Erekas Augen sind so groß wie Tomaten.
»Schon gut, Jo«, sagt Helen. »Ereka kann doch Pizza essen, wenn sie will. Stell ihr den Teller wieder hin.«
»Natürlich kann sie das. Aber was soll das Gelaber von wegen Ich wünschte, ich hätte mehr Willenskraft? Ihr habt alle Willenskraft. Ihr entscheidet euch bloß dafür, sie nicht einzusetzen.« Während ich das sage, spüre ich eine scheußliche, kalte Übelkeit aus meinem Magen hochsteigen. Meine Reue über diesen Angriff auf Ereka. Ausgerechnet auf Ereka, die Letzte unter uns, die so etwas verdient. Die Unterstützung und Verständnis braucht. Ich bin ein abscheulich schlechter Mensch. Kein Wunder, dass meine Tochter mich hasst.
»Beruhig dich«, knurrt Helen.
»Du solltest ein paar Mal tief durchatmen«, sagt CJ. »Du wirkst total gestresst.«
Ereka sitzt da wie ein begossener Pudel, während ich mich übergeben könnte vor lauter Selbstekel. Ich stelle die Pizza wieder vor sie hin und nehme meinen Salat zurück. »Entschuldige, Ereka. Bitte, lass es dir schmecken.«
Ereka atmet schwer. Sie ist schockiert, keine Frage. Was bin ich nur für eine böse Hexe? Sie schiebt ihren Teller von sich.
»Siehst du, was du angerichtet hast?«, schimpft Helen.
»Es tut mir wirklich leid. Ich wollte nur … ehrlich … Abnehmen ist keine Hexerei. Man fällt eine Entscheidung, und dann handelt man danach.«
»Keine von uns schert sich ums Abnehmen oder um ihr Aussehen, außer dir«, erwidert Helen. »Warum ist es so furchtbar wichtig, ob du jetzt Größe achtunddreißig statt vierundvierzig trägst? Wen interessiert das?«
Ich bin eine dumme Kuh. Das steht für mich außer Zweifel, als ich in Erekas geknicktes Gesicht schaue.
»Wen willst du damit eigentlich beeindrucken?«, legt CJ nach. »Für wen nimmst du ab? Frank liebt dich genau so, wie du bist, oder?«
Das stimmt. Ich tue das nicht für Frank. Warum kasteie ich mich eigentlich so?
Die Pizzas werden kalt. Seit Minuten hat keine von uns einen Bissen gegessen. Summer nippt stumm an ihrer Cola light. Offenbar hat es ihr die Sprache verschlagen. Maeve blickt leicht befremdet drein. Virginia hat aufgehört, ständig nachzuschauen, ob ihr iPhone jetzt endlich Empfang hat. Ich habe dieses Abendessen gründlich ruiniert. Womöglich sogar das ganze Wochenende. Ich könnte ebenso gut gleich meine Sachen packen und nach Hause fahren.
»Nein, macht Jo bitte keine Vorwürfe«, sagt Ereka und hebt den Kopf. »Sie hat völlig recht. Ich rede ständig davon, dass ich abnehmen will, aber ich tue nie etwas dafür … Alle behandeln mich wie ein rohes Ei. Kein Mensch sagt jemals zu mir: Du fettes Schwein, hör einfach auf, so viel zu essen.«
»Du bist kein fettes Schwein«, werfe ich ein. »So etwas würde ich nie zu dir sagen.«
»Ja, aber ich komme mir wie eines vor. Ein Warzenschwein. Ein Wal.« Tränen treten ihr in die Augen.
O Gott, jetzt fängt sie auch noch an zu weinen.
Ich gehe zu ihr und lege ihr einen Arm um die Schultern. »Es ist viel leichter, als man meint. Man beschließt einfach, bestimmte Dinge nicht mehr zu essen. Das ist wie … verheiratet sein. Du denkst doch auch nicht jeden Tag darüber nach, dass du deinem Mann treu sein willst, oder lässt dich auf jeden heißen Typen ein. Du weißt einfach … dass das eine Tabuzone ist.«
Ereka nickt und wischt sich mit dem Ärmel über die Augen. »Weißt du, ich esse sämtliche Süßigkeiten, Schokolade und Eiscreme im Haus, weil ich nicht will, dass meine Kinder so dick werden wie ich …«
»Das ist sehr nett von dir«, tröstet Summer.
»Kylie hat sogar schon mit diesem Unsinn angefangen, sie fragt mich ständig, ob sie zu dick sei. Dabei ist sie erst elf.«
»O Gott, ja, Airlees Lieblingssendungen sind The Biggest Loser und Britain’s Next Top Model «, stöhnt Summer und verdreht die Augen gen Himmel.
»Das ist total krank«, sagt Helen.
»Du könntest dir überlegen, ob du mal zu einem Zumba-Kurs kommen magst. Das ist ganz toll zum Abnehmen, und es macht richtig Spaß«, bietet Summer ihr an.
Ereka nickt. »Danke.«
»Vielleicht hast du das Gefühl, dass die Bedürfnisse anderer Menschen immer
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