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Endstation Mosel

Endstation Mosel

Titel: Endstation Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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bewegte sich vorsichtig. Sobald ihm das Wasser bis zu den Hüften reichte, atmete er tief ein und ging in die Hocke.
    Die Strömung warf ihn fast nach hinten um. Er hielt sich mit den Händen am Ufergestrüpp fest, das vom Hochwasser überspült wurde. Jo machte sich lang und schwamm mit kräftigen Beinzügen los. Um nicht allzu stark abgetrieben zu werden, tauchte er nur langsam in tiefere Regionen ab. Der Schein der Lampe reichte nicht weiter als einen Meter.
    Jo spürte, wie der Druck auf seine Ohren stärker wurde. Mit der linken Hand drückte er den Nasenerker der Brille zu und presste Atem in die Nase, bis es in den Ohren knackte. Er hielt sich dicht über dem Grund. Ein größerer Stein wurde von der Lampe angestrahlt. Jo hielt sich daran fest und ruhte die überanstrengten Beine aus. Kaltes Wasser lief an Hand-, Fußgelenken und Hals in den Anzug. Jetzt musste er mit seiner Körperwärme gegen die Kälte ankämpfen.
    Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er bereits zehn Minuten unterwegs war. Der Zeiger des Thermometers stand auf acht Grad Celsius.
    Jo ließ die ausgeschaltete Lampe an der Schnur baumeln und nahm beide Hände zu Hilfe, um sich neben den Kraulbewegungen der Beine gleichzeitig mit den Armen, sofern etwas am Grund zu packen war, vorwärts zu ziehen. Um ihn war nichts als undurchdringliche Schwärze.
    Sein Zeitgefühl orientierte sich am Kraftverlust seiner Beinmuskulatur. Bald musste er wieder eine Pause einlegen. Schon längere Zeit hatten seine Hände am Grund nur in Kies gegriffen, der keinen Halt bot.
    Für einen Moment zweifelte Jo daran, gegen die Strömung überhaupt Boden gut zu machen. Wurde er vielleicht sogar zurückgetrieben? Seine Hände griffen in dünnen Bewuchs, der aber noch nicht stark genug war, um ihn halten zu können.
    Plötzlich bekam er einen heftigen Schlag gegen die Brille. Etwas Großes hatte ihn gerammt. Es drückte gegen ihn, genau an der Stelle, wo die Lampe baumelte. Er nahm die zweite Hand vom Boden und stemmte sich mit aller Kraft gegen den harten Körper. Dabei verlor er die Orientierung.
    Die Strömung kam jetzt von der Seite. Als er die Lampe anschaltete, warf sie Sekundenbruchteile ihr Licht auf ein rundes schwarzes, sich in Rollbewegung schnell entfernendes Ding. Es musste ein Autoreifen gewesen sein, der von der Strömung über den Grund mitgerissen worden war.
    Jo ließ die Lampe an und nahm sie im Wechsel in diejenige Hand, die vom Voranziehen auf dem Boden ermüdet war. Nach 25 Minuten war von der Populis immer noch keine Spur. Hatte er sie verfehlt? Der Kompass zeigte, dass die Richtung, in die er unterwegs war, stimmte. Er gab noch weitere fünf Minuten zu. Dann wäre er gezwungen, aufzutauchen und sich auf die Gefahr hin, entdeckt zu werden, neu zu orientieren.
    *
    Marie hielt sich mit dem trockenen Soave zurück. Dennoch lachte sie am lautesten über Elfies Erzählungen aus ihrer Zeit als Betreiberin eines Hotels mit Restaurant, Metzgerei und Partyservice in einem kleinen Winzerdorf hinter Bernkastel-Kues. Vieles war weniger zum Lachen, weil Elfies Leben bis vor zwei Jahren, als sie ihren erwachsenen Kindern aus dem Haus folgte, nur aus einer absurden Plackerei bestanden hatte.
    »Uli hat immer befürchtet, mein Exmann, der Metzger, würde eines Tages mit dem Hackebeil auftauchen und ihm das ein oder andere lieb gewordene Glied abhacken.«
    »Du meinst die an der Hand, die er als Keyboarder …« Maries Kichern hallte über den leeren Marktplatz, wo nur noch versprengte Nachtgestalten unterwegs waren.
    »Was hast du eigentlich in deinem Mineralwasser?«, fragte Doris.
    »So viel, dass ich gleich noch mit gutem Gewissen nach Hause fahren kann«, spielte Marie auf den ausgiebigen Weinkonsum ihrer beiden Freundinnen an.
    Damit gab sie Elfie das Stichwort, die Wein in Doris’ und ihr eigenes Glas nachschenkte.
    »Und, ist er gekommen?«, fragte Marie.
    »Wer ist gekommen?« Elfie stand auf dem Schlauch.
    »Dein Ex, der Harmann mit dem Hackebeil?«
    »Nein, der Hermann«, Elfie betonte das H und das E. »Das war kein Brutaler oder so, wenn du auf den Metzger anspielst. Sonst hätte ich es mit ihm bestimmt keine zwanzig Jahre ausgehalten. Der war auch nicht verkehrt, bis auf seine Arbeitshaltung.«
    »Das hast du aber schön gesagt, Arbeitshaltung«, flötete Doris. »War das nicht ein Workaholic ersten Ranges, der von dir verlangt hat, dich neben dem Haushalt noch um Partyservice, Restaurant und Hotel zu kümmern, dein Hermännchen?«
    »Danke, dass du

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