Endstation für neun
werden?«
»Ja.«
»Du bekommst garantiert ein bisschen Farbe ab«, sagte sie und knöpfte das Hemd auf.
20
Vor einem Haus am Klubbacken in Hagersten stand ein schneebedeckter Mann und schaute unschlüssig auf einen Zettel. Das Papier war durchnässt und löste sich bereits auf, weshalb es nicht einfach war, den Text im Schneegestöber und dem kärglichen Licht der Straßenlaternen zu entziffern. Dennoch schien es, als hätte er endlich gefunden, wonach er gesucht hatte. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und stieg die Eingangstreppe hinauf, stampfte energisch auf dem Treppenabsatz auf und klingelte. Er klopfte die nassen weißen Flocken von seinem Hut und blieb mit ihm in der Hand stehen, während er darauf wartete, dass sich etwas tat.
Die Tür öffnete sich einen Spalt, und eine Frau mittleren Alters schaute hinaus. Sie trug einen Putzkittel und eine Schürze und hatte Mehl an den Händen.
»Polizei«, sagte er heiser, räusperte sich und fuhr fort: »Erster Kriminalassistent Nordin.« Die Frau sah ihn ängstlich an.
»Können Sie sich ausweisen?«, fragte sie schließlich. »Ich meine…«
Er seufzte schwer, nahm den Hut in die linke Hand und knöpfte Ulster und Jackett auf. Suchte sein Portemonnaie heraus und zeigte ihr seinen Ausweis.
Die Frau verfolgte diese Prozedur mit angsterfüllten Augen, als erwartete sie, dass er eine Bombe oder ein Maschinengewehr oder auch ein Kondom hervorholen würde. Er überließ ihr seine Ausweiskarte nicht, und sie betrachtete sie kurzsichtig durch den kaum zehn Zentimeter breiten Türspalt.
»Haben Detektive nicht solche Dienstmarken?«, fragte sie zweifelnd.
»Doch, gnädige Frau, die habe ich auch«, sagte er schwermütig-Er trag seine Dienstmarke in der Gesäßtasche und fragte sich, wie er an sie herankommen sollte, ohne den Hut abzulegen oder aufzusetzen.
»Nun ja, es geht wohl auch so«, sagte die Frau unsicher. »Sundsvall? Sie kommen extra aus Nordschweden hierher, um mit mir zu sprechen?«
»Ich hatte auch noch ein paar andere Dinge in der Stadt zu erledigen.«
»Ja, entschuldigen Sie, aber Sie müssen verstehen, ich meine…« Sie verstummte.
»Ja? Was meinen Sie?«
»Ich meine, dass man heutzutage gar nicht vorsichtig genug sein kann. Man weiß ja nie…« Nordin überlegte, was er mit seinem Hut anstellen sollte. Dichte Schneeflocken fielen auf seinen Kopf und schmolzen auf seiner Glatze. Er konnte unmöglich mit dem Ausweis in der einen Hand und dem Hut in der anderen stehen bleiben, da es durchaus denkbar war, dass er sich etwas notieren musste. Ihn aufzusetzen war am praktischsten, mochte andererseits jedoch unhöflich erscheinen. Es kam ihm albern vor, ihn auf die Eingangstreppe zu legen. Vielleicht sollte er ja darum bitten, eintreten zu dürfen. Damit würde er die Frau allerdings zwingen, eine Entscheidung zu treffen. Sie musste entweder ja oder nein sagen, und wenn er sie richtig einschätzte, würde sich eine solche Entscheidung hinziehen können.
Nordin stammte aus einer Gegend, in der es üblich war, jeden Fremden in die Küche zu bitten, zu einer Tasse Kaffee einzuladen und sich am Herd aufwärmen zu lassen. Ein schöner und praktischer Brauch, dachte er. Möglicherweise war er in Großstädten nicht anwendbar. Er sammelte sich und sagte: »Bei Ihrem Anruf hatten Sie einen Mann und eine Garage erwähnt, nicht wahr?«
»Es tut mir schrecklich leid, wenn ich gestört habe…«
»Oh, wir sind Ihnen nur dankbar.« Sie wandte sich um und schaute in ihre Wohnung. Gleichzeitig zog sie die Tür fast völlig zu.
Vermutlich sorgte sie sich um ihre Kekse.
»Begeistert«, murmelte Nordin vor sich hin. »Überglücklich. Die Freude ist kaum zum Aushalten.« Die Frau öffnete die Tür wieder ein wenig mehr und sagte: »Wie bitte?«
»Ja, also, diese Garage…«
»Sie liegt dahinten.«
Er folgte ihrem Blick und sagte: »Ich sehe nichts.«
»Man sieht sie von der oberen Etage«, erläuterte die Frau. »Und dieser Mann?
»Tja, der wirkte seltsam. Und jetzt habe ich ihn schon seit Wochen nicht mehr gesehen. Ein kleiner, dunkelhaariger Kerl.«
»Behalten Sie die Garage ständig im Auge?«
»Na ja, also man sieht sie von meinem Schlafzimmerfenster aus…«
Sie errötete. Was habe ich denn jetzt wieder falsch gemacht, dachte Nordin.
»Sie gehört einem Ausländer. Eine Menge seltsamer Gestalten treibt sich da herum. Und man möchte doch gerne wissen…«
Es ließ sich unmöglich feststellen, ob sie sich unterbrach oder mit so leiser Stimme
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