Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Monde und die leuchtende Haut der Säbelrückenviecher nicht zusammengekommen, hätte mich sicher eins von ihnen längst in die Tiefe gezogen. Aber so kam ich bald an den Punkt, an dem ich zu erschöpft war, um weiterzuschwimmen – ich konnte nur noch auf dem Rücken treiben, nach Luft schnappen und jedes Mal, wenn ich die Farben in meine Richtung kommen sah, mit den Füßen treten.
    Inzwischen taten die Messerstiche richtig weh. Ich konnte die tiefe Schnittwunde an meinen Rippen als schreckliches Brennen, verbunden mit einer zähen Klebrigkeit entlang der gesamten Körperhälfte, spüren. Ich war sicher, dass mein Blut ins Wasser floss, und als die Rückenflossen einmal weit genug weg ihre Kreise zogen, dass ich nicht auf sie achten musste, tastete ich mit den Händen nach meiner Seite und zog sie wieder aus dem Wasser. Sie waren rot – viel röter als das violette Meer, das im Licht des großen Mondes erstrahlte, der inzwischen ganz aufgegangen war. Ich spürte eine zunehmende Schwäche, und mir wurde klar, dass ich verblutete.
    Das Wasser wurde wärmer, als würde mein Blut es zu einer angenehmen Temperatur aufheizen, und die Versuchung, einfach die Augen zu schließen und tiefer in diese Wärme einzutauchen, wuchs mit jeder Minute.
    Ich muss gestehen, dass ich jedes Mal, wenn mich die Dünung des Ozeans hinauftrug, nach dem Floß Ausschau hielt – nach einem Wunder aus dem Norden. Ich sah nichts. Ein Teil von mir freute sich darüber –
    wahrscheinlich hatte das Floß mittlerweile das Farcasterportal passiert. Es war nicht aufgehalten worden. Ich hatte keine Gleiter in der Luft gesehen, keine Thopter, und die Plattform war nur noch ein fernes Leuchten im Süden. Mir wurde klar, dass meine größte Chance darin bestand, von einem Thopter aufgegriffen zu werden, nachdem das Floß weitergezogen war, aber nicht einmal der Gedanke an so eine Rettung konnte mich aufmuntern.
    Ich war an diesem Tag einmal auf der Plattform gewesen.
    Ich ließ mich auf dem Rücken treiben, drehte Kopf und Hals, um die farbigen Flossen im Auge zu behalten, strampelte in Richtung Norden, stieg mit jeder Bewegung des violetten Meeres hoch und sank in tiefe Täler, wenn der Ozean einzuatmen schien. Ich drehte mich auf den Bauch und versuchte, fester mit den Beinen zu stoßen und die gefesselten Hände gerade vor mir auszustrecken, aber ich war zu erschöpft, um auf diese Weise den Kopf über Wasser zu halten. Mein rechter Arm schien inzwischen stärker zu bluten und dreimal so viel wie der linke zu wiegen.
    Ich vermutete, dass die Klinge des Lieutenants Sehnen durchgetrennt hatte.
    Schließlich musste ich das Schwimmen aufgeben und mich darauf konzentrieren zu treiben, mit den Füßen zu treten, damit ich nicht unterging, Kopf und Schultern über Wasser und die geballten Fäuste vor dem Gesicht zu halten. Die Säbelrückenviecher schienen meine Schwäche zu spüren; sie schwammen abwechselnd zu mir und rissen hungrig ihre großen Mäuler auf. Jedes Mal zog ich die Beine an, trat aus und versuchte, ihre Schnauzen oder Schädelplatten zu treffen, ohne mir die Füße abbeißen zu lassen. Ihre raue Haut hatte mir die Haut von Fersen und Sohlen so weit aufgeschürft, dass auch sie ihren Anteil Blut zu der Wolke beisteuerten, die mich bereits umgeben musste. Das machte die Flossenviecher noch wilder.
    Ihre Angriffe erfolgten immer schneller, während ich zu müde wurde, jedes Mal die Beine anzuziehen. Einer der langen Fische riss mir das Hosenbein vom Knie bis zum Knöchel auf und zog eine Lage Haut mit ab, als er sich mit einem triumphierenden Schlag der Schwanzflosse entfernte.
    Während alledem hatte ich mit einem Teil meines erschöpften Verstandes über Theologie nachgedacht – ich hatte nicht gebetet, sondern mich über einen Kosmischen Gott gewundert, der Seinen Geschöpfen gestattet, einander so zu quälen. Wie viele Zweibeiner, Säugetiere und Trillionen andere Geschöpfe hatten ihre letzten Minuten in einer derartigen Todesangst verbracht, mit klopfenden Herzen und Adrenalinschüben, die sie noch schneller erschöpften, während ihre kleinen Gehirne rasend auf der hoffnungslosen Suche nach Rettung arbeiteten? Wie konnte ein Gott sich selbst als Gott der Barmherzigkeit bezeichnen und dabei das Universum mit zahnbewehrten Bestien wie diesen bevölkern? Ich erinnerte mich, wie Grandam mir von einem Wissenschaftler der Alten Erde erzählte, einem Charles Darwin, der eine der frühen Theorien über Evolution oder Gravitation oder so etwas