Endstation für neun
Fragen selber ausgedacht?«, erkundigte sich Gunvald Larsson.
»Jau, das habe ich wohl«, sagte Rönn bescheiden. »Grandios.«
»Er war nur eine halbe Minute bei Bewusstsein«, erklärte Rönn gekränkt. »Dann ist er gestorben.«
Martin Beck spulte das Band erneut zurück.
Sie hörten es sich immer wieder an.
»Was in aller Welt sagt er da nur«, knurrte Kollberg.
Er hatte keine Zeit gehabt, sich zu rasieren, und kratzte sich nachdenklich die Bartstoppeln. Martin Beck wandte sich an Rönn.
»Was meinst du?«, fragte er. »Immerhin warst du dabei.«
»Jau«, sagte Rönn, »ich denke, dass er die Fragen versteht und zu beantworten versucht.«
»Und?«
»Ich glaube, dass er die erste Frage negativ beantwortet, zum Beispiel mit ›Ich weiß nicht)
oder ›Ich habe ihn nicht erkannt).«
»Wie zum Henker holst du das aus ›Dnrk‹ heraus?«, fragte Gunvald Larsson höchst erstaunt. Rönn errötete und wand sich.
»Ja«, sagte Martin Beck, »wie kommst du zu diesem Schluss?«
»Jau«, sagte Rönn. »Ich glaube es einfach, ich hatte irgendwie den Eindruck.«
»Aha«, sagte Gunvald Larsson. »Und was dann?«
»Auf die zweite Frage antwortet er ganz deutlich ›Samalson‹.«
»Ja«, sagte Kollberg. »Das höre ich auch. Aber was meint er damit?« Martin Beck massierte mit den Fingerspitzen seinen Haaransatz.
»Samuelsson«, sagte er nachdenklich. »Oder vielleicht auch Salomonsson.«
»Er sagt Samalson«, beharrte Rönn.
»Ja, schon klar«, erwiderte Kollberg. »Aber es gibt niemanden, der so heißt.«
»Dem müssen wir nachgehen«, sagte Melander. »Vielleicht gibt es den Namen ja doch. In der Zwischenzeit…«
»Ja?«
»Ich finde, in der Zwischenzeit sollten wir das Band zur Analyse einem Experten schicken. Wenn unsere eigenen Leute das nicht schaffen, können wir uns an den Rundfunk wenden. Die Tontechniker dort haben alle möglichen technischen Hilfs mittel zur Verfügung. Sie können die Geräusche auf dem Band herausfiltern, verschiedene Geschwindigkeiten ausprobieren.«
»Ja«, sagte Martin Beck. »Das ist eine gute Idee.«
»Aber lösch vorher nur ja diesen Ullholm«, sagte Gunvald Larsson. »Sonst lacht uns alle Welt aus.« Er sah sich im Raum um.
»Wo ist eigentlich dieser komische Vogel Mänsson?«
»Der hat sich bestimmt verlaufen«, meinte Kollberg. »Man sollte vielleicht nach ihm fahnden lassen.« Er seufzte schwer.
Ek kam herein und strich sich nachdenklich über seine silberweißen Haare.
»Was gibt's?«, fragte Martin Beck.
»Die Pressefritzen beschweren sich darüber, dass sie immer noch kein Porträt von dem Mann bekommen haben, den wir bisher nicht identifizieren konnten.«
»Du weißt doch selbst, wie dieses Porträt aussehen würde«, sagte Kollberg.
»Ja schon, aber…«
»Warte mal«, sagte Melander. »Wir könnten die Personenbeschreibung nachbessern. Zwischen fünfunddreißig und vierzig Jahre alt, Größe eins einundsiebzig, Gewicht neunundsechzig Kilo, Schuhgröße 42, braune Augen, dunkelbraune Haare.
Blinddarmnarbe. Braune Behaarung auf Brust und Bauch. Narbe von einer alten Verletzung am Fußknöchel. Zähne… nein, das geht nicht.«
»Ich werde es rausschicken«, sagte Ek und ging. Sie schwiegen einen Moment.
»Fredrik ist da auf etwas gestoßen«, sagte Kollberg. »Stenström saß schon an der Haltestelle Djurgärdsbron im Bus. Er kam also von Djurgärden.«
»Was zum Teufel hatte er da draußen zu suchen?«, fragte Gunvald Larsson. »Abends, bei dem Wetter?«
»Ich bin auch auf etwas gestoßen«, erklärte Martin Beck. »Die Krankenschwester hat er höchstwahrscheinlich doch nicht gekannt.«
»Steht das eindeutig fest?«, fragte Kollberg. »Nein.«
»Bei Djurgärdsbron scheint er jedenfalls allein gewesen zu sein«, sagte Melander.
»Rönn ist auch auf etwas gestoßen«, meinte Gunvald Larsson.
»Was denn?«
»Na, was ›Dnrk‹ bedeutet: ›Ich habe ihn nicht erkannt.) Ganz zu schweigen von diesem Burschen Samalson.« Das war also das Ergebnis ihrer Untersuchungen am Mittwoch, dem 15. November.
Draußen schneite es. Große, feuchte Flocken. Es war schon dunkel.
Natürlich gab es niemanden, der Samalson hieß. Zumindest nicht in Schweden. Am Donnerstag stießen sie auf gar nichts.
Als Kollberg am Donnerstagabend in seine Wohnung in der Palandergatan heimkehrte, was es schon nach elf. Seine Frau saß im Lichtkegel der Stehlampe und las. Sie trug einen kurzen, vorn geknöpften Kittel, saß zusammengekauert im Sessel und hatte die nackten Beine
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