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Endstation für neun

Endstation für neun

Titel: Endstation für neun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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angezogen. »Hallo«, sagte Kollberg. »Was macht dein Spanischkurs?«
    »Der geht natürlich den Bach runter. Lächerlich, sich einzubilden, man könnte überhaupt irgendetwas tun, wenn man mit einem Polizisten verheiratet ist.«
    Kollberg gab ihr darauf keine Antwort. Stattdessen zog er sich aus, ging ins Badezimmer, rasierte sich und duschte lange, wobei er hoffte, dass kein blöder Nachbar die Polizei rief und sich über störende Wassergeräusche beschwerte. Dann zog er den Bademantel an, ging ins Wohnzimmer und setzte sich seiner Frau gegenüber hin. Er betrachtete sie nachdenklich. »Lange her, dass man dich zu Gesicht bekommen hat«, sagte sie, ohne aufzublicken. »Wie läuft's denn bei euch?«
    »Schlecht.«
    »Das tut mir leid. Schon seltsam, dass jemand einfach so neun Menschen in einem Bus mitten in der Stadt erschießen kann. Und dass die Polizei nichts Besseres zu tun hat, als eine Menge alberner Razzien zu veranstalten.«
    »Ja«, sagte Kollberg. »Das ist eigenartig.«
    »Gibt es außer dir noch jemanden, der seit sechsunddreißig Stunden nicht mehr zu Hause war?«
    »Wahrscheinlich.«
    Sie las weiter. Er blieb eine Zeitlang schweigend sitzen, zehn Minuten oder eine Viertelstunde vielleicht, ohne sie aus den Augen zu lassen.
    »Was glotzt du denn so?«, fragte sie, weiterhin ohne aufzublicken, aber mit einem neckischen Unterton. Kollberg antwortete nicht. Seine Frau schien mehr denn je in ihre Lektüre vertieft. Sie hatte dunkle Haare und braune Augen, klare Züge und kräftige Augenbrauen. Sie war vierzehn Jahre jünger als er, hatte kürzlich ihren neunundzwanzigsten Geburtstag gefeiert und war in seinen Augen immer schon sehr schön. Schließlich sagte er: »Gun?«
    Seit er die Wohnung betreten hatte, sah sie ihn zum ersten Mal an, leise lächelnd und mit einem Anflug unverstellter Sinnlichkeit im Blick. »Ja?«
    »Steh auf.«
    »Natürlich«, sagte sie.
    Sie knickte die obere rechte Ecke der Seite um, die sie gerade las, schlug das Buch zu und legte es auf die Armlehne. Sie erhob sich, stellte sich breitbeinig vor ihn und ließ die Arme locker herabhängen. Sie sah ihn unverwandt an. »Hässlich«, sagte er. »Ich?«
    »Nein. Eselsohren zu machen.«
    »Das ist mein Buch«, sagte sie. »Von meinem eigenen Geld gekauft.«
    »Zieh dich aus«, sagte er.
    Sie hob die rechte Hand zum Halsausschnitt und öffnete die Knöpfe, langsam, einen nach dem anderen. Ihn weiterhin nicht aus den Augen lassend, zog sie den dünnen Baumwollkittel aus und ließ ihn hinter sich zu Boden fallen. »Dreh dich um«, sagte Kollberg. Sie kehrte ihm den Rücken zu. »Du bist schön.«
    »Danke. Soll ich so stehen bleiben?«
    »Nein, die Vorderseite ist besser.«
    »Soso.«
    Sie drehte sich wieder um und sah ihn mit dem gleichen Gesichtsausdruck an wie zuvor.
    »Kannst du einen Handstand machen?«
    »Jedenfalls konnte ich es, bevor ich dich kennengelernt habe.
    Seither hat es keine Veranlassung mehr gegeben, einen zu machen. Soll ich's mal versuchen?«
    »Nicht nötig.«
    »Ich mach's einfach mal.«
    Sie ging zur Wand und schwang sich ausgesprochen mühelos in den Handstand.
    Kollberg betrachtete sie nachdenklich. »Soll ich so stehen bleiben?«, fragte sie. »Nein, nicht nötig.«
    »Ich tue es gern, wenn es dir Freude bereitet. Es heißt, nach einer Weile fällt man in Ohnmacht. Du kannst mich dann ja mit etwas zudecken. Einem Tuch oder so.«
    »Nein, komm wieder runter.«
    Sie senkte sich langsam und geschmeidig auf die Füße und guckte ihn über die Schulter hinweg an.
    »Was würdest du sagen, wenn ich dich so fotografieren wollte?«
    »Was meinst du mit ›so‹? Nackt?«
    »Ja.«
    »Im Handstand?«
    »Ja, zum Beispiel.«
    »Du hast ja noch nicht mal einen Fotoapparat.«
    »Nein, da hast du recht. Aber das spielt jetzt keine Rolle.«
    »Natürlich darfst du das, wenn du es unbedingt willst. Du darfst alles mit mir machen. Das habe ich dir doch schon vor zwei Jahren gesagt.«
    Er antwortete nicht. Sie blieb an der Wand stehen. »Was würdest du denn mit den Bildern machen?«
    »Genau das ist die Frage.«
    Sie drehte sich um und ging zu ihm. Dann sagte sie: »Und jetzt dürfte wohl der richtige Zeitpunkt gekommen sein, um zu fragen: Worum zum Teufel geht es hier eigentlich? Falls du zufällig mit mir schlafen willst, gibt es da drinnen ein ausgezeichnetes Bett, und wenn du den Weg bis dahin nicht mehr schaffst, eignet sich dieser Webteppich hier auch ganz hervorragend. Weich und schön. Ich habe ihn selber

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