Endstation Oxford
doch geworden ist. Je länger das Fest dauerte, desto mehr spürte man es.«
»Ja, das habe ich auch gedacht. Wenn sie müde wird, neigt sie dazu, alles durcheinanderzubringen.«
»Haben Sie auch ihre Tochter kennengelernt?«
»Ja«, antwortete Kate, öffnete das zweite Buch und signierte es.
»Ich habe den Eindruck, dass Diane ihr nicht guttut. Sie ist so dominant, dass die arme Adela in ihrer Nähe nur noch verwirrter wird«, stellte Frances fest. »Ich glaube, je älter man wird, umso wichtiger ist es, die Kontrolle über das eigene Leben zu behalten. Worum wollte Diane sich denn dieses Mal kümmern?«
»Sie sprach von Victor Carstons Büchersammlung und hat Adela beschuldigt, sie für einen Spottpreis verkauft zu haben.«
»Ich habe ebenfalls gehört, dass Adela einige Bücher veräußert haben soll, und möglicherweise hat Diane nicht ganz unrecht. Ich glaube kaum, dass Adela den Wert ihrer Bücher einschätzen konnte.«
»Ja, wissen Sie denn, wie viel sie wert waren?« Die kühne Frage blieb einen Moment im Raum stehen, während Kate ihr drittes Buch in Angriff nahm.
»Nicht wirklich. Ben und ich haben die Sammlung nie gesehen. Ich weiß zwar, dass sie ziemlich umfangreich war, aber niemand hat je genau erfahren, was Victor besaß und wo und wie er die Bücher lagerte. Er war ein Geheimniskrämer und hielt alles streng unter Verschluss. Ich stelle mir vor, wie er ganz allein in diesem Zimmer saß und mit diebischer Freude seinen Schatz hütete. Im Erdgeschoss konnte ich nie etwas entdecken, und als ich Adela einmal danach fragte, fiel die Antwort sehr unbestimmt aus.«
»Sie erwähnte den Keller«, warf Kate ein.
»Um Himmels willen!« Frances lachte mitleidig auf.
»Dann sind Ihnen die Katzen also auch bekannt?« Schon hatte Kate das vierte und fünfte Buch in ihrer üblichen Geschwindigkeit signiert.
»Nie würde ich eine Katze auch nur in die Nähe eines wertvollen Buches lassen. Das alles hört sich nicht sehr gut an«, meinte Frances.
»Ärgern Sie sich nicht, dass Peter Hume die Sammlung gekauft hat?«
Mit einem Mal wurde es sehr still. »Wie kommen Sie darauf?«, fragte Frances schließlich. »Sind Sie sicher, dass er sie bekommen hat?«
»Es hörte sich ganz danach an«, nahm Craig den Gesprächsfaden auf. »Ich könnte mir vorstellen, dass die Antiquare der Umgebung großes Interesse daran hatten, zumindest die vielversprechenden Bücher nach Victors Tod zu kaufen.«
»Mag schon sein, aber niemand hat es je geschafft, Victors Katalog einzusehen. Und im Lauf der Jahre gerieten Victor und seine Bücher zunehmend in Vergessenheit.« Frances klappte jetzt die Bücher für Kate auf, um das Signieren zu beschleunigen. »Um ganz ehrlich zu sein: Wenn die Bücher tatsächlich in einem schlechten Zustand sind, hätten wir sie ohnehin nicht haben wollen, und falls sie so gut erhalten und so zahlreich sind, wie die Gerüchte behaupten, hätten wir sie wahrscheinlich gar nicht bezahlen können.«
»Haben Sie Peter noch einmal gesehen, nachdem er die Sammlung gekauft hat?«
»Im November kam er einmal kurz vorbei und wollte Ben sprechen«, sagte Frances langsam. »Mein Bruder war aber an diesem Tag in Gloucestershire, um sich die Sammlung eines Verstorbenen anzusehen. Ich erinnere mich noch, dass er unverrichteter Dinge zurückkehrte. Peter erwähnte nicht, dass er mit dem Gedanken spielte, Victors Bücher zu kaufen, aber vielleicht hatte er es ja auch schon getan. Zumindest schien er an jenem Tag sehr zufrieden mit irgendetwas zu sein, aber natürlich weiß ich nicht, um was es dabei ging.«
»Wollte er mit Ben über etwas Bestimmtes sprechen?«
»Wenn ich es mir rückblickend überlege, startete er offenbar einen Versuchsballon. Er sprach über Adela Carston, ihr Alter und dass sie knapp bei Kasse zu sein schien. Ich kann das nicht so recht glauben, denn Victor hatte gut für sie vorgesorgt, das wusste jeder. Peter schien sich für unsere Beziehung zu Adela zu interessieren. Damals ging ich davon aus, dass er nur Smalltalk machte, aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.«
»Wie gut kennen Sie Adela?«, erkundigte sich Kate, während sie die Bücher ordentlich aufeinanderstapelte und ihren Füller in der Handtasche verstaute.
»Nicht besonders gut. Unser Vater war näher mit Victor bekannt, aber das war in der Zeit, als wir noch hauptsächlich neue Bücher verkauften. Ben besucht Adela dann und wann, um nach ihr zu sehen. Er sagt, dass sie ihn manchmal kaum erkennt.«
»Vielleicht
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