Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
schnappt nach Luft.
»Nein, ich war die andere Frau. Er hatte ständig Schuldgefühle – wegen der Scheidung, weil er immer noch nicht genug Zeit mit ihr verbrachte, als Vater nicht gut genug war … Das wurde irgendwann einfach … langweilig.«
»Zumindest war er erwachsen genug, das Kind wichtiger zu nehmen und nicht sich selbst«, sagt CJ.
»Wann warst du mit Brad Bernstein zusammen?« Helen spricht wie zu sich selbst.
»Das ist letztlich auch nur eine Form von Narzissmus, findet ihr nicht?«, fährt Virginia fort. »Eine ganz einseitige Sache. Es gab nur sie beide, und er konnte das nicht neu austarieren, damit ich auch dazugehörte. Ist das nicht das eigentliche Problem? Dass Männer sich nicht an Veränderungen anpassen können? In meinem Beruf läuft nichts so, wie man es erwartet hat, und man muss ständig umdisponieren, ganz spontan und oft sogar im letzten Moment.«
Virginia stößt sich mit den Füßen von der Terrasse ab, um ein bisschen Bewegung in die Hängematte zu bringen. Dabei streckt und krümmt sie immer wieder die Finger. Ich tippe auf Arthritis – dieses allmähliche, lähmende, entstellende Verderben der Gelenke. Ich hoffe, es ist nicht die rheumatoide Variante. Nie wieder Ringe tragen zu können … Im Moment steht das wahrscheinlich nicht sehr weit oben auf ihrer Prioritätenliste. Wie Maeve versinkt sie nicht in Selbstmitleid. Sie ist radikal autark, eine Tigerin.
Nach dem gestrigen Abend habe ich sie für einen Menschen gehalten, den man gern an seiner Seite hätte, wenn man vor einen Disziplinarausschuss zitiert wird oder Strafanzeige erstatten muss. Selbst mit Zahnspange wirkt sie achtunggebietend. Inzwischen sehe ich das nicht mehr so. Ich erkenne ihre Verletzlichkeit, noch vertieft durch den Gedanken, langfristig einsam zu sein. Ohne den amniotischen Halt des häuslichen Lebens, ohne einen Menschen, zu dem man nach Hause kommen und dem man all die Belanglosigkeiten erzählen kann, die bizarren Geschehnisse oder kleinen Ungerechtigkeiten von Bankangestellten und Politessen, müssen einem die eigenen beruflichen Leistungen, selbst die extremsten, kleinlich und höhnisch vorkommen. Es steht mir nicht zu, ihr irgendetwas zu wünschen, dennoch tue ich genau das.
»Du sagst es, Schwester«, bestätigt CJ. »Ich habe schon lange kein Verständnis mehr für Männer, die mit Veränderungen nicht klarkommen. Das Leben ändert sich eben. Aus zwei werden drei, dann vier, dann fünf. Da kann man sich nicht weiterhin verhalten wie ein Teenager, der gerade herausgefunden hat, wozu sein Schwanz da ist. Wenn deine Frau auf einmal einen dicken Bauch und in ihrem Bikini keine Hammerfigur mehr hat, willst du das etwa persönlich nehmen? Als hätte dein persönliches Sexspielzeug dich betrogen? Wenn sie stillt und erschöpft ist und nicht mehr die Energie aufbringt, dir wie gewohnt einen zu blasen, schmollst du dann und holst dir vor einem Wichsheftchen einen runter? Oder sagst ihr ins Gesicht ›Genau deswegen gehen Männer zu Prostituierten‹? Dazu sind Kinder nämlich auch da – sie sollen Männern helfen, über ihren sexuellen Narzissmus hinauszuwachsen. Damit sie neu lernen, zu lieben und geliebt zu werden, auch wenn das ausnahmsweise nichts mit ihrem Schwanz zu tun hat.«
Summer applaudiert.
»Hat er sich so seltsam benommen, als ihr Kinder bekommen habt?«, fragt Virginia.
»Er ist total ausgeflippt. Kam absolut nicht damit klar. Das Problem ist: Ich habe Tom geheiratet, als ich noch nicht wusste, wer ich bin. Leider habe ich mich nie gefragt: ›Courtney-Jane, wenn du mal diese herrlich blauen Augen und das blonde Haar weglässt, was gefällt dir dann eigentlich an diesem Mann?‹ Er war ein Aufreißer, schon immer. Selbst wenn man ihm beide Augen ausstechen würde, er würde trotzdem eine Möglichkeit finden, anderen Frauen nachzustarren.«
Summer lacht. »Der war gut, CJ.«
»Du wusstest also damals schon, was für ein Mann er ist?«, fragt Virginia.
Maeve blickt von ihrem Buch auf. CJs Antwort interessiert sie.
»Ich dachte, ich würde ihm genügen. Dabei gab es schon früh Anzeichen dafür … Ich habe so getan, als hätte ich sie nicht bemerkt.«
»Solche Männer sollten ein Tattoo auf der Stirn tragen: NET – Nicht Ehemann-tauglich«, schlägt Ereka vor.
»Haha, wie genial«, ruft Summer, ohne zu bedenken, dass sie dieses Tattoo vielleicht selbst tragen sollte.
»Was waren das für Anzeichen?«, fragt Virginia nach.
»Wo soll ich anfangen? Erstens hat er nie
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