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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Briefumschläge.
    »Absagen«, murmelte sie, »nichts als Absagen.«
    Er nahm Marie in den Arm und streichelte sie. Die Jobsuche zermürbte. Wie oft hatte sie Briefsendungen mit Bewerbungen kurz vor Leerung abends zum Postkasten gebracht, stets in der Hoffnung, dass diesmal eine positive Antwort kam. Doch die nach einiger Zeit eintrudelnden Antwortbriefe verrieten ihren Inhalt, ohne dass man den Umschlag öffnen musste. DIN-A4-Umschlag hieß: Die Bewerbungsmappe kam zurück. Im knappen Begleitschreiben ein in Textbausteinen zusammengesetztes Bedauern und die besten Wünsche für den weiteren Lebensweg. Eine Germanistin mit besten Noten war derzeit nicht gefragt. Das Land stellte keine Lehrer ein. Haushaltssperre.
     
    Marie hatte die Fotos, die sie auf Gran Canaria geschossen hatte, ausgedruckt und akkurat auf dem Tisch ausgelegt. Stephan betrachtete wehmütig das letzte Foto mit dem gelb-roten Sonnenuntergang.
    »Du bist neuerdings so akribisch«, lächelte er unsicher.
    »Du bist derjenige mit dem Ordnungssinn«, gab sie zurück. »Aber ich lerne ja, dass dies Vorteile hat. Bei den Bildern lohnt sich ein näheres Hinsehen, insbesondere, wenn du sie mit dem Foto aus der Zeitung vergleichst, das Justus Rosell vor seiner Krankheit zeigt.«
    Erst jetzt sah Stephan, dass sie Löffkes Akte aufgeschlagen daneben gelegt hatte.
    Er betrachtete die Bilder und verglich sie mit dem Zeitungsfoto.
    »Ja, und?«, fragte er.
    »Die Bilder haben alle einen Schönheitsfehler«, sagte sie.
    »Welchen?«
    »Du hattest dich beim ersten Blick vom Balkon unseres Hotelzimmers daran gestört, aber dann wahrscheinlich wie alle daran gewöhnt …«
    »Du meinst die Industrieanlage, die weit hinten ins Meer gebaut ist?«
    »Es ist eine Zementfabrik, wie ich jetzt weiß«, sagte sie. »Ich habe es im Reiseführer gelesen. Sie ist direkt ans Meer gebaut. Auf dem Bild mit dem Sonnenuntergang sieht man sie besonders konturenscharf.«
    Stephan nahm das Foto zur Hand. Sie hatte recht. Die Umrisse der Anlage zeichneten sich deutlich ab.
    »Wenn du das Bild genau mit dem Zeitungsfoto vergleichst, siehst du einen kleinen Unterschied.«
    »Man sieht auf beiden Bildern das Zementwerk im Hintergrund«, stellte er fest.
    »Genauer!«, forderte sie.
    Er betrachtete eingehender die beiden Fotos. Er sah keinen Unterschied.
    »Rechts am Rand der Anlage befindet sich ein Gebäude, das auf dem Zeitungsfoto kleiner ist als auf unserem Foto«, bemerkte sie, und Stephan hörte einen fast kindlichen Stolz heraus.
    »Es war damals vermutlich im Bau oder es ist nachträglich aufgestockt worden«, vermutete er. Er betrachtete das Foto nochmals genauer.
    »Der Unterschied ist so winzig, dass man schon mehrfach hinsehen muss. – Wie kommst du darauf?«
    »Ich habe eben Zeit, lieber Stephan. Mein Tag füllt sich mit dem Verfassen nutzloser Bewerbungen, dem Lesen frustrierender Absagen und dem Putzen unserer Wohnung.«
    »Marie!«
    Er hielt inne, weil er wusste, dass sie unversehens an einer empfindlichen Stelle standen. Er konzentrierte sich wieder auf die Bilder.
    »Du hattest dir die Bilder also nur so genauer angesehen?«
    »Nein. Ich wollte einfach wissen, um was für eine Industrie es sich handelt, die man auf fast allen Bildern ertragen muss, die von der Küste aus gemacht worden sind. – Wie gesagt, der Reiseführer hat es mir verraten, und dann wollte ich sehen, wie genau man die Zementfabrik wirklich sieht. Und deshalb habe ich das Foto von dem Sonnenuntergang genauer betrachtet, weil es die Konturen so scharf hervorhebt. Und wenn du noch genauer hinsiehst, dann erkennst du neben dem inzwischen gewachsenen Gebäude einen dünnen senkrechten Strich. Das ist vermutlich ein Baukran, denn diesen Strich siehst du auch schwach auf dem Zeitungsfoto, oben dann noch mit einem hauchdünnen Querstrich. Das wird der Kranausleger sein. Also: Auf beiden Bildern ist etwas im Bau, und zwar vermutlich ein Zementsilo, das so groß werden wird wie die Danebenstehenden. Auf dem Zeitungsfoto hat das Silo etwa die halbe Höhe erreicht, auf unserem Foto ist der Bau schon weiter fortgeschritten, aber eben noch nicht abgeschlossen. – Du weißt, was das heißt!«
    Stephan sah auf.
    »Das heißt, dass das Foto in der Zeitung nicht so alt sein kann, wie die Rosells sagen«, schloss er.
    »Es sei denn, der Bau des Silos zieht sich über Jahre hin, aber das ist unwahrscheinlich.«
    »Gut, dann haben sich die Rosells eben erst vor Kurzem auf der Promenade fotografieren lassen. Aber die

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