Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Urheber des Hustens und Plätscherns sehen konnte.
Die Fische sah ich zuerst. Sie hatten Rückenflossen, wie ich sie auf Holos von Haien der Alten Erde oder bei den Kannibalensäbelrücken im Südmeer von Hyperion gesehen hatte, aber zwei glänzende Rückenflossen statt einer. Ich konnte die Fische deutlich im Mondschein sehen: Sie schienen von den Rückenflossen bis zu den langen Bäuchen in einem Dutzend bunter Farben zu leuchten. Sie waren etwa drei Meter lang, sie bewegten sich mit kräftigen Bewegungen ihrer Schwanzflossen wie Raubfische, und ihre Zähne waren grellweiß.
Als ich einem dieser Killer über die Dünung in Richtung der hustenden Laute folgte, sah ich den Lieutenant. Er strampelte und bemühte sich, den Kopf über Wasser zu halten, während er sich die ganze Zeit um sich selbst drehte und versuchte, die Killerfische auf Distanz zu halten. Eines der zweiflossigen Biester schnellte durch das violette Wasser auf ihn zu, und der Lieutenant trat danach und versuchte, Kopf oder Flosse mit seinem Stiefel zu treffen. Andere kamen näher. Der Pax-Offizier war eindeutig erschöpft.
»Verdammt«, flüsterte ich. Ich konnte ihn auf keinen Fall hier lassen.
Als Allererstes gab ich den Kode ein, der das Deflektorfeld deaktivierte – das schwache Sperrfeld, das bei hohen Geschwindigkeiten den Wind abhalten und verhindern sollte, dass Benutzer der Hawking-Matte, besonders Kinder, auch bei weniger hohen Geschwindigkeiten herunterfielen. Ich wollte nicht zusätzlich gegen das EM-Feld ankämpfen müssen, wenn ich den durchnässten Mann an Bord zog. Dann steuerte ich die Matte den langen Wellenberg hinab, bis ich sie exakt an der Stelle zum Stillstand brachte, wo er gewesen war.
Er war nicht mehr da. Der Mann war untergegangen. Ich überlegte, ob ich nach ihm tauchen sollte, sah aber die blassen Umrisse seiner Arme dicht unter der Wasseroberfläche zappeln. Die Haiviecher kamen näher, griffen aber im Augenblick noch nicht an. Möglicherweise beunruhigte sie der Schatten der Hawking-Matte.
Ich streckte beide gefesselten Hände aus, bekam sein rechtes Handgelenk zu fassen und zog ihn hoch. Sein Gewicht hätte mich beinahe von der Matte gezogen, aber ich lehnte mich zurück, fand das Gleichgewicht und zog ihn so weit hoch, dass ich ihn am Hosenbund packen und ganz heraufhieven konnte, bis er – hustend und Wasser spuckend – auf der Matte lag. Der Lieutenant war blass und eiskalt und zitterte am ganzen Körper, aber nachdem er eine Zeit lang Meerwasser herausgewürgt hatte, schien er wieder zu atmen. Darüber war ich froh; ich war nicht sicher, ob meine Großzügigkeit so weit gegangen wäre, Mund-zu-Mund-Beatmung bei ihm vorzunehmen. Als ich mich vergewissert hatte, dass er weit genug auf der Matte lag, dass nicht einer der kreisenden Flossenfische hochspringen und ihm das Bein abbeißen konnte, wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder den Steuerungsmechanismen zu. Ich setzte Kurs zu der Plattform zurück und ließ die Matte ein wenig höher steigen. Ich tastete in meiner Weste, fand die Kom-Einheit und gab den Kode ein, der den Plastiksprengstoff zünden würde, den ich auf den Gleiter- und Thopterdecks angebracht hatte.
Wir würden uns der Plattform von Süden nähern, wo ich mich vergewissern konnte, dass diese Decks menschenleer waren: Dann würde ich den Kode durch einen einfachen Knopfdruck senden, in der entstandenen Verwirrung eine Kurve fliegen, von Westen kommen und den Lieutenant an der ersten trockenen Stelle absetzen, die ich da unten finden konnte.
Ich drehte mich um, ob der Mann immer noch atmete, und sah flüchtig den Pax-Offizier auf einem Knie, mit etwas Glänzendem in der Hand...
... er stach mir mit einem Messer ins Herz.
Jedenfalls hätte er das getan, wenn ich mich nicht in dem Sekundenbruchteil herumgedreht hätte, als das Messer durch meine Weste, den Pullover und die Haut schnitt. So drang die kurze Klinge in meine Seite ein und glitt über eine Rippe. In dem Augenblick verspürte ich weniger Schmerzen als einen Schock – einen buchstäblichen elektrischen Schock.
Ich keuchte und griff nach seinem Handgelenk. Die Klinge kam rasch auf mich zu, diesmal höher, und da meine Hände feucht von Meerwasser und meinem Blut waren, rutschte ich an seinem Handgelenk ab. Mir blieb nichts anderes übrig, als eine Abwärtsbewegung zu machen und die Kette der Handschellen zu benutzen, um seinen Arm nach unten zu reißen, als er wieder auf mich einstach, diesmal mit einer Bewegung nach unten, die
Weitere Kostenlose Bücher