Endlich
gefordert hatte, der MTA solle weitermachen, und insgeheim nun auf die Gelegenheit hoffte, die Prozedur zu beenden und zu schlafen. Dann entspannte sich das Gesicht des Experten mit einem Mal und er rief: »Na! Auf zwölf, da klappt’s«, und der lebenspendende Faden in der Spritze fing an, sich abzuspulen. Von da an schien es mir absurd, so zu tun, als mache mich dieses Bluffen stärker oder als ließe es andere Leute energischer oder fröhlicher handeln. Wie sehr man auch glauben mag, dass das Ergebnis von der eigenen Haltung abhängt – dem Reich der Illusionen muss man vor allem anderen entfliehen.
VII
Vor wenigen Wochen begann ich einen bettlägrigen Tag im Zustand akuter Machtlosigkeit und unter gemeinen Schmerzen. Wie ich dalag, unfähig, mich zu rühren, aber durch vergangene Erfahrungen gefestigt, hörte ich eine beruhigende und kompetente Stimme sagen: »Jetzt kommt ein kleiner Pikser.« Und fast sofort fühlte ich mich beruhigt, denn diese Stimme und dieser Tonfall und dieser winzige Stich bedeuteten, dass der Schmerz sich verflüchtigen würde, dass meine Gliedmaßen sich entkrampften, mein Tag begann. Und so war es.
Was aber, wenn – wie ich einmal in ähnlichen Umständen mit halbem Bewusstsein zu hören glaubte – die freundliche Stimme ein wenig spöttisch geklungen hätte? Wenn sie mit einem Zug von Hohn gesagt hätte: »Das tut jetzt nicht weh – nicht besonders weh jedenfalls?« Das ganze Machtverhältnis hätte sich gewaltsam umgekehrt, und ich wäre wehrlos und wie gelähmt dagelegen. Ich hätte mich auch sofort gefragt, wie lange ich unter einer solchen Drohung leben könnte. Das subtile Werk des Folterers hätte begonnen.
Ich betone die Subtilität, denn die Folter ist keineswegs eine Angelegenheit grober Gewalt und schieren Schmerzes. Wie ich feststellte, als ich tatsächlich ein Opfer der Folter war, ist sie vor allem eine Frage delikater Kalibrierung. »Wie geht es uns heute? Stimmt etwas nicht?« Solche Tonfälle werden noch problematischer durch die Neigung der modernen Medizin, sich so oder so immer eines Euphemismus zu bedienen, wobei die höfliche Maske des Wortes »unwohl« eine Hauptrolle spielt. Eine andere Form des Euphemistischen ist das vorgeblich Durchgeplante, voll Koordinierte: »Haben Sie schon unser Schmerzmanagementteam kennengelernt?« Wenn man eine solche Formulierung einmal falsch gehört hat, kann sie einem immer als Echo der Praxis der Folterer erscheinen – man zeigt dem Opfer die Instrumente vor, die an ihm angewendet werden sollen, man beschreibt ihm Ausmaß und Reichweite der Praktiken und lässt diese Drohungen eigentlich schon den größten Teil der Arbeit tun. (Es heißt, dass Galilei diesen Ankündigungstechniken ausgesetzt war, während man ihn mit wachsendem Druck überredete, seiner wissenschaftlichen Position abzuschwören.)
Ich wurde zum Folteropfer, weil ich wollte, dass die Leser von Vanity Fair eine ferne Vorstellung davon bekommen, worum es sich bei der schmutzig-schäbigen Kontroverse um das sogenannte Waterboarding eigentlich handelt. Und die einzige Möglichkeit, die argumentativ noch übrigblieb beziehungsweise unerprobt war, bestand darin, dass ich mich selbst probeweise für diese Prozedur zur Verfügung stellte. Natürlich gibt es für die Authentizität einer solchen Rekonstruktion Grenzen (und ich musste in gewisser Weise die Situation immer kontrollieren), aber ich war entschlossen, herauszufinden (soweit dies möglich ist), was ein Mensch, der dem Waterboarding unterworfen wird, tatsächlich durchmacht. Mit Hilfe von einigen sehr ernsthaft-entschlossenen ehemaligen Angehörigen der Special Forces, die wussten, dass sie auf amerikanischem Boden amerikanische Gesetze brachen, organisierte ich ein Treffen in den Bergen von North Carolina. Ehe wir auch nur beginnen konnten, hatte ich ein Dokument unterzeichnet, das sie juristisch von ihrer Verantwortung entband, falls sie mich durch Zufügung eines körperlichen oder psychischen Traumas töteten. Das Wort »Trauma« hat hier eine massivere Bedeutung als gewöhnlich.
Es vollzieht sich hier – hat man Ihnen vielleicht gesagt – eine »Simulation« des Gefühls des Ertrinkens. Falsch. Was geschieht, ist, dass man langsam, aber unerbittlich ertränkt wird. Und wenn man es an irgendeinem Punkt fertigbringt, dem tödlich regelmäßigen Tropfen des Wassers auszuweichen, wird es der Folterer bemerken. Er (oder sie) wird eine kleine, aber effektive Adjustierung vornehmen. Als ich meine
Weitere Kostenlose Bücher