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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
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sowohl dieser Junge als auch Marco aus einer Pflegefamilie abgehauen sind, müssen die beiden doch nicht identisch sein!«
    Aber tief in meinen Eingeweiden wusste ich: Sie sind es!
    »Okay«, sagte ich mir, »wenn das so ist, dann muss ich Marco auftreiben, bevor die Grimme ihn findet. Und am besten rufe ich direkt Tina Gruber an.«
    Tina Gruber ist Polizeikommissarin. Wir hatten uns im Winter kennengelernt, und wenn es so etwas wie einen anständigen Bullen gibt, ist sie das. Sie ging nicht ans Handy. Ich suchte mir die Nummer des Polizeipräsidiums heraus und fragte mich durch bis zu einem ihrer direkten Kollegen. Erfuhr, dass sie Urlaub hatte. Am Montag wieder zurück sein würde. Ob er mir weiterhelfen könnte? Ich beschloss, bis Montag zu warten. Und in der Zwischenzeit die Kids zu finden und in Sicherheit zu bringen.
    Nachdem ich schon aufgelegt hatte, dachte ich plötzlich: Wenn doch nicht Marco der Junge ist? Dann muss die Polizei die Frau sofort verhaften, damit sie nicht einen anderen Jungen weiterquälen kann! Aber mein Instinkt blieb dabei: Es ist Marco. Und meinem Instinkt kann ich meistens trauen.

ACHT
    Ich ging rüber zu Hertha, holte Nele aus ihrem Zimmer, setzte mich an den Küchentisch und erzählte den beiden von dem Notizbuch. Hertha starrte mich mit offenem Mund an. Sie hat ihr Leben lang angeschafft, sie hat auch ziemlich üble Freier gehabt und überhaupt einiges erlebt, aber diese Dimensionen menschlichen Verhaltens waren ihr neu. Nele war kreidebleich, hatte beide Hände zu Fäusten geballt und zischte schließlich: »Ich bring sie um.«
    »Wir müssen jetzt erst mal die Kiddies finden, und zwar sofort«, wandte ich ein. »Und mit sofort meine ich: jetzt. Wo wohnt dieser Hotte-Opa?«
    »Ich hab keine Ahnung«, stöhnte Nele, »Ich weiß noch nicht mal, wie der in echt heißt. Scheiße!« Sie schlug mit der Faust auf den Tisch.
    Hertha schob den Aschenbecher wieder zu sich herüber und zündete sich eine an. »Gib mir mal dein Handy.«
    Ich hielt es ihr hin.
    »Nö, mach du. Ich kann die Dinger nich leiden. Also: Wähl mal …«
    Ich tippte die Nummer ein und reichte ihr das Handy.
    »Kalle? Ja, ich bin’s. Hörma, kennst du ‘n Hotte?« – »Ja, keine Ahnung. Ausm Klingelpütz. Oder von der Arbeit.«
    Sie wandte sich an uns. »Wie alt is der?«
    »So um die fünfzig?«, riet Nele.
    »So um die fünfzig«, beschied Hertha ihren alten Kumpel. Der, wie ich wusste, in derselben Branche wie Hotte tätig war.
    Hertha hörte eine Weile schweigend zu, dann fragte sie Nele: »Hat der ‘n Sohn, wo ‘n Junkie war?«
    »Ja!«, rief Nele und sprang vor Aufregung auf.
    »Weil dem sein Enkelchen in Lebensgefahr is««, sagte Hertha ins Telefon. »Wir müssen den Jungen finden, sag den Jungs ma Bescheid, die sollen den Hotte auftreiben, aber dalli!«
    Sie gab mir das Handy zurück. »Der Kalle kümmert sich.«
    »Der Marco is aber nich der Enkel vom Hotte«, wandte Nele etwas kläglich ein, »der is …«
    »Is doch drissegal jetzt.« Hertha stand auf, zog sich die Schuhe an, stellte die Handtasche auf den Tisch und setzte sich, startbereit, wieder hin.
    Wir hibbelten auf unseren Stühlen und warteten auf den Anruf. Zehn Minuten später klingelte das Telefon.
    »Merheimer«, verkündete Hertha und war schon auf dem Weg zur Tür. »Du bleibst hier und hältst die Stellung«, wies sie Nele an, die gleichfalls aufgestanden war.
    »Kommt nicht infrage!«
    »Und was is, wenn die Kinder grade jetzt vorbeikommen, und keiner ist da?«
    »Hertha«, mischte ich mich ein, »vielleicht wäre es sinnvoller, wenn Nele mitkommt und du hierbleibst. Nele kann einfach schneller laufen.«
    »Aber der Hotte kennt sie nicht.«
    »Und ob der mich kennt! Der hat mich doch mit der Chantal schon mal gesehen, damals.« Nele stand bereits in Tür. »Komm, jetzt, Katja, wir haben’s eilig!«
    Auf der Straße fragte ich: »Kennst du diesen Hotte wirklich?«
    »Nö. Aber die Kids werden ja jetzt nicht da sein, tagsüber. Und dann müssen wir rumlaufen, die suchen, und das schafft die Hertha mit ihrem Knie nicht!«
    Wir marschierten die Neusser hoch, bogen an der Merheimer erst mal in die falsche Richtung ab, liefen zurück und fanden endlich die richtige Hausnummer. Es war einer dieser tristen Sechziger-Jahre-sozialer-Wohnungsbau-Blocks, deren Fassaden seither vor sich hin grauen. Wir läuteten Sturm. Nichts. Noch mal eine Minute Finger auf der Klingel. Eine schnarrende wütende Stimme: »Wat is?«
    »Ich brauch mal die

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