Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
blickt und fragt: »Sehe ich darin dick aus?«
Ich wappne mich für die Reaktionen auf das, was ich jetzt sagen werde. »Ihr wisst doch, dass Raucher gerne von oben herab behaupten, das sei ihre Entscheidung und ihr Körper … Na ja, wenn andere Leute rauchen, bin ich zum Passivrauchen gezwungen. Und wenn du, CJ, ständig betonst, dass Frauen jung aussehen müssten, verstärkt das nur die schädlichen Bilder, die uns die Medien vermitteln – wir sollen nun mal nicht mehr jung aussehen, wenn wir fünfundvierzig oder fünfzig sind. Wir sollen aussehen wie fünfundvierzig oder fünfzig.« Als ich ausgeredet habe, wird mir bewusst, dass ich diese Worte selbst dringend hören wollte. Das elendige Oil of Olaz hat herzlich wenig dafür getan, das Unvermeidliche aufzuhalten.
CJ lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück und lächelt mich an wie die Grinsekatze. »Mich dünkt, du protestierst zu viel.«
»Du warst wunderschön vor der Botoxbehandlung«, sage ich kopfschüttelnd.
»Jetzt bin ich noch wunderschöner.«
»Neulich habe ich irgendwo gelesen, dass Botox Falten langfristig sogar verschlimmert«, bemerkt Helen.
»Bis es so weit ist, könnte ich tot sein«, erwidert CJ lächelnd. »Aber fürs Erste bin ich in diesem Kreis diejenige, die keine Falten hat.« Sie stupst mit einem Fuß den Vogelkäfig an, woraufhin die reparierte Tür an Maeves provisorischem Scharnier aufschwingt.
Ich erinnere mich an Erekas dünne, empfindliche Freude heute Morgen, als wir hier saßen und sie etwas Repariertes in Händen hielt.
Ich stehe auf. »Manche Leute haben echte Probleme«, sage ich. »Während andere es sich leisten können, sich in ihrem selbstverliebten Gejammer zu wälzen.«
»Sind wir ein bisschen gereizt?«, seufzt CJ.
Ich krame in meiner Tasche nach dem Handy. »Entschuldigt mich«, sage ich und gehe ins Wohnzimmer. »Ich muss dringend telefonieren.«
Wenn ich jetzt noch wüsste, wo Helen diese Karte hingelegt hat.
Ich bin ein guter Mensch, denke ich, als ich wieder hinuntergehe und mich dabei im Spiegel betrachte. In den Tagen vor meiner Periode kann ich zwar ein richtiger Drache sein, aber ich betrachte die wirren, hässlichen Dinge, die ich Frank und den Kindern dann kreischend an den Kopf werfe, nicht als repräsentativ für meine Persönlichkeit. Ich mag eine schreckliche Mutter sein, doch die restliche Zeit über bin ich ein guter Mensch.
Im Erdgeschoss habe ich nirgends Empfang. Ich versuche es in allen Räumen, sogar auf der Toilette. Endlich bekomme ich ein Netz, indem ich mich in dem knallrosa Bad aufs Bidet stelle.
Als ich wieder nach draußen gehe, unterhalten sich Helen und CJ über die Instrumente, die ihre Kinder spielen. Die anderen sind schon auf dem Rückweg von ihrem Spaziergang. Callum redet mit Virginia und zeigt auf irgendetwas in der Ferne. Tennyson hopst neben ihm her.
Maeve und Summer kommen beschwingt die Treppe herauf und lächeln von so viel Sonne. Ereka folgt ihnen, keuchend und mit klimperndem Schmuck. Schweiß steht ihr auf der Stirn und der Oberlippe. Sie sinkt auf einen Stuhl und fächelt sich mit der Hand Luft zu.
»Du hättest echt unbedingt mitkommen sollen«, sagt Summer. »Hast du vielleicht was verpasst!«
»Ich gehe nachher allein spazieren«, erwidere ich bedrückt. Niemand fühlt sich gern übergangen.
»Gib mir Bescheid, wenn du so weit bist, dann komme ich mit«, sagt Maeve. Einfach so.
Ich hebe den Kopf und lächle ihr in die Augen, eines braun, eines grün, so wunderhübsch befremdlich.
Seht ihr? Sie erinnert sich doch an unser nächtliches Geflüster.
16 Lügen, ins Gesicht geschrieben
W as machst du da?«, fragt Maeve.
»Auf die Beschimpfungen meiner Tochter antworten.«
Ich bin ja schon froh, dass wir wieder miteinander reden. Oder haben wir gar nicht nicht miteinander geredet? Jedenfalls bin ich froh und dankbar.
Ich dulde es nicht, tippe ich in mein iPhone. Und lösche die Worte wieder. Spiel dich nicht so auf, schreibe ich. Und lösche auch diesen Satz. Es ist wirklich leicht, mit kleinlichen Tadeln zu reagieren. Das kostet keinerlei Anstrengung. Aber ich finde, ich sollte versuchen, ein Vorbild an erwachsener Reife abzugeben. Neulich hat Frank den Kindern gegenüber die Beherrschung verloren. Er brüllte herum, drohte ihnen mit lebenslänglichem Unterhaltungselektronikverbot, dem Ausfall sämtlicher gesellschaftlicher Termine, verhassten Helfertätigkeiten im Haushalt bis in alle Ewigkeit. In unserem Haus eskaliert so etwas eben gern.
Die
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