Endstation Färöer
fragst … Ich habe einmal den Fischereidirektor aus unserer Landesverwaltung an Bord gehen sehen. Du weißt schon, der, der aussieht wie ein rumänischer Hühnerdieb. Aber das war neben Sonja auch der Einzige.« Harald lächelte etwas spöttisch. »Andererseits wohne ich nicht in Vágsbotnur, also …«
»Du hast gerade ein paar unfreundliche junge Männer erwähnt. Wer sind die?«
»Die Mannschaft, nehme ich an, auch wenn sie eher wie Gorillas in einem Kriminalfilm aussehen, groß, breite Schultern, abweisend.« Er nahm einen großen Schluck aus seinem Bierglas. »Aber lass uns von etwas anderem reden, von etwas Lustigerem.« Er klang ungeduldig.
»Augenblick, nur noch eine Sache. Du sagst, dass niemand an Bord darf, Sonja aber ständig dort war. Wie erklärst du dir das?«
»Keine Ahnung.« Harald stand auf. »Was trinkst du, Gold oder gewöhnlich?«
Ich antwortete, das sei mir gleich, und er ging zur Bar, um aufzutanken.
An diesem Abend bekam ich nicht mehr aus Harald heraus. Er war des Spiels müde und vermutlich hatte er auch nicht mehr viel zu erzählen. Am nächsten Morgen wollte ich mich selbst mal da unten umsehen.
18
Es war bedeckt und eine leichte westliche Brise folgte mir hinunter zum Kai. Noch war es trocken, auch wenn der Himmel nichts Gutes versprach. Ich knöpfte den obersten Mantelknopf zu und steckte die Hände tief in die Taschen.
Vor und nach meinem Besuch im Bierclub hatte ich über die Kämpfe in Italien während des Zweiten Weltkriegs gelesen. Das Buch war interessant. Es war immer spannend, über diese Zeit zu lesen, aber was Kesselring mehr als vierzig Jahre nach Kriegsende auf den Färöern sollte, war nicht leicht zu verstehen. Insgesamt hatte ich aus den 500 Seiten nicht viel mehr herausgefunden als aus dem kurzen Artikel in der Bibliothek. Doch, eine Sache: Kesselring hatte den Spitznamen ›Smiling Albert‹.
Als ich aus der Grims Kambansgøta zur Vestara Vág abbog, kam ich an der alten schwarzen Schmiede vorbei, die jetzt Galerieräume beherbergte. Ein großes buntes Plakat teilte mit, dass eine ausländische Künstlerin in den nächsten Tagen Aquarelle ausstellen wollte. Das Plakat genügte mir. Soweit ich sehen konnte, gehörte sie zu denjenigen, die gehört hatten, dass die Färinger jeden Mist kauften, deshalb wollte sie es auch mal versuchen. Und sie hatte Recht. Aber ich bin der Meinung, dass es schlimm genug ist, wenn wir unseren eigenen Schrott kaufen, wir brauchen nicht auch noch den aus dem Ausland.
Eine Unzahl von Booten lag in Vágsbotnur, die Stege waren kurz davor, unter der Last der großen und kleinen Fahrzeuge zusammenzubrechen. Es gab Ruderboote mit Beimotoren und norwegische Plastikboote von der Größe kleiner Trawler. Sie versuchten, wie die richtigen Schiffe auszusehen, die bei der Fischfabrik Bacalao und am Reparaturkai der Schiffswerft auf der westlichen Seite der Bucht lagen.
Sie waren in ganz unterschiedlichem Zustand. In vielen stand mindestens ein Fuß Regen- oder Meerwasser, sie waren schon längere Zeit nicht mehr leer gepumpt worden. Ich habe mir auch erzählen lassen, dass bei Weitem nicht alle Boote jedes Jahr hinausfuhren. Einige behaupteten steif und fest, dass nur die Hälfte das Meer außerhalb der Mole schon mal gesehen habe und dass die Zahl derjenigen, die noch hinausfuhren, nur deshalb so hoch war, weil Sandagerø immer noch Walfangplatz war. Jedes Mal wenn eine Gruppe Grindwale in die Nähe von Tórshavn kam, zogen mehr als hundert Boote raus zum Fangplatz am Krankenhaus, um gleich wieder zu wenden. So konnten sie zur Verwaltung gehen und sich als Teilnehmer melden, damit sie ihren Anteil bekamen. Dass sie nicht immer genau wussten, wie viele dabei gewesen waren und deshalb aufrunden mussten, machte die Ausbeute für den Einzelnen nicht geringer.
Aber einen hübschen Anblick boten die Schiffe, die Reling an Reling, den Achtersteven am Steg, in einem wohlorganisierten Chaos dalagen. Den Hintergrund bildeten die malerischen Häuser auf Bryggjubakki, rote, gelbe, blaue, in einem Baustil, der die Fantasie zu einem kleinen, alten, internationalen Handelsort führte. Ein Zeichen dafür, dass hier einmal das lebhafte Treiben von Arbeitern und Leichtern geherrscht hatte, die die Fracht zwischen den Lagerhäusern und Schiffen verluden. Die Schiffe hatten in der Bucht geankert oder auch draußen auf der Reede. Mittlerweile war ein großer Teil des Hafengebiets zu Parkplätzen für Autos und Freizeitboote umfunktioniert worden.
Hinten bei
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