Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
sagt Lieutenant Sproul. »Es gibt so viele Raubfische da draußen, dass es nichts Organisches hundert Faden tief schafft, geschweige denn bis zum Grund... und laut Ultraschallortungen von dieser Woche wären das zwölftausend Faden. Außerdem gibt es nur zwei Unterseeboote auf Mare Infinitus, die in diese Tiefe vordringen können.«
»Ich weiß«, sagt de Soya. »Ich habe sie herbeordert. Sie werden morgen zusammen mit der Fregatte Passion Jesu Christi eintreffen.«
Ausnahmsweise ist Lieutenant Sproul sprachlos.
De Soya lächelt. »Ihnen ist bekannt, mein Junge, dass Lieutenant Belius ein Auferstehungschrist war, oder nicht? Und seine Kruziform ist nicht gefunden worden?«
Sproul sperrt einen Moment den Mund auf. »Ja, Sir... ich meine... ja, aber... Sir, um ihn auferstehen zu lassen... müssen sie da den Leichnam nicht unversehrt finden, Sir?«
»Keineswegs, Lieutenant«, sagt Pater Captain de Soya. »Lediglich ein hinreichend großes Stück des Kreuzes, das wir alle tragen. Manch guter Katholik wurde mit einem wenige Zentimeter langen, unversehrten Stück Kruziform und einem Fetzen Fleisch wieder geboren, sodass man den DNS-Typ bestimmen und es nachwachsen lassen kann.«
Sproul schüttelt den Kopf. »Aber, Sir... es sind mehr als neun Große Gezeiten vergangen, Sir. Es ist kein Quadratmillimeter von Lieutenant Belius oder seiner Kruziform mehr übrig. Das ist ein riesiger Futtertrog da draußen, Sir.«
De Soya geht zum Fenster. »Möglich, Lieutenant. Möglich. Aber sind wir es unserem Bruder in Christo nicht schuldig, jeden erdenklichen Versuch zu unternehmen? Und wenn Lieutenant Belius die Gnade der Auferstehung zuteil wird, muss er sich wegen Diebstahls, Hochverrats und versuchten Mordes verantworten, oder nicht?«
Mit den höchstentwickelten Techniken, die ihnen zur Verfügung stehen, gelingt es den forensischen Experten, nicht identifizierte Fingerabdrücke von einer Kaffeetasse der Kantine zu nehmen, obwohl die Tasse in den vergangenen zwei Monaten unzählige Male gespült worden ist. Tausende Fingerabdrücke werden mühsam als die von Garnisonstruppen oder Touristen identifiziert, mit Ausnahme dieses einen rekonstruierten Abdrucks. Er wird mit den nicht identifizierten DNS-Ergebnissen zu den Akten genommen.
»Zu Zeiten des Netzes«, sagt Dr. Holmer Ryum, der oberste Gerichtsmediziner, »hätte uns die Megadatensphäre in Sekunden über Fatline mit der zentralen Hegemoniekartei verbinden können. Wir hätten sofort eine Identifizierung gehabt.« »Wenn wir etwas Käse hätten, könnten wir ein Schinken-Käse-Sandwich machen«, entgegnete Pater Captain de Soya,
»wenn wir etwas Schinken hätten.«
»Was?«, fragt Dr. Ryum.
»Nichts weiter«, sagt de Soya. »Ich erwarte, dass ich innerhalb von Tagen eine Identifizierung habe.«
Dr. Ryum ist verwirrt. »Wie, Pater Captain? Wir haben die planetaren Datenbänke durchsucht. Mit jedem Wilderer abgeglichen, den Sie gefangen haben... und ich muss sagen, dass es auf Mare Infinitus noch niemals zuvor eine derartige Massenverhaftung gegeben hat. Sie stören hier ein empfindliches Gleichgewicht der Korruption, das seit Jahrhunderten existiert.«
De Soya reibt sich den Nasenrücken. In den letzten Wochen hat er nicht viel geschlafen. »Mich interessiert das empfindliche Gleichgewicht der Korruption nicht, Doktor.«
»Ich verstehe«, sagt Ryum. »Aber mir ist nicht klar, wie Sie innerhalb von Tagen ein Ergebnis haben wollen. Weder die Kirche noch die Pax-Zentrale besitzt Unterlagen über sämtliche Bürger auf allen Welten des Pax, ganz zu schweigen vom Outback und den Gebieten der Ousters...«
»Sämtliche Pax-Welten führen eigene Unterlagen«, sagt de Soya leise.
»Über Taufe und das Sakrament des Kreuzes. Über Heirat und Tod.
Militärische Aufzeichnungen, Polizeiunterlagen.«
Dr. Ryum breitet hilflos die Hände aus. »Aber wo würden Sie anfangen?«
»Wo die Chancen am größten sind, ihn zu finden«, antwortet Pater Captain de Soya.
In der Zwischenzeit wird bis zu einer Tiefe von sechshundert Faden, die den beiden Unterseebooten zugänglich ist, keine Spur von dem unglücklichen Lieutenant Belius gefunden. Hunderte Regenbogenhaie werden geschockt, zur Oberfläche gebracht und ihr Mageninhalt analysiert.
Kein Belius, weder Überreste von ihm noch von seiner Kruziform.
Tausende weitere Meeresaasfresser in einem Radius von zweihundert Klicks werden gefangen, und zwei Wilderer kann man anhand von Überresten in Reusen identifizieren, aber keine
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