Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
Vom Netzwerk:
tut mir leid, Maeve.«
    »Ist lange her.«
    »Wie bist du damit fertig geworden?«
    Maeve seufzt tief. »Nicht gerade heldenhaft, fürchte ich. Für mich ist damals die Welt untergegangen.« Sie reckt beide Arme nach der Decke und wackelt mit den Fingern.
    »Wie hat dein Vater es verkraftet?«
    Maeve gähnt. »Nicht gut.«
    Ich liege da und warte. Auf einmal kommt mir das zudringlich vor.
    »Entschuldige. Wir müssen natürlich nicht darüber reden«, sage ich. Dann drehe ich mich um und knipse meine Nachttischlampe aus. »Gute Nacht.«
    Maeve knipst ihre Lampe ebenfalls aus. Ihr Nachtlicht verbreitet ein zartes Leuchten im Raum. Irgendwo im Haus bellt der Hund. Das Zimmer beruhigt sich um uns herum. Das gelegentliche Knarren hört auf, die Ecken und Kanten werden weicher. Als Maeve plötzlich spricht, klingt ihre Stimme, als käme sie von weit weg.
    »Es ist an einem Donnerstag im Oktober passiert. Die letzte Folge von Reich und arm sollte an dem Abend im Fernsehen kommen. Erinnerst du dich, wie umwerfend attraktiv Nick Nolte damals war? Ich hatte mein ganzes Zimmer mit Postern von ihm tapeziert. Meine Schwester Solange und ich haben uns immer auf dem Sofa versammelt, mit Mum in der Mitte, und sie hat Orangen für uns alle geschält. Aber als wir an diesem Nachmittag von der Schule nach Hause kamen, erwartete unser Vater uns schon an der Haustür, um uns zu sagen, dass es einen Unfall gegeben hatte. Mein erster Gedanke war: Können wir trotzdem Reich und arm schauen?« Maeve lacht leise. »Ist das zu fassen? Kinder leben so skrupellos im Hier und Jetzt. Und sie können Tragödien nur in kleinen Häppchen aufnehmen. Sie brauchen das Gewohnte, Gewöhnliche, um sich daran festzuhalten.«
    Ich sage kein Wort, aber ihr könnt mir glauben, dass ich genau zuhöre, die Augen im Halbdunkel weit offen.
    »Kurz darauf ist er zusammengebrochen. Er ist für eine Weile weggegangen und hat Solange und mich unterdessen zur Schwester meiner Mutter geschickt – Tante Lily mit dem grässlichen Kropf. Ich hatte immer Angst, das Ding könnte platzen und sie zerreißen. Als würde jemand sie von innen aufblasen wie einen Luftballon und nicht merken, wann er aufhören muss.«
    Ich stelle mir Koffer vor. Anwälte. Zwei junge Mädchen, die sich an den Händen halten. Die hässliche, gutherzige Tante. »Du lieber Himmel. Eure Mutter muss euch entsetzlich gefehlt haben.«
    »Solange hat es noch schlimmer getroffen, sie ist zwei Jahre jünger als ich. Ich war furchtbar wütend, um ehrlich zu sein. Ich konnte es nicht fassen, dass unsere Mutter uns so abrupt und endgültig verlassen hatte. Schließlich war ich noch nicht fertig damit, eine Mutter zu haben – sie hatte mir versprochen, mir das Autofahren beizubringen, das Nähen …« Maeves Stimme klingt feucht vom Alkoholexzess dieses Abends. Irgendetwas in ihr hat sich gelockert. Mir kommt es beinahe so vor, als belauschte ich ein vertrauliches Gespräch.
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie es ist, jenseits der fünfzehn eine Mutter zu haben.«
    Ich fühle mich aus dem Gleichgewicht gebracht. Weil ich etwas weiß, das sie nicht weiß. Im Schimmer des Nachtlichts wende ich mich ihr zu. »Das ist sehr schwer. Meine Mutter … Allein zu wissen, dass sie da ist, gibt mir Halt, auch jetzt noch. Meine Mutter ist für mich das, was ich unter Zuhause verstehe.«
    Sie ist still. Glaubt mir einfach.
    Ich erinnere mich, wie überrascht ich nach Jamies Geburt darüber war, dass ich mich einer neuen Liebe öffnete, nicht nur der Liebe zu meiner Tochter, sondern auch zu meiner Mutter. Das war, als käme ich unerwartet nach Hause. Als ich mein Baby in den Armen hielt, schloss uns auf einmal auch der weite Bogen von etwas viel Größerem ein, so wie ein Fluss, der von einem Ozean verschlungen wird. Jamies Geburt war eine Beschwörung, deren Echo uns ins kollektive Unterbewusstsein des Werdens, des Ursprungs aufnahm. Indem ich Jamie zur Welt brachte, wiederholte ich ein Muster, das Ritual meiner eigenen Entstehung, und bekräftigte das ewige Band zwischen Müttern und Kindern. Ich bringe hervor, wie ich hervorgebracht wurde.
    »Ich glaube, meine Liebe zu meiner Mutter hat durch Jamies Geburt erst ihre volle Dimension angenommen …« Ich zögere. Maeve hat Jonah erst lange nach dem Tod ihrer Mutter bekommen. Furchtbar unsensibel von mir. Schon wieder. »Entschuldige, ich wollte damit nicht …«
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Es ist sogar ganz hilfreich, das zu hören.«
    Ich

Weitere Kostenlose Bücher