Endstation Wirklichkeit
Franklin
David hatte vor lauter Aufregung einen trockenen Hals und las die Zeitungsmeldung wieder und wieder. Er konnte immer noch nicht glauben, was dort stand. Er war sich sicher, bei den Dreharbeiten zu dem Film sein Bestes gegeben zu haben, aber bis zu diesem Moment, in dem er den Artikel in der Zeitung zum bestimmt hundertsten Mal gelesen hatte, hatte er nicht daran geglaubt, dass seine Leistungen auch von den Zuschauern und den Kritikern anerkannt wurden.
Am Vorabend hatte in einem großen Kino der Stadt – und es war bezeichnenderweise das gleiche Kino, indem sich Mike und er das erste Mal nähergekommen waren – die Premiere des Filmes stattgefunden. David erinnerte sich mit gemischten Gefühlen an diesen Abend. Schon Stunden vor dem Premierenbeginn hatte er seine innere Aufregung kaum unter Kontrolle bringen können. Brauchte er sonst maximal dreißig Minuten, um sich „ausgehfertig“ zu machen, so verbrachte er an diesem Tag fast zwei Stunden damit sich vorzubereiten. Immer wieder prüfte er den Sitz seiner Haare und fragte sich, ob er das richtige Outfit ausgewählt hatte. Mehr als einmal verwarf er seine Entscheidung und fing von vorne an.
Doch schließlich war es an der Zeit, sich auf den Weg zu machen. Das Filmstudio hatte ihm einen Wagen geschickt, der ihn abholte.
Auch Mike war froh, als er nach schier endloser Zeit endlich weitere Verbesserungsversuche seines Aussehens und seiner Garderobe aufgab und ihn mit einem spürbar nervösen „Lass uns gehen!“ aufforderte, die Wohnung zu verlassen.
Als sie am Premierenkino ankamen, wartete bereits eine große Menschenmenge dies- und jenseits der Absperrungen neben dem roten Teppich, um einen neugierigen Blick auf die Darsteller und Studiobosse zu erhaschen. Das Filmstudio und der Regisseur hatten einen sehr guten Ruf, und man erwartete von jeder neuen Produktion einen weiteren Meilenstein der Filmgeschichte. Auch wenn er noch ein Niemand unter den Schauspielern war, so hatten sein Gesicht und die Tatsache, dass er die Hauptrolle in dem neuen Streifen spielte, natürlich den Weg in die Öffentlichkeit gefunden. Nicht umsonst hatte ihn das Studio in den letzten Wochen wieder und wieder von einer Pressekonferenz zur nächsten geschickt und zusätzlich seine Fotos und die Story des Films in allen wichtigen Medien veröffentlicht.
So war es kein Wunder, dass die Menge vor Begeisterung laut aufschrie und sich mit tosendem Beifall bemerkbar machte, als er der Limousine entstieg und sich ziemlich nervös und unsicher auf dem roten Teppich in Richtung Eingang bewegte. Zahlreiche, meist weibliche Fans kreischten lauthals seinen Namen und hielten ihm seine eigenen Fotos entgegen. Sie verlangten unter Tränen der Begeisterung nach einem Autogramm.
„Keine Sorge, du machst das großartig!“ Die Stimme des Regisseurs, die ihm die aufmunternden Worte ins Ohr raunte, tat ihm gut, und sie halfen ihm, sicheren Schrittes den roten Teppich entlangzuschreiten, um nicht über die eigenen Füße zu stolpern. Er gab sich Mühe und winkte den wartenden Fans mit einem Lächeln zu. Trotz aller Nervosität musste er zugeben, dass es auch ein schönes Gefühl war, so im Mittelpunkt zu stehen.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis alle geladenen Gäste die ihnen zugewiesenen Plätze im Kinosaal eingenommen hatten. Ein undurchdringliches Stimmengewirr beherrschte den Saal und trug nicht wirklich zu seiner Beruhigung bei. Zumal in den ersten zwanzig Minuten, nachdem er sich gesetzt und auf etwas Ruhe gehofft hatte, ihn immer wieder völlig unbekannte Menschen ansprachen, die Hand schüttelten und alles Gute für die Premiere wünschten.
Nach gefühlten Stunden der Aufregung und der Erwartung dessen, was an diesem Abend noch auf ihn zukommen würde, war er froh, als sich das Licht im Kinosaal langsam verdunkelte, bis nur noch die Notbeleuchtung einen spärlichen Schein grünlichen Lichtes in den Raum warf.
Noch im letzten Moment vergewisserte er sich, dass Mike an dem ihm zugewiesenen Platz saß, und ihre Blicke trafen sich für einige wenige Sekunden, bevor die Dunkelheit alle Anwesenden einhüllte.
Die Vorführung dauerte achtundneunzig Minuten, und während die Bilder über die Leinwand flackerten, sah er sich immer wieder verstohlen um und versuchte zu erahnen, wie das Publikum reagierte. Der Film war weder eine Komödie noch erschreckte er seine Zuschauer mit schockierenden, überraschenden Szenen. Es war ein emotionaler Streifen mit einer eindringlichen
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