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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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anständig mit den Leuten sprechen, dann verraten sie alles.« Schürmann richtete sich stolz auf. »Aus Sicht unserer Versicherung war klar, was da ablief: Justus Rosell tauchte in Person immer weniger in der Firma auf. Er war auf den Baustellen, während seine Frau das Büro eroberte und auf Chefin machte, obwohl sie selbst nie im Büro ihres Mannes saß. Aber gerade weil sie immer in dem Glasbüro saß und die anderen beobachtete, wurde sie zunehmend mehr auch zur verhassten Gestalt. Mit dem Geschäft ging es runter, weil Rosell, offensichtlich seiner Frau hörig, ihren geschäftlichen Vorgaben folgte und keinerlei eigene Initiativen mehr entwickelte. Dann wurde noch ein zweiter Geschäftsführer bestellt, der heute dort die Geschicke lenkt, aber eigentlich auch nur eine Marionette ist. Wir denken, die Firma wurde absichtlich runtergefahren. Schließlich plante man ja auch schon mit dem Ausstieg, denn die große Krankheitskomödie war ja bereits angelaufen.«
    »Sie glauben immer noch, dass Justus Rosell damit drinhängt«, warf Stephan ein.
    Schürmann zuckte mit den Schultern.
    »Die Geschichte ist zu groß und zu facettenreich, als dass ich jetzt einfach auf Ihre Geschichte umschwenke, Herr Knobel. Aber ich denke darüber nach!«
    Er griff zur Kühltasche. Für die Mittagszeit hatte er zwei Scheiben Weißbrot mit Käse vorbereitet. Dazu gab es – was sonst? – ein Bier. Sie bemerkten, dass Frau Rosell zurückkehrte und ins Haus ging. Schürmann notierte dies in die Kladde, während er das Brot zwischen die Zähne geklemmt hielt.
    »Wenn alles so ist, wie Sie sagen, Herr Knobel, dann wüsste ich, was ich an Ihrer Stelle für Justus Rosell zu tun hätte. Aber es ist Ihre Sache. Sie sind sein Anwalt. Denken Sie einfach darüber nach, ob er seine Julita und Jens Hobbeling belohnen möchte, wenn er von dem Verhältnis wüsste. – Was soll ich Ihnen mehr sagen?«
    Stephan verabschiedete sich und ging zurück, wie er gekommen war.
     
     

25
    Julita Rosell warf nervös die Haustür hinter sich zu und den Schlüssel auf den Tisch. Sie war bei Pedro im Bürgermeisteramt gewesen. Er war verlässlich wie eh und je, und er war Charmeur wie eh und je. Nachdem er das Kennzeichen in den Computer eingetippt hatte, scherzte er mit ihr wie in alten Tagen. Pedro gab den kantigen Spanier, impulsiv und gestikulierend, den Schnäuzer an den Seiten gezwirbelt und in dieser Hinsicht ein bisschen wie Salvador Dalí. Pedro griff wortreich und anzüglich in die gemeinsame Schulzeit zurück und wollte an alte Zeiten anknüpfen. Julita war noch attraktiver als damals. Er begriff sich als Urgestein Gran Canarias und empfand, als solcher unverzichtbar und unverwechselbar wie die Insel zu sein, die er über alles liebte. Julita Rosell hatte ihn reden lassen, zwischendurch sanft erinnert, er möge seine Anfrage beschleunigen, doch Pedro musste zur Klärung noch ein Telefonat mit der Hertz-Autovermietung führen. Dann präsentierte er das Ergebnis mit gewichtiger Geste: Mieter des fraglichen Autos war Stephan Knobel.
    Julita Rosell hatte bloß genickt und sich von Pedro schnell verabschiedet. Sie musste jetzt handeln. Jens Hobbeling war wieder in dem Haus in Tasarte. Sie hatte ihn noch vor dem geplanten Abflug nach Deutschland am Flughafen abfangen und überzeugen können, hier zu bleiben. Jens hatte daraufhin in seiner Praxis angerufen und ausrichten lassen, dass er erkrankt sei. Die Praxisgehilfin solle bis auf Weiteres alle Termine absagen.
     

26
    Marie hatte in der Zwischenzeit in der Steuerberaterpraxis angerufen, in der Julita Rosell gearbeitet hatte.
    »Schürmanns Angaben über Julitas Tätigkeit im Unternehmen ihres Mannes stimmen«, berichtete sie Stephan, nachdem er in das Hotel zurückgekehrt war.
    »Und das bestätigt man dir so ohne Weiteres am Telefon?«, wunderte sich Stephan.
    »Ich habe von einer Bar an der Küstenpromenade aus angerufen und mich mit künstlichem Akzent als alte Schulfreundin von Julita ausgegeben, die die Schulabsolventen zum Klassentreffen zusammentrommeln will. Man wird die Telefonnummer auf dem Display gesehen haben. Die Dame am anderen Ende wusste jedenfalls, dass der Anruf aus dem Ausland kam. Vielleicht kannte sie sogar die spanische Vorwahl. Es ist bei solchen Dingen immer wichtig, die Nummer zu sehen, Stephan!«
     
    Stephan nahm nachdenklich die Akte aus seinem Koffer. Er las nochmals Löffkes damalige Klageschrift und vollzog nach, wann Justus Rosell seinen Arzt das erste Mal und wann das

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