Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
war.
    »Abendkleidung wurde für Sie bereitgelegt, Sir«, sagte der Mann mit der blauen Haut. »Selbstverständlich steht es Ihnen frei, sich auf dem alten Universitätsgelände frei zu bewegen. Ich sollte Sie aber darauf hinweisen, M. Endymion, dass es in den Wäldern und Bergen der näheren Umgebung gefährliche Tiere gibt.«
    Ich nickte und lächelte. Gefährliche Tiere würden mich nicht von einer Flucht abhalten, wenn ich fliehen wollte. Im Augenblick wollte ich es nicht. Da wandte sich der Androide zum Gehen, ich aber folgte einer Eingebung, machte einen Schritt vorwärts und tat etwas, das den weiteren Verlauf meines Lebens grundlegend verändern sollte.
    »Warten Sie«, sagte ich. Ich streckte eine Hand aus. »Wir wurden einander noch nicht vorgestellt. Ich bin Raul Endymion.«
    Eine ganze Weile betrachtete der Androide lediglich meine ausgestreckte Hand, und ich war sicher, dass ich gegen die Etikette verstoßen hatte.
    Immerhin hatte man Androiden als den Menschen unterlegen betrachtet, als sie vor Jahrhunderten zum Zweck des Einsatzes während der Hegira-Expansion biofakturiert worden waren. Dann ergriff der künstliche Mann meine Hand und schüttelte sie fest. »Ich bin A. Bettik«, sagte er leise. »Es ist mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    A. Bettik. Der Name weckte Anklänge in mir, die ich nicht zuordnen konnte. Ich sagte: »Ich würde mich gerne mit Ihnen unterhalten, A. Bettik.
    Um mehr über... über Sie und diesen Ort und den alten Dichter zu erfahren.«
    Der Androide sah mich mit seinen blauen Augen an, und ich glaubte, etwas wie Erheiterung darin zu sehen. »Ja, Sir«, sagte er. »Ich würde mich gerne mit Ihnen unterhalten. Ich fürchte jedoch, es muss zu einem späteren Zeitpunkt geschehen, da ich im Augenblick zahlreiche Pflichten zu erfüllen habe.«
    »Dann später«, sagte ich und trat beiseite. »Ich freue mich darauf.«
    A. Bettik nickte und ging die Treppe hinunter.
    Ich betrat mein Zimmer. Abgesehen davon, dass das Bett gemacht worden war und ein eleganter Abendanzug darauf lag, war es unverändert.
    Ich ging zum Fenster und ließ den Blick über die Ruinen der Universität von Endymion schweifen. Hohe Immerblau raschelten in der kühlen Brise.
    Violette Blätter fielen von den Werholzbäumen beim Turm und fegten zwanzig Meter tiefer über das Kopfsteinpflaster. Chalmablätter schwängerten die Luft mit ihrem Zimtgeruch. Ich war nur wenige hundert Kilometer nordöstlich aufgewachsen, in den Mooren Aquilas zwischen diesen Bergen und dem zerklüfteten Areal, das der Schnabel genannt wurde, aber die kalte Frische der Bergluft war neu für mich. Der Lapislazulifarbton des Himmels schien tiefer zu sein, als ich es je von den Mooren oder Tiefländern aus gesehen hatte. Ich atmete die Herbstluft und grinste: Was immer Seltsames vor mir liegen mochte, ich war verdammt froh, am Leben zu sein.
    Ich ging vom Fenster weg zur Treppe, um mich einmal in der Universität und der Stadt umzusehen, nach der sich meine Familie genannt hatte. So verrückt der alte Mann auch sein mochte, die Unterhaltung beim Abendessen würde gewiss interessant werden.
    Plötzlich, als ich das untere Ende der Turmtreppe fast erreicht hatte, blieb ich wie angewurzelt stehen.
    A. Bettik. Den Namen kannte ich aus Grandams Rezitation der Cantos. A.
    Bettik war der Androide, der die Benares, die Schwebebarke der Pilger, von der Stadt Keats auf dem Kontinent Equus aus nach Norden gesteuert hatte, den Fluss Hoolie hinauf, vorbei an der Station Naiad, den Schleusen von Karla und Doukhobors Hain bis zum Fall des beschiffbaren Flusslaufs in Edge. Von Edge aus waren die Pilger allein über das Grasmeer weitergefahren.
    Ich erinnerte mich, wie ich als Kind zugehört und mich gefragt hatte, warum A. Bettik als einziger Androide erwähnt wurde und was aus ihm geworden war, als die Pilger ihn in Edge zurückgelassen hatten. Ich hatte seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr an den Namen gedacht.
    Ich schüttelte leicht den Kopf, fragte mich, ob ich oder der greise Dichter den Verstand verloren hatte, und trat ins Licht des Spätnachmittags hinaus, um Endymion zu erkunden.

5

    In dem Augenblick, als ich mich von A. Bettik verabschiede, vernichtet sechstausend Lichtjahre entfernt, in einem Sonnensystem, das nur anhand von NGC-Nummer und Navigationskoordinaten bekannt ist, eine Task Force des Pax unter dem Befehl von Pater Captain Federico de Soya einen Orbitalwald. Die Bäume der Ousters haben keine Chance gegen die

Weitere Kostenlose Bücher