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Endstation Kabul

Endstation Kabul

Titel: Endstation Kabul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Wohlgethan
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einer Häuserecke und sicherten unseren Bereich. Da kam auch schon mit einem Affenzahn der Jeep der QRF um die Ecke gejagt und bremste schlitternd vor uns ab. Wir schmissen unsere Ausrüstung auf die Ladefläche, und kaum war der Letzte eingestiegen und hatte sich noch nicht mal hingesetzt, gab der Fahrer Gas. Ich wurde gegen zwei meiner Kollegen geschleudert und fluchte. Plötzlich verzog mein Nebenmann angewidert das Gesicht und fragte: »Was stinkt hier eigentlich so bestialisch?« Wir schnupperten alle und mir wurde heiß und kalt. Durch die unsanfte Behandlung beim Einsteigen musste unser »Shit bag« in meinem Rucksack aufgegangen sein.
    Ich schluckte, räusperte mich und tat kund: »Ich weiß, was so riecht.« Die anderen sagen mich fragend an. Als ich mit meinem Bekenntnis fertig war, herrschte kurz Stille und danach unbändiges Gelächter. Eingehüllt in eine übelriechende Wolke und mit Höchstgeschwindigkeit rasten wir lachend wie die Kinder durch die Nacht zur »Kabul Garrison«, wo es alles andere als lustig zuging. Schon komisch, wie man sich verhält, wenn einem das Adrenalin durch den Körper pumpt. Es ist wie ein Kick, unbeschreiblich, man fühlt sich voller Tatendrang und unbesiegbar. Die gefährliche Situation, in der man sich befindet, spielt überhaupt keine Rolle mehr. Was ja auch sein Gutes hat, denn so bleibt man auch bei Gefahr leistungsfähig.
    Über Funk wurden wir permanent über die neuste Lageentwicklung vor der »Kabul Garrison« informiert. Wir wurden wieder ruhig und lauschten gespannt auf die Anweisung, wo wir in Stellung gehen sollten. Wenn alles glattliefe, würden wir in drei Minuten abgesetzt werden, und zwar hinter den Panzern mit den afghanischen Polizisten. Auf den Fahrzeugen der QRF befanden sich auch Panzerabwehrwaffen. Die Niederländer verwendeten die LAW, das steht für »Light antitank weapon« und ist eine leichte Panzerabwehrwaffe, die wohl besser als »Bazooka« bekannt ist. Sie hat ein kleines Rohr zum Auseinanderziehen, ist nur aus kurzen Distanzen zu gebrauchen und hat eine geringe Durchschlagskraft. Aber auch ein schwereres Modell, nämlich die AT-4, war vorhanden. Deutlich größer als die LAW, aber auch schwerer und durchschlagkräftiger. Weil wir keine Ahnung hatten, wie die russischen Panzer ausgestattet waren, gingen wir auf Nummer sicher und nahmen die größeren AT-4.
    An unserem befohlenen Platz saßen wir ab und verteilten uns hinter den Panzern, vor denen sich die afghanischen Polizisten in Position gestellt hatten. Wir meldeten über Funk, dass wir bereit waren, und schon riefen und pfiffen wir den vor uns in Stellung liegenden afghanischen Polizisten zu. Das war die schnellste und effektivste Weise, um auf uns aufmerksam zu machen. Erst drehte sich ein Kopf nach diesem komischen Pfeifkonzert um und erstarrte, dann folgten weitere, und schließlich brach vor uns die nackte Panik aus. Sie hatten wohl die Schützen mit den Panzerfäusten erkannt. Zwei Polizisten rannten sich sogar gegenseitig über den Haufen, was natürlich für unterdrücktes Gekicher auf unserer Seite sorgte. Alles in allem hatte unser Auftauchen einen sehr positiven Effekt: Die Polizisten saßen zügig auf die Panzer auf und brausten davon. Sie fuhren einfach so davon. Selbst für das obligatorische Schimpfen und Bespucken blieb keine Zeit.
    Nun war es an uns, konsterniert dreinzublicken. Damit hatten wir nicht gerechnet. Schon eher mit einer endlosen Diskussion, wie sonst üblich. Die eine Hälfte unseres Teams blieb in Stellung, während die andere in die Garrison ging, um dort das Vorgehen der restlichen Teile zu sichern. Das Ganze dauerte keine drei Minuten, da war das gesamte Kommando innerhalb der Ummauerung, die sich um diese Polizeistation zog. Die Gefechtsstände machten sich ebenfalls marschbereit, die Ausrüstung wurde verpackt und die Fahrzeuge wurden noch einmal vor Fahrtbeginn routinemäßig überprüft. Gegen Mittag rückten alle ab in Richtung Warehouse. Im Camp kümmerte ich mich gleich um die fiese Stinkbombe, die ich noch immer mit mir herumschleppte. Mit viel Wasser, Seife und einer Bürste bearbeitete ich meinen Rucksack. Hätte ich einen zweiten gehabt, ich hätte den alten kurzerhand verbrannt. Nach dem obligatorischen »Back brief«, bei dem die Operation resümiert wurde, ließen wir den Abend locker ausklingen. Die Operation »Sabre« war geschafft.
    In den nächsten Tagen wurden die beiden »Verursacher« dieser Krise, die zwei Fallschirmjäger, aus dem Land

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