Endstation für neun
und heirate.«
»Haben Sie hier keine Frauen kennengelernt?«
»Schwedische Frauen sind nichts. Vielleicht Studenten und so können gute Frauen treffen. Gewöhnliche Arbeiter treffen nur eine Sorte. Wie diese blonde Malin.«
»Welche Sorte?«
»Hören.«
»Hören? Sie meinen, dass Sie für Frauen nicht bezahlen wollen?«
Horst Dieke verzog den Mund.
»Viele sind gratis. Trotzdem Hören. Gratishoren.« Nordin schüttelte den Kopf.
»Sie haben nur Stockholm gesehen, Horst. Schade.«
»Der Rest ist besser?«
Nordin nickte mit großem Nachdruck. Dann sagte er: »Und mehr fällt Ihnen zu dem Mann nicht ein?«
»Nein. Nur, dass er gelacht hat. So.«
Dieke öffnete den Mund und stieß erneut einen meckernden, schrillen und durchdringenden Schrei aus. Nordin nickte und ging.
Unter der nächstgelegenen Straßenlaterne blieb er stehen und holte sein Notizbuch heraus.
»Die blonde Malin«, murmelte er in sich hinein. »Fixerlöcher. Gratishuren. Was hat man sich nur für einen Beruf ausgesucht.«
Es war nicht mein Fehler, dachte er. Mein Alter hat mich gezwungen.
Auf dem Bürgersteig näherte sich ein Mann. Nordin zog seinen bereits schneebedeckten Jägerhut und sagte: »Entschuldigen Sie bitte, könnten Sie mir…« Der Mann warf ihm einen kurzen, misstrauischen Blick zu, senkte den Kopf zwischen die Schultern und beschleunigte seine Schritte.
»… sagen, in welcher Richtung die U-Bahn-Station liegt?«, sagte Nordin leise und verzagt zum feuchten, wirbelnden Schnee. Er schüttelte erneut den Kopf und notierte ein paar Worte auf der aufgeschlagenen Seite.
Pablo oder Paco. Weißer Amazon. Cafe an der Ecke Tegnergatan und Sveavägen. Das Lachen. Die blonde Malin, Gratishure. Anschließend steckte er Stift und Notizbuch ein, seufzte und stapfte aus dem Lichtkegel heraus.
21
Kollberg stand vor der Tür zu Äsa Torells Wohnung im zweiten Stock des Hauses in der Tjärhovsgatan. Mittlerweile war es acht Uhr abends, und er war trotz allem bekümmert und zerstreut. In der rechten Hand hielt er den Umschlag, den sie im Schreibtisch in Västberga gefunden hatten.
Das weiße Kärtchen mit Stenströms Namen hing noch über dem Messingschild.
Die Klingel schien nicht zu funktionieren, und er hämmerte getreu seiner Gewohnheit mit der Faust gegen die Tür. Äsa Torell öffnete sofort. Starrte ihn an und sagte:
»Ist ja gut, bin doch schon da. Tritt um Himmels willen nicht die Tür ein.«
»Entschuldige«, sagte Kollberg.
Es war sehr düster in der Wohnung. Er zog den Mantel aus und schaltete das Licht im Flur an. Die alte Polizeimütze lag wie beim letzten Mal auf der Hutablage. Das Leitungskabel der Türklingel war abgerissen und baumelte am Türpfosten herab. Äsa Torell folgte seinem Blick und murmelte: »Ein Haufen Idioten hat mir die Tür eingerannt. Journalisten und Fotografen und ich weiß nicht wer. Es hat dauernd geklingelt.«
Kollberg sagte nichts. Er ging ins Wohnzimmer und setzte sich auf einen der Safaristühle.
»Kannst du nicht Licht machen, damit wir uns wenigstens sehen?«
»Also ich sehe genug. Aber sicher, bitte, bitte, natürlich mache ich Licht.« Sie drückte auf den Lichtschalter, setzte sich jedoch nicht hin, sondern ging auf und ab, als wäre sie eingesperrt und wollte hinaus.
Die Luft in der Wohnung war muffig und abgestanden. Der Aschenbecher schien seit Tagen nicht mehr geleert worden zu sein. Das Zimmer wirkte generell unaufgeräumt und ungeputzt, und durch die offene Tür zum Schlafzimmer sah er, dass das Bett zerwühlt war. Vom Flur aus hatte er zudem einen Blick in die Küche werfen können, wo sich in der Spüle schmutzige Töpfe und Teller türmten.
Er betrachtete die Frau. Sie ging rastlos zum Fenster an der Straßenseite, machte abrupt kehrt und ging Richtung Schlafzimmer zurück. Blieb ein paar Sekunden stehen und starrte zum Bett hinüber, drehte sich erneut um und ging zum Fenster. Immer wieder.
Er musste den Kopf unablässig von links nach rechts und zurück drehen, um ihr mit den Augen folgen zu können, fast so, als sähe man sich ein Tennismatch an.
Äsa Torell hatte sich in den neunzehn Tagen, die seit ihrer letzten Begegnung vergangen waren, verändert. Sie hatte noch dieselben oder zumindest ähnliche dicke graue Wollsocken au den Füßen und trug dieselbe schwarze Hose. Ihre dunklen Haare waren kurz geschnitten und das Gesicht kantig. Aber die Hose war voller Flecken von herabgefallener Zigarettenasche, und die Haare waren ungekämmt und verfilzt. Der braune Blick
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