Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstation Färöer

Endstation Färöer

Titel: Endstation Färöer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jógvan Isaksen
Vom Netzwerk:
mir natürlich nicht viel. Genauso wenig fand ich über die Werwölfe und ODESSA. Aber es gab einen dicken Wälzer auf Englisch über die Kämpfe in Italien. Da Kesselring im Register häufiger genannt wurde, lieh ich mir das Buch aus.
    Als ich auf die Niels Finsensgøta kam, hatte es angefangen zu nieseln. Der Wind wehte jetzt aus Süden und dieser Wind brachte immer Regen und Nebel mit sich. Das Nebelloch Tórshavn breitete die Arme aus und empfing ihn freudig.
    Ich stellte mich unter und betrachtete die Autos und die Menschen. Diese Reihenfolge war nicht zufällig, denn es waren viel mehr Autos als Menschen in der Fußgängerzone. Während ich mir den Kopf darüber zerbrach, ob es möglicherweise eine philosophische Erklärung für dieses Phänomen gab, protestierte zum Glück mein Magen. Ich hatte seit dem Morgen nichts Ordentliches mehr gegessen. Am Vaglið hatte Fish and Chips geöffnet und ich kaufte die größte Portion, die sie hatten.
    Mit Fisch und Pommes unter dem Arm eilte ich heim und stellte mir vor, wie gut das schmecken würde. Gleichzeitig dachte ich an Kesselring und das Buch, ich hatte geplant, mich darin zu vertiefen, nachdem ich gegessen hatte. Ich wollte ins Bett gehen – nicht mit Joyce, wie in dem Gedicht, sondern mit Kesselring. Wer von beiden der bessere Bettgenosse sein würde, sollte die Zeit erweisen.

17
    Am hintersten Tisch, gleich neben dem Tresen, saßen drei Männer und spielten Schafskopf. Ihre Stimmen dröhnten durchs ganze Lokal, während die Personen selbst zur Hälfte im Zigarettenrauch verschwanden. Ich ging zur Bar und bestellte ein Bier. Drei von den vieren waren ungefähr in meinem Alter und wir grüßten uns, wenn wir uns auf der Straße begegneten. Der vierte näherte sich den fünfzig, war etwas schwabbelig, hatte eine ungesunde Hautfarbe, schmale Schultern und einen breiten Hintern. Alles an ihm hing, auch die Falten in seinem Gesicht, sie waren tief und ähnelten den Vorhängen in einem Rokokohaus. In das dünne, mausgraue Haar war reichlich Fett geschmiert worden. Er war ein bekannter Stänkerer. Einer von der nervigen Sorte, der nicht aufhören konnte und dicke Lügen vom Stapel ließ.
    »Na Alter, wo bist du gewesen?«, fragte der Fünfzigjährige. »Hast wieder in Dingen rumgeschnüffelt, die dich nichts angehen, damit du Zeitungen mit Klatsch und Tratsch beglücken kannst?«
    Die Bosheit schaute aus seinem lächelnden Gesicht hervor.
    »Nein. Ich war zu Hause bei deiner Frau.« Es war allgemein bekannt, dass sie öfter fremdging.
    Er sprang auf, sein Gesicht wechselte die Farbe.
    »Verdammt nochmal, ich schlag dich zusammen!«
    Aber der Tisch war dazwischen, fest im Boden verschraubt, sodass er nicht an mich herankam.
    »Halt’s Maul«, sagte einer der anderen. »Setz dich wieder hin und hör auf, dich so aufzuregen, nur weil dich jemand ein bisschen ärgert. Du teilst auch aus, also musst du auch einstecken können.«
    Der Fünfzigjährige setzte sich, aber die Wut kochte weiter in ihm. »Kann schon sein. Aber der Scheißkerl ist doch keine fünf Øre wert. Nur weil er für irgend so ein Käseblatt schreibt, glaubt er, er sei etwas Besonderes.«
    Er sah mich böse an, hob aber die Karten wieder auf, die er auf den Tisch geworfen hatte. »Warte nur, mein lieber Freund, so leicht kommst du mir nicht davon«, zischte er, bevor er sich wieder den Karten widmete.
    Ich drehte ihm den Rücken zu und ging in eine Ecke, in der der Clubwirt Harald saß und Zeitung las. Er ließ sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen, und wie ich ihn kannte, hatte er bei dem Wortwechsel vorhin höchstens einmal von der Zeitung hochgeschielt. Er hatte die Mitte vierzig schon überschritten, war dunkelhaarig, schwer und breit und hatte gesunde rote Wangen. Er trug einen Färöerpullover, Gummistiefel und kam zweifellos gerade von seinem Boot.
    »Es ist schon beeindruckend, wie gut du Leute aufstacheln kannst«, kam es bedächtig im nördlichen Dialekt von ihm. Er sah mich nicht an, während ich mich setzte, blätterte nur unkonzentriert in der Zeitung. Dann faltete er sie zusammen und warf sie auf einen Stuhl. »Da steht nichts Lesenswertes drin. Anstatt dass jede Partei eine eigene Zeitung hat, sollten sie gezwungen werden, zusammen eine zu machen. Dann würden wir vielleicht eine Zeitung bekommen, die zu etwas nütze ist.«
    Er lehnte sich auf dem Sofa zurück, schaute zum Kartentisch hinüber und sah mich dann mit lächelnden blauen Augen an. »Kümmere dich nicht um das Arschloch.

Weitere Kostenlose Bücher