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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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unverschämten Fragen der New York Times. «
    Roger Cohen: Warum haben Sie dieses Angebot angenommen, nachdem Sie so viele andere ausgeschlagen hatten?
    Bobby Fischer: Sie stellen das verzerrt dar. Wenn ich mich richtig erinnere, weigerte sich Karpow 1975, zu meinen Bedingungen gegen mich anzutreten – Bedingungen, die im Grunde denen entsprechen, unter denen wir jetzt spielen werden.
    Roger Cohen: Wenn Sie Spasski schlagen, werden Sie dann Kasparow zum Kampf um den Weltmeistertitel herausfordern?
    Bobby Fischer: Das ist eine typische Frage von Mr. Roger Cohen von der New York Times . Können Sie lesen, was hier steht? [Fischer drehte sich um und wies auf die Flagge hinter dem Podium. Auf ihr stand »Weltmeisterschaftskampf«. Das Publikum klatschte.]
    Nun klatschen Medienvertreter auf Pressekonferenzen praktisch nie, schließlich sollen sie ja neutrale Berichterstatter sein. Aber davon gab es auf dieser Konferenz gar nicht viele, denn allein für die Akkreditierung in Sveti Stefan mussten Reporter 1000 Dollar bezahlen. Deswegen hatten etliche Medien auf eine offizielle Akkreditierung verzichtet. So verloren sich im Raum der Pressekonferenz gerade einmal 30 Medienvertreter; die große Mehrheit der Anwesenden bestand aus normalen Zuschauern (beziehungsweise handverlesenen Claqueuren für Bobby und Serbien).
    Bobby las Cohens Folgefragen vor, beantwortete sie aber nicht, sondern beschränkte sich auf Kommentare wie »wir werden sehen« oder »nächste Frage«. Nur auf Cohens letzte Frage ging er ein: »Fürchten Sie sich davor, wegen der Verletzung des Embargos von Ihrer Regierung zur Rechenschaft gezogen zu werden?«
    Bobby Fischer: Eine Sekunde bitte. [Er zog einen Brief aus seiner Aktentasche und hielt ihn hoch.] Dies ist die Aufforderung des amerikanischen Finanzministeriums in Washington D.C. vom 21. August 1992, Auskunft über illegale Aktivitäten zu erteilen. Und das ist meine Antwort auf das Verbot, hier meinen Titel zu verteidigen. [Er spuckte auf den Brief. Applaus aus dem Publikum.] Das ist meine Antwort.
    Vasiljevic klatschte ebenfalls und lächelte Bobby anerkennend zu. Anschließnd lehnte Bobby sich in seinem Stuhl zurück, schwang nach links und rechts und sonnte sich in der Bewunderung seiner Höflinge wie ein Mussolini.
    Die Nachricht von Bobbys Auftritt lief um die Welt. Auf ihren Kommentarseiten wüteten Daily News und New York Times gegen Bobbys unpatriotischen Ausfall (»Fischer verpfändet seine Ehre«, »Bosniens und Bobbys Tragödie«), Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen trugen die Meldung auf fast alle Kontinente der Erde. Die Öffentlichkeit reagierte mit einhelliger Abscheu darüber, wie völlig egal das in Bosnien stattfindende Gemetzel Bobby offenbar war. Er hatte internationales Recht und moralische Normen offen verhöhnt. Amerika schäumte. Man verglich Bobbys Affront mit den berühmtesten Ausfällen amerikanischer Bürger gegen ihr Land: mit Ezra Pounds Hitlergruß, mit Jane Fondas Posieren auf einem nordvietnamesischen Panzer und mit Tokyo Roses Propagandasendungen während des Zweiten Weltkriegs.
    Selbst Bobbys treuem Freund Jack Collins, dem Yoda des amerikanischen Schachs, platzte der Kragen: »Er langweilt mich, er widert mich an.« Außerdem nannte er ihn einen »Trottel, den man nicht ernst nehmen darf«. William Lombardy hingegen verteidigte Bobby: »Ja, Fischer hat dem Schach und uns einen Bärendienst erwiesen. Aber er ist immer noch ein Zauberer und kann dem Spiel eine Menge geben. Bobby und Boris sahnen endlich ab. Das nehme ich ihnen nicht übel.«
    Die Pressekonferenz ging ähnlich spektakulär weiter. Bobby beantwortete die Reporterfragen mit grenzwertigen bis unsäglichen Statements. Auf die Frage, was er vom Kommunismus halte, antwortete er: »Der Sowjetkommunismus ist im Grunde verschleierter Bolschewismus, der wiederum verschleierter Judaismus ist.« Auf den Vorwurf, er sei Antisemit, wies Bobby mit einem Augenzwinkern darauf hin, dass auch Araber Semiten seien. »Und mir kann keiner nachsagen, ich sei araberfeindlich, okay?« Kasparow und Karpow nannte er »Gauner«, und auch Kortschnoi beschimpfte er: »Durch ihre unmoralischen, unethischen Absprachen haben sie das Schach zugrunde gerichtet. Diese Kerle sind Abschaum.«
    Zita saß während der Pressekonferenz im Zuschauerraum, beantwortete aber keine Fragen, zumindest nicht offiziell. Später erklärte sie in einem Hintergrundgespräch, dass sie Bobby zwar nicht heiraten wolle, seine Aufrichtigkeit aber

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