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Endstation Färöer

Endstation Färöer

Titel: Endstation Färöer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jógvan Isaksen
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es sich handelte. Ich ahnte aber nicht, dass es die Person sein würde, mit der ich im Ølankret gesprochen und die ich im Polizeirevier gesehen hatte.
    »Das ist Duruta Danielson«, sagte Karl mit übertriebener Höflichkeit, als wir ins Wohnzimmer traten. »Und das ist der Schreiberling Hannis Martinsson, Auslandsfäröer, der sich ohne feste Arbeit und feste Bindung ans schwache Geschlecht durchs Leben schlägt.«
    Jetzt war offensichtlich, dass er mich aufziehen wollte. Und nicht nur mich, sondern auch seine Kollegin.
    »Wir haben uns schon gesehen«, sagte Duruta und gab mir die Hand, während sie im Sessel sitzen blieb. Ihre dunkelbraunen Augen waren schöner und tiefer, als ich sie von Sonntagnacht in Erinnerung hatte. Das Haar lag wie ein glänzender schwarzer Helm dicht an und sie trug Bluse und Hose in derselben Farbe. Nur ihr Gesicht glänzte weiß und die Lippen schimmerten rot. Die Solarien verdienten nicht viel an ihr.
    Karl sah aus, als hätte man ihm seinen Lolli weggenommen.
    »Ich hole den Schnaps. Ein Begrüßungsschnaps gehört dazu.«
    Der Ton war etwas gekünstelt, die gute Laune sollte wieder angeschoben werden. Er ging in die Küche.
    »Heute Abend ohne Gürtel« –, sagte ich und versuchte, lustig zu sein.
    »Den brauche ich nicht, wenn ich Leute besuche, die ich kenne.«
    Sie lächelte mich mit so schneeweißen Zähnen an, dass weder Zigaretten noch jede andere Form von Tabak je in ihrer Nähe gewesen sein konnten. Im gleichen Augenblick steckte sie die Hand in die Tasche, holte eine Packung Prince Light hervor und fragte, ob ich Feuer hätte. Die Samstagnacht im Ølankret kam mir wieder in den Sinn.
    Während ich ihr Feuer gab, dachte ich, dass man nicht alles wissen kann und dass die Zahnärzte vielleicht mehr zu tun haben, als man denkt.
     
    Das Essen war gemütlich und lebhaft und wir umschifften elegant den Brand und den Schoner. Katrin, blond und immer zum Lachen bereit, erzählte Anekdoten aus dem Krankenhaus, in dem sie als Laborantin arbeitete. Karl wusste natürlich immer etwas von seiner Arbeit beizusteuern und ich erzählte von meinen Auslandsreisen. Gemeinsame Freunde und Bekannte wurden von allen Seiten betrachtet und die Mädchen waren die ganze Zeit eifrig dabei. Nur Duruta sagte fast nichts. Sie lächelte ihr unergründliches Mona-Lisa-Lächeln, nickte bekräftigend oder schüttelte verneinend den Kopf, wenn sie gefragt wurde. Trotzdem hatten alle das Gefühl, sie sei voll und ganz am Gespräch beteiligt. Sie schien weder wirklich schlechter noch wirklich guter Laune zu sein. Sie befand sich irgendwo in der Mitte und ähnelte dem Mädchen, mit dem ich Samstagabend gesprochen hatte, kaum noch.
     
    Später saßen Karl und ich allein im Wohnzimmer, Katrin und Duruta waren hinaufgegangen, um die Mädchen ins Bett zu bringen. Lauter Spiellärm, unterbrochen von der Aufforderung, jetzt still zu sein, war von oben zu hören.
    »Duruta hat uns im letzten Jahr ziemlich oft besucht, seit Pol, ihr Mann, gestorben ist«, sagte Karl, während er uns Kognak einschenkte. Als er sich vorbeugte, konnte ich wieder den Ansatz einer Glatze in seinem hellbraunen Haar erahnen, und ein Bauch, der vor ein paar Jahren noch nicht da gewesen war, hing ihm über den Gürtel.
    »Sie geht nicht viel unter Leute, deshalb war ich überrascht, dass ihr euch schon kanntet.«
    Er ging zum Plattenspieler und zog eine Schallplatte hervor.
    »Ich habe ihr Samstagnacht im Ølankret Feuer gegeben. Das war alles.«
    »Also warst du Samstagnacht zu Hause«, kam es spöttisch von Karl. »Aber jetzt gibt es kein Zuhause mehr«, fügte er mit Betonung auf jeder einzelnen Silbe hinzu.
    »Nun, nun«, protestierte ich. »Ich habe eine Wohnung in Kopenhagen.«
    »Wo du nie bist.«
    Jetzt hörte man Hanus Johansens tiefe, rollende Stimme.
     
    Ich hörte das Rasseln deiner Knochen,
    doch wie ferne warst du mir,
    auch diese Nacht wirst du wieder anpochen
    und am Kopfende sitzen, hier bei mir.
     
    Er sang über den Tod und in diesem Augenblick hatte ich ein Gefühl, als wären diese Worte speziell für mich geschrieben. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich vollkommen allein.
    »Vorläufig geht man davon aus, dass das Feuer unter der Treppe ausgebrochen ist.« Karls Worte holten meine Gedanken von Pól F. zurück ins Wohnzimmer.
    »Da siehst du’s. Also kann ich es nicht gewesen sein.«
    »Wir haben nur deine Aussage darüber, dass du in der Toilette eingeschlossen warst. Die Tür ist verbrannt, da gibt es nichts

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