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Endstation für neun

Endstation für neun

Titel: Endstation für neun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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bevor die Polizei das Gebiet absperren konnte.
    ANTWORT : Aha.
    FRAGE : Trifft das zu?
    ANTWORT : Nächste Frage.
    FRAGE : Es heißt, dass Sie einer der ersten Polizeibeamten vor Ort gewesen sind, ist das korrekt?
    ANTWORT : Ja.
    FRAGE : Wann sind Sie da gewesen?
    ANTWORT : Um 23.25 Uhr.
    FRAGE : Wie sah es da in dem Bus aus?
    ANTWORT : Was glauben Sie wohl?
    FRAGE : Könnte man sagen, es war das Schrecklichste, was Sie je in Ihrem Leben gesehen haben?
    Gunvald Larsson betrachtete ausdruckslos den Fragesteller, der ein blutjunger Mann mit einer runden Stahlbrille und einem ziemlich ungepflegten roten Bart war. Schließlich sagte er: »Nein. Das könnte man nicht sagen.«
    Seine Antwort schien eine gewisse Verwirrung auszulösen. Eine Journalistin runzelte die Stirn und sagte ungläubig: »Wie meinen Sie das? »So, wie ich es sage.«
    Bevor Gunvald Larsson zur Polizei ging, war er Berufssoldat bei der Marine gewesen. Im August 1943 hatte er zu den Männern gehört, die das von einer Mine gesprengte U-Boot Ulven untersuchten, das geborgen wurde, nachdem es drei Monate auf dem Meeresgrund gelegen hatte. Mehrere der fünfunddreißig Todesopfer waren während der Ausbildung seine Kameraden gewesen. Nach dem Krieg war er unter anderem an der Zwangsevakuierung der baltischen Kollaborateure aus dem Lager bei Ränneslätt beteiligt und einer von denen gewesen, die Tausende Opfer aus den deutschen Konzentrationslagern in Empfang nahmen, die in ihre Heimatländer zurückgeführt werden sollten. Die meisten von ihnen waren Frauen gewesen, und viele hatten nicht überlebt.
    Er sah jedoch keine Veranlassung, sich dieser jugendlichen Versammlung zu erklären, sondern bemerkte lakonisch: »Weitere Fragen?«
    »Hat die Polizei Tatzeugen ermitteln können?«
    »Nein.«
    »Es ist also mitten in Stockholm ein Massenmord begangen worden. Acht Personen haben ihr Leben lassen müssen, und das ist alles, was uns die Polizei zu sagen hat?«
    »Ja.«
    Damit endete die Pressekonferenz.

9
    Es dauerte eine ganze Weile, bis jemandem auffiel, dass Rönn mit der Liste gekommen war. Martin Beck, Kollberg, Melander und Gunvald Larsson standen über einen der Tische gebeugt, der mit Bildern vom Tatort übersät war, als Rönn plötzlich neben ihnen stand und sagte: »Jau. Sie ist jetzt fertig, die Liste.«
    Er war in Arjeplog geboren und aufgewachsen, und obwohl er seit mehr als zwanzig Jahren in Stockholm lebte, hatte er sich seinen nordschwedischen Dialekt bewahrt.
    Er legte das Blatt auf eine Ecke des Tisches, zog einen Stuhl heran und setzte sich.
    »Mensch, kannst du einen erschrecken!«, rief Kollberg aus. Es war in dem Raum so lange still gewesen, dass er beim Klang von Rönns Stimme zusammengezuckt war.
    »Na, dann wollen wir mal sehen«, sagte Gunvald Larsson ungeduldig und streckte sich nach der Liste. Er betrachtete sie einen Moment. Dann gab er sie an Rönn zurück.
    »So ein Gekritzel habe ich ja noch nie gesehen. Kannst du das eigentlich selber lesen? Hast du keine Kopien gemacht?«
    »Doch«, sagte Rönn. »Schon. Ihr bekommt sie gleich.«
    »Okay«, sagte Kollberg. »Lass hören.«
    Rönn setzte seine Brille auf und räusperte sich. Er überflog seine Notizen.
    »Von den acht Toten wohnten vier in der Nähe der Endhaltestelle«, begann er. »Auch der Uberlebende wohnt dort.«
    »Geh sie wenn möglich der Reihe nach durch«, sagte Martin Beck.
    »Jau, da haben wir zunächst einmal den Fahrer. Er wurde von zwei Schüssen in den Nacken und einem in den Hinterkopf getroffen und muss auf der Stelle tot gewesen sein.« Martin Beck brauchte keinen Blick auf das Foto zu werfen, das Rönn aus dem Bilderhaufen auf dem Tisch zog. Er erinnerte sich besser, als ihm lieb war, wie der Mann auf dem Fahrersitz ausgesehen hatte.
    »Der Busfahrer hieß Gustav Bengtsson, war achtundvierzig Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, wohnhaft in der Inedalsgatan 5. Die Familie ist benachrichtigt worden. Es war seine letzte Fahrt für den Tag. Nach dem Aussteigen der Passagiere an der Endstation hätte er den Bus ins Depot Hornsberg an der Lindhagensgatan gefahren. Die Kasse ist nicht angerührt worden, und in seinem Portemonnaie befanden sich 120 Kronen.« Er sah die anderen über seine Brille hinweg an.
    »Das dürfte für den Augenblick wohl alles über ihn sein.«
    »Mach weiter«, sagte Melander.
    »Ich gehe sie in der gleichen Reihenfolge durch wie auf der Planskizze. Dann käme als Nächstes Ake Stenström. Mit fünf Schüssen in den Rücken getötet. Ein

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