Endstation Färöer
7-dir bedeutete sowohl Sjeyndir als auch die siebte dir-Datei. Wie viel Rätselraten ich noch vor mir haben sollte, das ahnte ich nicht.
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Die Whiskyflasche schaute mich nicht mehr so verlockend an. Es war nur noch wenig übrig, womit sie hätte locken können, und jetzt, da der Abend schon etwas fortgeschritten war, waren wir miteinander vertraut geworden. Es war jedenfalls besser, mit ihr zu reden, als sich immer und immer wieder dieselben Fragen zu stellen: Wer? Warum? Wie?
Es gab keine Antwort.
Was ging da vor sich? Die Fragen ließen mich nicht in Ruhe. Ich lehnte mich mit dem Glas in der Hand zurück. Was willst du? Was ist da los? Was übersiehst du? Der Alkohol übernahm langsam das Steuer, sodass ich mich im Kreis drehte.
Du akzeptierst nicht, dass die Leute um dich herum in großer Zahl sterben. Nicht dass die Welt für dich stillstehen soll. Du weißt, dass alles, was stillsteht, stirbt. Leben ist Bewegung. Aber du willst nicht, dass die Menschen, die du kennst und die dich gekannt haben, mit denen du gemeinsame Erinnerungen hast, sterben. Das empfindest du wie einen Diebstahl, als würde jemand das Dasein schrumpfen lassen, eine systematische Amputation, die zum Schluss nur noch dich übrig lässt.
Vielleicht möchtest du ja doch, dass die Welt stillsteht?
Also, was sind denn das für Katastrophengedanken? Außerdem ist die Chance, dass du die Mehrheit überlebst, nicht besonders groß. Krebs oder ähnliches Teufelszeug werden dich geschafft haben, ehe deine Bekannten überhaupt die ersten Anzeichen des Alterns bemerkt haben.
Ich nahm einen großen Schluck.
Es ist unglaublich, wie sentimental man von Schnaps wird. Ehe ich mich versah, würden die Tränen fließen.
Es gab nur zwei Möglichkeiten, dem zu entkommen. Schlafen oder in die Stadt gehen. Damit die Gefühle etwas Abstand gewinnen konnten.
Eine dritte Möglichkeit bestand darin, den Fernseher einzuschalten. Ich versuchte diesen Mittelweg, aber nein, das färöische Fernsehen sendete montags nicht. Auf dem Fußboden unter dem Fernseher stand ein Videogerät und ein paar Kassetten lagen auch herum. Sie waren nicht beschriftet. Ich schob eine von ihnen in den Apparat und befand mich in einer finnischen Reportage über die Färöer.
Sie erwies sich schnell als ausgesprochen komisch, als ein färöischer Spezialist sich verschiedene färöische Mythen vorknöpfte: Man könne die Färöer als eine Nation von Fixern charakterisieren, die ihren Schuss Dänemark benötigten; für sämtliche Arbeitsplätze würde so viel Unterstützung gezahlt, dass das Land faktisch eine große, beschützte Werkstatt sei; die färöischen Alkoholiker seien Luxustrinker, die zum Entzug nach Island geschickt würden, damit sie wieder von vorn anfangen könnten, wenn sie zurückkämen.
Ich saß da und brüllte vor Lachen, aber das lag vielleicht auch am Whisky.
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Nachdem die R. C. Effersøesgøta lange Zeit eine der ruhigsten Straßen der Hauptstadt gewesen war, wurde sie vor ein paar Jahren zu einer der meistbefahrenen. Hübsch ist die Straße nicht, aber sie dient ihrem Zweck, den Verkehr vom Zentrum und Hafen hinauf zum Industrieviertel á Hálsi zu führen. Der Verkehr ist fast immer fürchterlich und mitten am Tag und gegen fünf Uhr herrscht ständig Stau. Das wird nicht besser durch die Tatsache, dass das größte Einkaufszentrum des Landes an der Straße liegt und keine separaten Ein- und Ausfahrten besitzt.
Ich stand mit dem Kadett, den ich mir bei einer Autovermietung ausgeliehen hatte, mitten auf der Straße und wartete auf eine Lücke im Verkehr. Nachdem ich mich auf das Gelände des Einkaufszentrums gedrängelt hatte, stellte ich das Fahrzeug so schnell wie möglich ab. Als ich mich von dem Wagen entfernen wollte, sah ich ein Schild: Nur für Kunden der Apotheke. Ich dachte, es würde kaum möglich sein, herauszufinden, wer wo einkaufte, also brauchte man sich darum nicht zu kümmern.
Als die Brötchen und der Kaffee runtergerutscht waren und die erste Zigarette des Tages zwischen meinen Lippen steckte, fühlte ich mich besser. Es saßen nur wenige Leute in der Cafeteria, die Jugendlichen waren noch nicht da. Möglicherweise machten sie mit ihren Eltern Urlaub und konnten deshalb nicht in das größte Vergnügungszentrum der Hauptstadt kommen.
Man hatte sich viel Mühe gegeben und ein großes, hübsches Kunstwerk aus Glas erhob sich über drei Etagen. Darum herum wanden sich zwei Wendeltreppen aus Marmor. Es war wie in dem Lied If I Were a
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