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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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mich erinnerst, sonst wäre ich noch aus Versehen zu ihm zurückgekehrt«, Elfie trank ihr Glas aus.
    »Was macht deine Scheidung?«, fragte Marie.
    »Es geht nur noch um Geld, um Zugewinn und so, ich wünschte, es wäre endlich vorbei«, Elfie trank erneut ihr Glas aus.
    »Lass’ dich nur nicht über den Tisch ziehen«, riet Doris.
    »Das musst gerade du mir erzählen, dein Mann ist doch schon seit wie vielen Jahren weg?«
    »Zehn«, antwortete Doris.
    »Und immer noch keine Scheidung in Sicht?«
    »Leo hat kein Geld, die müsste ich dann auch noch bezahlen, außerdem ist mir der Familienstand verheiratet lieber als geschieden oder alleinstehend. Man genießt mehr Respekt.«
    Auch Doris leerte ihr Glas. Elfie schenkte ihr den Rest aus der Flasche ein.
    »Dann heirate doch Walde!«
    Britta kam raus und sagte zu Elfie: »Es sind nur noch zwei Gäste an der Theke.«
    »Hast du dich für einen entschieden?«, fragte ihre Chefin. Britta nickte.
    »Gut, dann gibt’s noch ein Getränk und dann ist Schluss.«
    *
    Jo spürte einen Fremdkörper im Mund. Hatte sich etwas von dem Luftautomat gelöst? Er fühlte mit der Zunge, das kleine Ding war hart, metallisch. Er musste aufpassen, dass er es nicht verschluckte. Ein stechender Schmerz ließ ihn zusammenzucken. Beim nächsten Einatmen war er wieder da, als würde ein Messer in den Kiefer gebohrt.
    Er fühlte noch mal. Trotz des hindernden Luftautomaten fand seine Zunge die Lücke im Backenzahn des rechten Unterkiefers. Jeder Atemzug wurde von einem stechenden Schmerz begleitet, wenn die kalte Luft am frei liegenden Nerv vorbeigeblasen wurde. Ausgerechnet jetzt hatte er eine Zahnfüllung verloren. Die Luft in der nicht isolierten Flasche hatte die Temperatur des acht Grad kalten Moselwassers angenommen und wurde durch die Bewegung, die beim Einatmen entstand, noch kälter.
    Am Grund lag ein besonders dicker Steinbrocken. Jo verschnaufte wieder und strahlte mit der Lampe einen Schwarm junger Barsche an, die gebannt vom Licht reglos verharrten. Erst als er die Lampe in eine andere Richtung schwenkte, verschwanden sie wie der Blitz.
    Das Finimeter zeigte, dass er nur noch hundert Bar in der Flasche hatte. Die Hälfte der Luft war schon nach knapp einer halben Stunde verbraucht. Das lag sicher an der anstrengenden Fortbewegung und der Kälte des Wassers. Diese beiden Faktoren hatten seinen Sauerstoffverbrauch in die Höhe getrieben. Wenn er nicht bald das Schiff fand, musste er umkehren.
    Was war mit der Strömung los? Sie kam nicht mehr so stark von vorn. Ein Blick auf den Kompass zeigte ihm, dass seine Richtung weiter stimmte. Das konnte nur bedeuten, dass ein größeres Hindernis die Strömung umlenkte. Dicht vor ihm tauchte eine schwarze Wand auf. Wo er auch hinleuchtete, überall war dieses Ungetüm. Es lag eindeutig auf dem Grund, nirgends war eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. Jo schwamm daran entlang. Kein Zweifel, es war das Wrack der Populis.
    An einer Ankerkette zog er sich nach oben. Die Strömung traf ihn mit voller Wucht, er packte die Deckkante des Schiffes. Der Tiefenmesser zeigte zwei Meter an. Das Licht der Lampe würde man an der Oberfläche nicht sehen, aber die verräterischen Luftblasen seines Atems ließen sich nicht verbergen. Er musste so schnell wie möglich in das Schiff hinein. Was da vor ihm verschwommen auftauchte, war eine Tür. Für einen Moment überlegte er, ob sie zum Steuerhaus gehörte oder zur Kombüse. Sie war zu klein. Sie gehörte zu einem Wagen. Hier stand ein Auto.
    Jo tauchte tiefer. Er fand große Öffnungen. Das waren die Fenster zur Schiffswohnung. Das Glas hatte dem Druck der Strömung nicht standgehalten.
    Er überlegte kurz hineinzutauchen. Noch zwanzig Minuten Tauchzeit bei sechzig Bar Luftvorrat. Das, was er suchte, befand sich sicher nicht in der Wohnung. Sein Schatzsucherinstinkt war erwacht. Er tauchte mit dem Oberkörper in eines der Fenster. Die Lampe beleuchtete ein Chaos aus Stühlen, Regalen und Kleinteilen. In einem Ohrensessel, der in seiner ursprünglichen Stellung eingeklemmt wurde, hatte sich ein Haufen Sand angesammelt.
    Weiter vorn hing ein schiefes Gestänge. Das müsste das Führerhaus gewesen sein. Es dürfte nicht mehr lange dauern und es würde vom Wasser gänzlich flach gedrückt werden.
    Jo hangelte sich dahinter an der Verkleidung des Laderaumes entlang, dem Vorschiff entgegen. Immer wieder tastete und leuchtete er die gerillten Bleche der Abdeckung ab. Er musste schon weit über das Mittelschiff hinaus

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