Endstation Färöer
Hannis Recht hat und die Männer der Eva stecken dahinter, dann ist es verdammt gut eingefädelt. Die Regierung behütet sie wie eine Glucke und scheucht alle Neugierigen weg. Sie können tun und lassen, was sie wollen.«
Während wir Kaffee und Kognak tranken, erzählte ich, was ich in der Landesbibliothek gelesen hatte. Das erschien heute vielleicht sehr weit entfernt, aber irgendwie lag dort der Schlüssel zu allem, was passiert war. Ich berichtete von Sonjas Artikelserie, die mich davon überzeugt hatte, dass es einen Zusammenhang gab zwischen dem Schoner und Støðlafjall, Hugos Keller und dem Ølankret. Der verschwundene Zettel mit den Kontoeinzahlungen deutete in dieselbe Richtung. Andreas-Petur konnte ich an dieser Stelle nicht als Zeugen anführen, das musste ich mir für später aufheben. Ich erzählte von 7-dir und Sjeyndir – sie waren mit dem Schoner ja mal in den Norden gefahren.
Es waren viele Ungereimtheiten und Lücken in meiner Theorie und in meinen Ausführungen, und auch wenn die Vorschläge der anderen anfangs zögerlich, dann aber immer entschiedener kamen, ergab sich doch kein Gesamtbild. Nicht einmal der Umriss davon.
27
Es war nach Mitternacht, als Duruta und ich langsam zum Hoyviksvegur gingen. Der Nebel half der Sommernacht, beide Augen zu schließen. Fast. Die Nässe legte sich wie ein feines Spinnennetz aus winzigen Edelsteinen auf Durutas schwarzes Haar und das Nebelhorn an der Mole unterstrich das Märchenhafte und Verzauberte der Situation.
Wir gingen eine ganze Weile schweigend, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, bis ich entschied, dass es reichte.
Ich konnte noch nie gut den Mund halten: »Karl hat gesagt, dein Mann sei tot. Ist es gerade erst passiert?«
Selbst ein Vierzehnjähriger hätte keine blödere Einleitung finden können.
»Vor gut einem Jahr«, kam es mit leiser Stimme von Duruta, und sie sah dabei zu Boden. »Er war auch bei der Polizei.«
Du Idiot, sagte ich zu mir selbst. Hättest du nicht etwas anderes fragen können? Jetzt hast du alles kaputtgemacht.
»Entschuldige, ich wollte nichts ansprechen, was mich gar nichts angeht …«, murmelte ich, »aber …«
»Mach dir darüber keine Gedanken. Ich bin es, die darüber hinwegkommen muss. Es ist nur, weil ich vorhin bei Karl und Katrin immer wieder an Pól denken musste. Ich habe ihn dort gesehen, in den Räumen, zwischen den Möbeln.« Ein Frösteln überlief Duruta, als versuchte sie, etwas abzuschütteln.
Es herrschte Stille, während wir durch die Straßen in Richtung Stadt gingen.
»Er war erst einundvierzig Jahre alt, als er mitten auf dem Aarvegur überfahren wurde.« Die Stimme zitterte, nicht viel, aber genug, um ihr Resonanz zu geben.
»Er hat versucht, ein gestohlenes Auto aufzuhalten, indem er sich in den Weg gestellt hat. Der Typ hat nicht einmal versucht, zu bremsen, sondern ist einfach über hin hinweggefahren. Pól ist am nächsten Tag im Krankenhaus gestorben. Der Autodieb wurde bei seinen Eltern gefasst. Betrunken und erst fünfzehn Jahre alt, da war von einer richtigen Strafe keine Rede. Ich meine, er ist ein paarmal auf Segeltour geschickt worden, aber jetzt ist er wieder hier und macht die Stadt weiter unsicher. Wir werden bei uns im Revier nicht arbeitslos, solange sich Leute wie er hier herumtreiben. Und davon gibt’s genügend.«
Duruta klang bitter. Sie hatte kein einziges Mal aufgesehen, während sie sprach. Jetzt blieb sie so plötzlich stehen, dass ich gegen sie stieß und sie festhalten musste, damit sie nicht hinfiel. Ihr Gesicht mit den braunen Augen war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und sie sah mir völlig ruhig direkt in die Augen. Die waren nicht traurig, wie ich erwartet hatte, sondern lediglich ernst.
So blieben wir einen Augenblick stehen und ich ließ sie nicht los. Im Gegenteil, ich verschränkte meine Arme hinter ihrem Rücken.
Schließlich sagte ich vorsichtig: »Du siehst dem Mädchen, dem ich im Ølankret Feuer gegeben habe, gar nicht ähnlich.«
Eine zarte Röte zeigte sich auf dem blassen Gesicht und Duruta sah nach unten. »Das war das erste Mal, dass ich ausgegangen bin, seit Pól tot ist. Wir hatten mit ein paar Leuten zusammengesessen und etwas getrunken, bevor wir losgezogen sind. Das war das erste Mal seit mehr als einem Jahr, dass ich mich vergnügt habe. Nur kurz, aber immerhin.«
»Du hast mir auch auf dem Revier zugeblinzelt«, fuhr ich fort, während ich sie noch fester hielt.
Jetzt wurde sie fast blutrot und legte ihr
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