Endstation für neun
gemacht.«
»Stenström hatte einen Stapel solcher Bilder in seinem Schreibtisch.«
»Auf der Dienststelle?«
»Ja.«
»Von wem?«
»Von seiner Freundin.«
»Äsa?«
»Ja.«
»Das kann weiß Gott kein Fest fürs Auge gewesen sein.«
»Sag das nicht«, erwiderte Kollberg. Sie sah ihn an und runzelte die Stirn. »Die Frage ist, warum?«, sagte er. »Spielt das eine Rolle?«
»Ich weiß es nicht. Ich kann es mir einfach nicht erklären.«
»Er wollte sie sich vielleicht ansehen.«
»Das hat Martin auch gesagt.«
»Wobei es natürlich wesentlich klüger wäre, ab und an nach Hause zu fahren und dort zu schauen.«
»Martin ist im Übrigen auch nicht immer so schlau. Er macht sich zum Beispiel Sorgen um uns. Das merkt man ihm an.«
»Um uns? Warum denn das?«
»Weil ich Freitagabend allein aus dem Haus gegangen bin, glaube ich.«
»Hat er selbst keine Frau?«
»Irgendetwas stimmt hier nicht«, sagte Kollberg. »Mit Stenström und diesen Bildern.«
»Wieso denn? Man weiß doch, wie die Männer sind. War sie hübsch auf diesen Fotos?«
»Ja.«
»Sehr?«
»Ja.«
»Du weißt, was ich jetzt sagen sollte.«
»Ja.«
»Aber ich sage es nicht.«
»Nein. Und das weiß ich auch.«
»Stenström wollte sie bestimmt seinen Kumpels zeigen. Um anzugeben.«
»Das haut nicht hin. So einer war er nicht.«
»Warum grübelst du darüber nach?«
»Weiß nicht. Wahrscheinlich, weil es sonst keine Anhaltspunkte mehr gibt.«
»Nennst du das einen Anhaltspunkt? Glaubst du wirklich, jemand hat Stenström wegen dieser Bilder erschossen? Und warum sollte er dann acht weitere Menschen umbringen?«
Kollberg sah sie lange an. »Stimmt«, sagte er. »Das ist eine gute Frage.« Sie beugte sich vor und küsste ihn leicht auf die Stirn. »Sollen wir ins Bett gehen?«, fragte Kollberg. »Eine brillante Idee. Ich will vorher nur noch ein Fläschchen für Bodil fertig machen. Es dauert nicht mehr als dreißig Sekunden. Laut Gebrauchsanweisung. Wir sehen uns im Bett. Oder auf dem Fußboden oder in der Badewanne oder wo immer du willst.«
»Im Bett, danke.«
Sie ging in die Küche. Kollberg stand auf und schaltete die Stehlampe aus. »Lennart?«
»Ja.«
»Wie alt ist Äsa?«
»Vierundzwanzig.«
»Ha. Die sexuelle Aktivität der Frau kulminiert zwischen neunundzwanzig und zweiunddreißig. Sagt Kinsey.«
»Soso. Und die des Mannes?«
»Mit achtzehn.«
Er hörte, wie sie den Flaschenbrei mit einem Schneebesen im Topf aufschlug. Dann sagte sie:
»Aber bei Männern ist es individueller. Falls dich das tröstet.«
Kollberg betrachtete seine Frau durch die halboffene Küchentür. Sie stand nackt an der Spüle und rührte im Topf. Gun hatte lange Beine, eine normale Figur und einen Hang zur Sinnlichkeit. Sie war genau das, was er immer haben wollte, allerdings hatte er auch über zwanzig Jahre gebraucht, um sie zu finden, und ein weiteres, um nachzudenken.
Im Moment war sie ungeduldig und trat von einem Fuß auf den anderen.
»Dreißig Sekunden«, murmelte sie vor sich hin. »Diese verdammten Lügner.«
Kollberg lächelte in der Dunkelheit. Er wusste, dass er schon bald nicht mehr an Stenström und den roten Doppeldeckerbus würde denken müssen. Zum ersten Mal seit zweiundsiebzig Stunden.
Martin Beck hatte keine zwanzig Jahre darauf verwandt, seine Frau zu suchen. Er hatte sie vor siebzehn Jahren kennengelernt, auf der Stelle geschwängert und geheiratet. Holterdiepolter. Jetzt stand sie denn auch wie ein Menetekel in der Schlafzimmertür, im zerknitterten Nachthemd und mit Striemen vom Kopfkissen im Gesicht.
»Du hustest und schniefst so laut, dass du das ganze Haus aufweckst«, sagte sie.
»Entschuldige.«
»Und warum liegst du da und rauchst mitten in der Nacht? Wo du doch sowieso schon Halsschmerzen hast.« Er drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und sagte: »Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe.«
»Schon gut. Hauptsache, du holst dir nicht wieder eine Lungenentzündung. Am besten bleibst du morgen zu Hause.«
»Das wird sich kaum machen lassen.«
»Unsinn. Wenn du krank bist, willst du doch wohl nicht arbeiten. Es gibt außer dir auch noch andere Polizisten. Im Übrigen solltest du lieber schlafen, statt alte Berichte zu lesen. Den Taximord wirst du ja doch nie aufklären. Es ist halb zwei. Leg den Schmöker weg und mach das Licht aus. Gute Nacht.«
»Gute Nacht«, sagte Martin Beck mechanisch zur geschlossenen Schlafzimmertür.
Er runzelte die Augenbrauen und legte langsam den zusammengehefteten
Weitere Kostenlose Bücher