Endstation für neun
bezahle nur hundert Kronen für den Wagen. Aber ich bekomme ihn hin. Ich bin guter Reparateur.«
»Wie heißen Sie?«
»Horst. Horst Dieke.«
»Ich heiße Ulf. Ulf Nordin.«
Der Schweizer lächelte mit tadellosen weißen Zähnen. Er schien ein netter und gepflegter junger Mann zu sein. »Tja, Horst, Sie wissen also nicht, wen ich meine?« Dieke schüttelte den Kopf. »Nein. Tut mir leid.«
Nordin war nicht im Mindesten enttäuscht. Tatsächlich hatte er ja nur die Niete gezogen, die alle erwartet hatten. Wenn sie nicht so wenige Anhaltspunkte hätten, wäre diesem Hinweis sicher niemals nachgegangen worden. Aber er war noch nicht bereit, die Sache fallenzulassen, und im Übrigen verspürte er auch keine gesteigerte Sehnsucht nach der U-Bahn mit ihrem Gewimmel von unfreundlichen Menschen in durchnässten Kleidern. Der Schweizer versuchte ganz offensichtlich, ihm weiterzuhelfen, denn er sagte:
»Es gibt nichts anderes? Über den Typen, meine ich?« Nordin dachte nach. Schließlich sagte er: »Er hat gelacht. Laut gelacht.«
Die Züge des Mannes hellten sich augenblicklich auf. »Ah, ich glaube, ich weiß. Er lacht so.«
Dieke öffnete den Mund und stieß einen meckernden Laut aus, schrill und durchdringend wie der Schrei einer Bekassine. Das kam völlig überraschend, und Nordin brauchte ein paar Sekunden, um sich zu erholen. Schließlich sagte er: »Könnte sein.«
»Ja, ja«, sagte Dieke. »Ich weiß jetzt, wen Sie meinen. Kleiner, dunkelhaariger Mann.« Nordin wartete ab.
»Er ist vier oder fünfmal hier gewesen. Vielleicht auch öfter.
Aber seinen Namen kenne ich nicht. Er ist mit einem Spanier gekommen, der mir Ersatzteile verkaufen wollte. Er ist mehrere Male gekommen. Aber ich habe keine gekauft.«
»Warum haben Sie keine gekauft?«
»Billige. Sicher gestohlen.«
»Wie hieß dieser Spanier?« Dieke zuckte mit den Schultern.
»Weiß nicht. Paco. Pablo. Paquito. Etwas in der Art.«
»Was hatte er für ein Auto?«
»Gutes Auto. Volvo Amazon. Weiß.«
»Und dieser lachende Mann?«
»Weiß ich gar nicht. Er saß nur mit im Auto. Schien getrunken zu haben. Aber er fuhr ja auch nicht.«
»War er auch Spanier?«
»Glaube ich nicht. Eher Schwede. Aber ich weiß es nicht.«
»Lange her seit zuletzt?« Nordin riss sich zusammen und formte die Worte zu einem korrekten Satz.
»Wie lange her ist es, dass er zuletzt hier war?« Klang das wirklich richtig?
»Drei Wochen. Vielleicht auch zwei. Weiß nicht so genau.«
»Haben Sie diesen Spanier seither gesehen? Paco oder wie er hieß?«
»Nein. Ich meine, er wollte wieder nach Spanien zurückfahren. Brauchte Geld, deshalb wollte er verkaufen. Hat er jedenfalls gesagt.«
Nordin nahm sich wieder etwas Zeit zum Nachdenken.
»Sie haben gesagt, der Mann wirkte betrunken. Könnte er Drogen genommen haben? Rauschgift?«
Schulterzucken.
»Weiß nicht. Ich glaube, er hatte Schnaps getrunken. Obwohl, ein Süchtiger? Ja, warum nicht. Das sind hier ja fast alle. Hocken in ihren Fixerlöchern, wenn sie nicht rumlaufen und stehlen. Nicht wahr?«
»Sie wissen also gar nicht, wie er hieß oder genannt wurde?«
»Nein. Aber zweimal saß ein Mädchen mit im Wagen. Gehörte zu ihm, glaube ich. Ein großes Mädchen. Viel blonde Haare.«
»Und wie heißt sie…«
»Keine Ahnung. Aber man nennt sie…«
»Ja? Wie wird sie genannt?«
»Die blonde Malin, glaube ich.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe sie schon mal gesehen. In der Stadt.«
»Wo in der Stadt?«
»In dem Cafe in der Tegnergatan. Nähe Sveavägen. Wo alle Ausländer gehen. Sie ist Schwedin.«
»Die blonde Malin?«
»Ja.«
Nordin fielen keine Fragen mehr ein. Er betrachtete unschlüssig das grüne Auto und sagte:
»Ich hoffe, Sie kommen gut nach Hause.«
Dieke schenkte ihm sein ansteckendes Lächeln.
»Ja, das klappt.«
»Wann kommen Sie zurück?«
»Nie wieder.«
»Nie wieder?«
»Nein, Schweden ist schlechtes Land. Stockholm schlechte Stadt. Nur Gewalt, Drogen, Diebe, Schnaps.« Nordin entgegnete nichts. Im Großen und Ganzen war er der gleichen Meinung.
»Elend«, erklärte der Schweizer zusammenfassend. »Aber leicht für den Ausländer, Geld zu verdienen. Alles andere hoffnungslos. Ich wohne in einem Zimmer mit drei anderen. Bezahle vierhundert Kronen im Monat. Glatte Erpressung. Schweinerei. Weil es keine Wohnungen gibt. Nur Reiche und Verbrecher können es sich leisten, zum Essen ins Restaurant zu gehen. Ich habe Geld gespart. Fahre nach Hause, beschaffe eigene kleine Werkstatt
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