Endstation Oxford
meinte er zu Estelle? War er nicht besorgt?«
»Er schimpfte ein bisschen, wollte aber nichts unternehmen, um sie zurückzubekommen.«
»Hat er zugegeben, dass er mit den Büchern einen dicken Profit machen kann?«
»Er hat überhaupt nichts zugegeben. Montag rief ich ihn erneut an und erklärte ihm, dass ich mich mit einer dreibändigen Ausgabe von Tolkiens Der Herr der Ringe zufriedengeben würde, falls er eine hätte. Er sagte nur: ›Zu spät, mein Freund!‹«
»Dann ist es also möglich, dass es tatsächlich Adelas Bücher waren, die für 50 000 Pfund verkauft wurden.«
»Haben Sie das auch gelesen?«
»Ja, und zwar sowohl in der Oxford Times als auch im Independent .«
»Es war ungefähr eine Woche vor Weihnachten. Er hat mehr daran verdient, als er Adela für die ganze Sammlung gegeben hat«, ärgerte sich Austin.
»Aber hat er Sie nur auf den Arm genommen oder tatsächlich zugegeben, dass er die Ausgabe Ihrer Großmutter für diese Summe verkauft hat?«, fragte Craig.
»Der Mistkerl hat überhaupt nichts zugegeben. Er wiederholte einfach nur ständig, dass Adela ihm eine Büchersammlung angeboten hätte, dass er sie gefragt habe, wie viel sie dafür wolle und dass er ihr schließlich freiwillig mehr bezahlt habe. Angeblich hat er nicht einmal Zeit gehabt, die Bücher alle zu sichten, sondern hat sie nur auf Verdacht erworben und damit ein großes Risiko in Kauf genommen. Und wenn er das eine oder andere Buch für einen guten Preis verkauft habe, läge das ausschließlich an seinem über die Jahre hinweg erworbenen Fachwissen. Er behauptet, sofort zu wissen, ob er Qualität vor sich habe oder nicht, und dass es durchaus sein könne, dass der Rest der Sammlung überhaupt nichts wert ist.«
»Wann haben Sie Estelle freigelassen?«, fragte Kate weiter.
»Mittwochmorgen, gleich in der Frühe«, antwortete Austin. »Ich konnte sie einfach nicht länger festhalten. Jeden Tag habe ich versucht, sie zu überzeugen, dass Peter Hume Adela hereingelegt hat, aber sie ließ sich nicht von ihrer Meinung abbringen. Außerdem versuchte ich, Hume zu einem Handel zu überreden, wenn er seine Frau unversehrt zurückhaben wolle, aber auch er ließ sich auf nichts ein. Schließlich dachte ich mir, dass sie ihm bei ihrer Rückkehr nach London sicher ein paar Takte sagen würde. Ich forderte sie auf, selbst nach der Wahrheit zu suchen und ihn dann zu überreden, das Richtige zu tun. Ich brauche nur ausreichend verkäufliche Bücher, um die Baustelle wieder ans Laufen zu bringen. Oder er soll mir einen Teil seiner bereits erzielten Erlöse überlassen. Ich weiß nicht, ob sie wirklich verstanden hat, worum es mir geht, aber ich musste sie gehen lassen. Selbst Peter Hume hätte irgendwann die Polizei alarmiert.«
»Hatten Sie keine Angst, dass Estelle gleich nach ihrer Freilassung zur Polizei gehen würde?«
»Es war offensichtlich, dass sie nicht wollte, dass die dubiosen Geschäftspraktiken ihres Ehemannes in der Öffentlichkeit breitgetreten werden. Immerhin hat sie einen Ruf zu verlieren.«
»Gegen Mittag haben Sie Peter dann erneut angerufen, nicht wahr?«, fuhr Kate fort.
»Genau. Woher wissen Sie das?«
»Ich war gerade bei ihm und habe mit ihm geredet. Sie dachten, dass Estelle inzwischen zu Hause wäre, doch das war nicht der Fall. Und seitdem hat niemand etwas von ihr gesehen oder gehört.«
»Haben Sie eine Ahnung, wohin sie gegangen sein könnte?«, fragte Craig.
»Ich bot ihr an, sie zum Bahnhof zu fahren, aber sie meinte, sie wolle lieber laufen, nachdem sie so lang eingesperrt war. Ich weiß wirklich nicht, wo sie hinging. Sicher kennt sie einige Leute hier in Oxford – Sie zum Beispiel«, fügte er hinzu und zeigte auf Kate.
»Nun, zu mir ist sie jedenfalls nicht gekommen, denn dann würde ich jetzt nicht nach ihr suchen. Um wie viel Uhr hat sie die Wohnung verlassen?«
»Ziemlich früh. Ungefähr um halb acht morgens.«
»Um diese Zeit muss es draußen noch stockfinster gewesen sein.«
»Schon, doch es waren bereits Leute unterwegs. Die Straßenbeleuchtung brannte, und von Jericho zum Bahnhof sind es keine zehn Minuten.«
»Was ist mit ihrem Handy?«
»Das hatte ich völlig vergessen. Sie aber auch. Erst später am Morgen stellte ich fest, dass es noch bei mir war. Ich wollte es natürlich nicht behalten und schickte es ihr per Post. Allerdings hätte es ihr ohnehin nichts genützt, weil die Batterie leer war. So, das war jetzt aber wirklich alles«, fügte Austin hinzu. »Ich habe meinen
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