Endstation Sehnsucht - Endstation Glueck?
ist mit dem 82-jährigen Chef? Hast du den entlassen?“
„Es war keine feindliche Übernahme. Edward Cable ist ein alter Freund meines Vaters. Er kam zu mir und bat mich darum, ihn aufzukaufen. Eines der großen Verlagshäuser wollte seine Firma übernehmen, aber Edward wollte nicht an sie verkaufen. Die hätten seinen Verlag aufgelöst, nur das behalten, was rentabel ist, und keine Rücksicht auf die Angestellten genommen. Ich verfüge über keinerlei Erfahrung im Verlagswesen und bin an dem Bereich eigentlich auch überhaupt nicht interessiert, aber …“
„Aber du fühltest dich moralisch verpflichtet.“
„Oder aber meine sensible Seite hat sich endlich behaupten können.“
Jennifer wünschte sich, dass er endlich damit aufhören würde, sie andauernd zum Lachen zu bringen.
„Ich konnte es mir leisten, den Verlag zu kaufen, und Edward war mir sehr dankbar. Außerdem glaube ich wirklich, dass die Firma Potenzial hat und in der Lage ist, den kleinen Verlag, den ich dir anvertrauen will, mitzufinanzieren. Ich nehme an, dass die Dinge in der Vergangenheit sowieso bereits auf diese Weise gehandhabt wurden.“
„Aber wenn die Firma wirklich rentabel ist, warum wollte der alte Inhaber sie dann loswerden?“
„Weil die Gewinne von Jahr zu Jahr zurückgehen und weil Edward keine Familie hat. Es gibt keine Kinder, die ihn beerben könnten. In der heutigen Welt ist kein Platz für Familienunternehmen, es sei denn, diese werden extrem effizient gemanagt und verfügen über bestens ausgestattete IT-Abteilungen, die bereit sind für die Herausforderungen des einundzwanzigsten Jahrhunderts.“
„Ich werde über deinen Vorschlag nachdenken.“ Sie stand auf, streckte sich und ging gedankenversunken in die Küche.
Sollte sie die Stelle annehmen, obwohl sie dann für James arbeiten würde? Früher hätte sie sein Angebot ohne nachzudenken sofort ausgeschlagen. Jetzt war die Situation jedoch komplizierter. Sie wusste nun, dass er nicht der Bösewicht war, für den sie ihn noch bis vor Kurzem gehalten hatte. Außerdem konnte sie sich vorstellen, dass ihr der Job viel Spaß machen würde. Und vielleicht könnte sie den Verlag sogar in die schwarzen Zahlen führen. Sollte sie sich so eine Möglichkeit wirklich entgehen lassen, nur James’ und ihres Stolzes wegen?
Jennifer begann mit den Vorbereitungen für das Essen. Es war so gut wie kein frisches Gemüse mehr da, deswegen griff sie auf Konserven zurück. Die Vorratskammer ihres Vaters war so gut ausgestattet, dass sich eine kleine Familie von den Vorräten mehrere Wochen lang ernähren konnte.
Jennifer war gerade dabei, eine Dose zu öffnen, als sie James’ tiefe, samtene Stimme an der Tür hörte. Sie drehte sich um und sah, dass er gegen den Türrahmen lehnte. Ihr Puls begann sofort, sich zu beschleunigen. Wie kam es nur, dass seine Gegenwart immer diese Wirkung auf sie hatte?
„Kann ich dir helfen?“ Er drückte sich mit den Händen vom Türpfosten ab, schlenderte in die Küche und sah ihr über die Schulter. „Was gibt es denn?“
„Nichts.“
Er nahm das Kochbuch, das sie neben sich liegen hatte, und las sich das Rezept durch. Dann begann er die Zutatenliste laut vorzulesen und sie mit dem zu abzugleichen, was sich auf der Arbeitsfläche fand.
Jennifer nahm ihm das Buch aus den Händen. Es war unmöglich für sie, sich in seiner Nähe zu konzentrieren.
„Es ist dir nicht erlaubt, dich hier aufzuhalten!“, informierte sie ihn förmlich. „Du solltest lieber etwas arbeiten. Ich habe mir schließlich die Mühe gemacht, meinen Schminktisch ins Wohnzimmer zu schleppen, weil dir der Couchtisch und das Sofa nicht ausreichten.“
„Du tust gerade so, also ob ich schwierig wäre.“
Ihr Blick wanderte zu seinen Händen. Er hatte sich eine Zwiebel genommen und war im Begriff, sie zu schälen.
„Du bist schwierig“, grummelte Jennifer. „Die meisten Menschen wären schon irgendwie zurechtgekommen.“
„Das hier ist gar nicht so einfach.“
„Hast du noch nie eine Zwiebel geschält?“
„Wenn du mich ansiehst, hast du deine Antwort.“
Jennifer sah in sein Gesicht. Er rieb sich mit einer Hand seine tränenden Augen.
„Du bist die einzige Frau, die mich zum Weinen bringt“, murmelte er. Sie fühlte, wie sie vor Scham errötete. Dann schalt sie sich innerlich, denn es war offensichtlich, dass er sie nur provozieren wollte. Er hatte sie schon immer gerne auf den Arm genommen. Vor Jahren hatte er ihr einmal gesagt, dass er es mochte, wenn sie
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