Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
ist so optimistisch, geduldig und gütig, wie de Soya ihn von vor fast drei Jahrzehnten in Erinnerung hat. Maher, so scheint es, ist nach de Soya auf MadredeDios gewesen. »Der Llano Estacado wurde aufgegeben«, sagt der alte Priester. »Die Ranchen stehen leer. Ciudad del Madre hat noch ein paar Dutzend Einwohner, aber nur Forscher des Pax, die überprüfen wollen, ob es sich wirklich lohnt, diese Welt zu terraformen.«
»Ja«, sagt de Soya, »meine Familie ist vor mehr als zwanzig Standardjahren zurück nach Nuevo Madrid emigriert. Meine Schwestern dienen der Kirche – Loretta als Nonne auf Nevermore. Melinda als Priesterin auf Nuevo Madrid.«
»Und dein Bruder Esteban?«, fragt Pater Maher mit einem freundlichen Lächeln.
De Soya holt tief Luft. »Wurde letztes Jahr in einer Raumschlacht mit den Ousters getötet«, sagt er. »Sein Schiff wurde verdampft. Keine Leichen konnten geborgen werden.«
Pater Maher zuckt zusammen, als wäre er geschlagen worden. »Davon habe ich gar nichts gehört.«
»Nein«, sagt de Soya. »Das wäre auch kaum möglich. Es war weit entfernt – jenseits des alten Outback. Nicht einmal meine Familie wurde bis jetzt offiziell davon in Kenntnis gesetzt. Ich weiß es nur, weil mich meine Pflichten in die Gegend führten und ich einen Captain auf dem Rückweg traf, der mir die Nachricht überbrachte.« Pater Maher schüttelt den kahlen, fleckigen Kopf. »Esteban hat die einzige Auferstehung gefunden, die Unser Herr versprochen hat«, sagt er leise, mit Tränen in den Augen. »Ewige Auferstehung in unserem Erlöser Jesus Christus.«
»Ja«, sagt de Soya. Einen Augenblick später sagt er: »Trinken Sie immer noch Scotch, Pater Maher?«
Der alte Mann sieht den anderen mit seinen Triefaugen an. »Ja, aber nur aus medizinischen Gründen, Pater Captain de Soya.«
De Soya zieht die dunklen Brauen ein Stück hoch. »Ich erhole mich noch von meiner letzten Auferstehung, Pater Maher.«
Der alte Priester nickt ernst. »Und ich bereite mich auf meine erste vor, Pater Captain de Soya. Ich werde die verstaubte Flasche finden.«
Am darauf folgenden Sonntag zelebriert de Soya die Messe in der Kathedrale St. Johannes der Göttliche, wo er vor so langer Zeit das Kreuz akzeptiert hat. Mehr als achthundert Gläubige nehmen teil, darunter Pater Maher und Pater Brown, der intelligente und kenntnisreiche Attaché von Monsignore Oddi. Sergeant Gregorius, Corporal Kee und Lancer Rettig nehmen ebenfalls teil und empfangen die Kommunion aus de Soyas Händen.
In der Nacht träumt de Soya wieder von Aenea. »Wie kommt es, dass du meine Tochter bist?«, fragt er in dieser Nacht. »Ich habe mein Gelübde des Zölibats stets geachtet.«
Das Kind lächelt und nimmt seine Hand.
Einhundert Stunden vor dem Eintreffen des Schiffs mit dem Mädchen beordert de Soya seine Flotte in Position. Der Übergangspunkt liegt gefährlich nahe an der Gravitationsquelle von Renaissance Vector, und viele der Experten befürchten, das alte Schiff könnte auseinander brechen, entweder unter dem Gravitationssog eines derart gefährlich nahen Übergangs von C-plus oder durch das fürchterliche Bremsmanöver, das notwendig wäre, sollte das Schiff auf dem Planeten landen. Ihre Befürchtungen bleiben weitgehend unausgesprochen, ebenso ihre Frustration darüber, dass sie im Renaissance-System bleiben müssen: Viele Flotteneinheiten haben Einsätze an der Grenze oder tief im Raum der Ousters zugeteilt bekommen. Die Zeitverschwendung macht den größten Teil der Offiziere nervös.
Hauptsächlich wegen dieser unterschwelligen Nervosität beruft Pater Captain de Soya zehn Stunden vor dem Übergang eine Versammlung aller befehlshabenden Offiziere ein. Für gewöhnlich werden derartige Zusammenkünfte über Konferenzschaltung auf dem Richtstrahl abgehalten, aber de Soya lässt die Männer und Frauen persönlich auf den Träger St. Malo bringen. Das Konferenzzimmer des riesigen Schiffes ist groß penug für die anwesenden Offiziere, die zu Dutzenden eintreffen.
De Soya beginnt damit, dass er die Szenarien durchgeht, die sie seit Wochen und Monaten geübt haben. Sollte das Kind wieder mit Selbstmord drohen, werden sich ihm drei Kriegsschiffe – de Soyas alte Task Force MAGI – rasch nähern, Felder der Klasse zehn um das Schiff herum aufbauen, jeden an Bord mit Schockern bewusstlos machen und das Schiff in Stasis halten, bis die Jakob mit ihren massiven Feldgeneratoren es ins Schlepptau nehmen kann.
Sollte das Schiff versuchen, das
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