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Endstation

Endstation

Titel: Endstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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stockfinster. Es herrschte absolute Stille. Er blieb eine Weile an der Tür stehen, dann hörte er ein leises Stöhnen. Mit den Händen tastete er sich an der Wand entlang und suchte nach dem Lichtschalter. Er berührte einen stählernen Kasten, der mehrere große Schalter enthielt.
    Er drückte die Hebel herunter.
    Nacheinander flammten die mächtigen Röhren hoch droben an der Hallendecke auf. Er sah mitten in der Halle eine riesige Maschine stehen, an deren Außenhaut sich die Lichter spiegelten. Seltsam, wie groß ihm der Vogel hier im Inneren des Gebäudes vorkam. Er ging darauf zu. Da hörte er das Stöhnen wieder.
    Zuerst wußte er nicht, aus welcher Richtung es kam. Er konnte niemanden sehen, die Halle war menschenleer. Aber drüben auf der Seite stand eine Leiter. Er ging unter dem schlanken Leitwerk durch auf die Leiter zu. Es war warm in der Halle, und ein Geruch nach Benzin und Schmierstoffen lag in der Luft.
    Wieder das Stöhnen …
    Er schritt rascher aus. Das Echo seiner Schritte hallte von der hohen Decke. Das Stöhnen schien aus dem Flugzeug zu kommen. Aber wie kommt man da hinein?, über legte er. Ein seltsamer Gedanke. Er war schon dutzendemal mit dem Flugzeug gereist. Normalerweise steigt man hinter dem Cockpit über die Gangway ein. Aber hier in der Halle ragte die Maschine himmelhoch über ihm auf. Er ging an den beiden Düsentriebwerken unter der Tragfläche vorbei. Es waren mächtige Zylinder mit schwarzen Turbinenschaufeln darin. Noch nie waren ihm die Triebwerke so groß erschienen. Wahrscheinlich hatte er nur nicht darauf geachtet.
    Das Stöhnen war wieder zu hören.
    Er hielt sich an den Holmen fest und stieg hinauf. Nach zwei Metern hatte er die Tragfläche erreicht, eine weite, silbern glänzende Ebene, punktiert von vielen Nieten. Er las die Anweisung HIER HINTRETEN. Daneben entdeckte er Blutstropfen. Er sah sich um - auf der Tragfläche lag auf dem Rücken ein blutverschmierter Mann. Morris näherte sich ihm. Das Gesicht des Mannes war entsetzlich zugerichtet, sein Arm war grotesk verrenkt. Er hörte ein Geräusch hinter sich und fuhr herum. Schlagartig erloschen alle Lichter in der Halle.
    Morris erstarrte. Er verlor jegliche Orientierung und hatte das Gefühl, in einem endlosen schwarzen Raum mitten in der Luft zu schweben. Er regte sich nicht und hielt den Atem an. Er wartete.
    Der Verwundete stöhnte wieder. Auch das andere Geräusch war wieder zu hören. Morris kniete nieder, ohne recht zu wissen, warum. Irgendwie fühlte er sich in der Nähe der metallenen Tragfläche sicherer. Er war sich keines Angstgefühls bewußt, er war nur vollkommen verwirrt.
    Erst als er das leise Lachen hörte, bekam er Angst. »Benson?« Keine Antwort.
    »Benson, sind Sie das?«
    Wieder keine Antwort. Aber auf dem Betonboden kamen Schritte näher. Gleichmäßige, leise hallende Schritte. »Harry, ich bin’s, Doktor Morris.«
    Morris blinzelte und versuchte, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Es hatte keinen Zweck, er sah absolut nichts. Er sah nicht einmal die Kanten der Tragfläche, auch nicht die Umrisse des Rumpfes. Rein gar nichts. Die Schritte kamen näher.
    »Harry, ich will Ihnen doch helfen.« Die Stimme versagte ihm. Bestimmt hörte Benson die Angst heraus. Da beschloß Morris zu schweigen. Sein Herz pochte, er rang keuchend nach Luft.
    »Harry. «
    Keine Antwort. Aber die Schritte hielten inne. Vielleicht gab Benson auf? Oder er bekam gerade eine Stimulation. Vielleicht überlegte er es sich anders.
    Dann ein neues Geräusch: ein metallisches Schaben ganz in der Nähe.
    Ein leises Quietschen.
    Er kommt die Leiter herauf!
    Morris brach der kalte Schweiß aus allen Poren. Er konnte immer noch absolut nichts erkennen. Er hatte so sehr die Orientierung verloren, daß er nicht einmal mehr wußte, wo er sich auf der Tragfläche befand. War die Leiter nun vor oder hinter ihm?
    Wieder ein leises Quietschen.
    Er versuchte, das Geräusch zu orten. Es kam irgendwo von vorn. Also kniete er mit dem Gesicht zur Hinterkante des Flügels - mit dem Gesicht zur Leiter.
    Wieder das Geräusch.
    Wie viele Stufen hatte die Leiter? Fünf oder sechs. Gleich mußte Benson auf der Tragfläche stehen. Welche Waffe benutzte er wohl? Morris tastete seine Taschen ab. Seine Kleidung war inzwischen feucht vom kalten Angstschweiß. Für einen Augenblick kam ihm alles furchtbar lächerlich vor - Benson war nichts weiter als ein Patient, und er war sein Arzt. Bestimmt konnte man vernünftig mit Benson reden. Und Benson

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