Endstation Sehnsucht - Endstation Glueck?
werden. Zum ersten Mal in ihrem Leben dachte sie an die verhängnisvolle Nacht zurück und versuchte, ihr früheres Ich mit seinen Augen zu betrachten. Sie sah jemanden, der jung, naiv, verliebt und leicht zu beeindrucken war. Wie unattraktiv. Jennifer schüttelte den Kopf.
„Ich weiß! Du musst mich sehr langweilig gefunden haben.“
„Du langweilig? Niemals!“
„An wen hast du denn bei der Stelle gedacht?“ Sie versuchte, schnell das Thema zu wechseln, denn sein nachdenklicher Blick hatte eine Wirkung auf sie, vor der sie Angst hatte. „Und glaubst du, dass die Person glücklich darüber sein wird, eine Firma zu leiten, die finanziell nicht allzu viel abwirft?“
„Es ist eine Sie.“
Jennifers Vorstellungsvermögen begann sofort Bilder von zierlichen, hübschen und intelligenten Blondinen zu produzieren, die immer lächelten und gewillt waren, alles zu tun, was er von ihnen verlangte. Vermutlich ist sie wie seine Sekretärin. Nur jünger und unverheiratet.
„Das einzige Problem ist“, sagte James und beobachtete ihr Gesicht genau, „dass sie bisher noch nicht für mich arbeitet.“ Es amüsierte ihn, dass Jennifer immer noch keine Ahnung zu haben schien, worauf er hinauswollte.
„Tut sie nicht?“
„Nein! Sie arbeitet noch nicht mal in diesem Land.“ Er gab ihr Zeit, diese Bemerkung zu verarbeiten, und lächelte, als er in ihrem Gesicht lesen konnte, dass sie langsam begriff.
„Ich kann nicht für dich arbeiten, James!“
„Warum nicht? Du hast doch selber gesagt, dass du überlegst, nach England zurückzukehren, weil dein Vater älter wird und dich mehr braucht, als er das früher getan hat. Hast du deine Meinung diesbezüglich etwa geändert“
„Nein, aber …“
„Ich biete dir diesen Job nicht aus Nächstenliebe an. Du hast mich davon überzeugt, dass du die beste Kandidatin für die Stelle bist. Alles, was du mir erzählt hast, stimmt. Es wird die größte Herausforderung deines Lebens, aber ich bin mir sicher, dass du deine Aufgabe lieben wirst.“
„Du musst doch in der Firma Leute haben, die besser qualifiziert sind als ich.“
„Ich habe niemanden, der deine Leidenschaft mitbringen würde. Außerdem hat keiner von denen Erfahrung im Umgang mit kleinen Firmen. Die hast nur du.“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
„Denk über mein Angebot nach.“ Er schloss die Augen und konnte ihr leises Atmen hören. „So, und jetzt würde ich gerne über das spektakuläre Essen sprechen, von dem du eben geredet hast.“
5. KAPITEL
„Ich habe nie gesagt, dass das Essen spektakulär sein würde.“
„Und während du kochst, kannst du weiter über mein Angebot nachdenken.“
„Bist du sicher, dass es dir ernst ist, James? Du hast noch nie mit mir zusammengearbeitet. Ich will nicht, dass du nach London zurückkehrst und dann zu dem Schluss kommst, dass du einen Fehler gemacht hast. Ich kann es mir nicht leisten, meinen Job zu kündigen, um dann herauszufinden, dass dir klar geworden ist, dass du mir das Angebot nicht hättest machen dürfen.“
„Ich mache niemals Fehler.“
„Du wirst auch niemals krank. Trotzdem bist du jetzt krank.“
„Tust du eigentlich jemals etwas, ohne dich zu streiten?“, fragte er lächelnd. „Es ist mir wirklich ernst. Du wärst perfekt für die Stelle. Du müsstest nur ein kleines Team leiten, und ihr könntet euch zusammen den ganzen Tag über die Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems aufregen und darüber, wie die großen Konglomerate kleine Firmen vom Markt drängen.“
„Haben die sich bei dir darüber beschwert?“, fragte sie grinsend. Jennifer mochte das Team bereits jetzt.
„Mehr oder weniger. Ich habe noch nie sturere Menschen getroffen. Sie haben bis jetzt tun können, was sie wollten, dank ihres nicht mehr ganz zurechnungsfähigen, 82-jährigen Chefs. Und nun, wo sie für ihre Entscheidungen die Rechnung präsentiert bekommen, weigern sie sich mitzuspielen. Einer von ihnen hat mir sogar gesagt, dass sie bis zuletzt kämpfen würden. Keinem von denen ist klar, dass die Firma bereits mir gehört und dass sie eigentlich überhaupt keine andere Wahl haben, als zu tun, was ich von ihnen verlange.“
„Aber du bist nicht skrupellos genug, um sie dazu zu zwingen.“
„Wie ich dir bereits gesagt habe: ein unzufriedener Angestellter ist kein guter Angestellter.“
Ihr Herz machte einen Sprung. James Rocchi mochte mächtig und kalkulierend sein, aber er war auch mitfühlend und fair. Genau wie früher.
„Und was
Weitere Kostenlose Bücher